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Nahrungsmittelindustrie in Ostafrika baut Speiseölproduktion aus

Ugandas Importe von Nahrungsmittel- und Verpackungsmaschinen wuchsen zuletzt kräftig. Das deutliche Minus in Äthiopiens und Kenias Technikmarkt lag auch an Corona.

Von Ulrich Binkert | Bonn

Uganda importiert 2020 fast so viele Maschinen wie Kenia

In Äthiopien, Ostafrikas größtem Markt für Nahrungsmittel- und Verpackungsmaschinen, ist der Aufbau von Agroindustrieparks ein großes Thema, zumindest in den Medien. In den Zonen sollen private Nahrungsmittelhersteller die landwirtschaftlichen Erzeugnisse der Umgebung verarbeiten. Von insgesamt vier dieser jeweils rund 200 Hektar großen Parks wurden in der 1. Jahreshälfte 2021 die ersten beiden offiziell eingeweiht (Bure und Yirgalem). Für den Aufbau eines fünften (Nekemte) unterzeichneten Behörden der Region Oromia im März eine Vereinbarung.

Falls sich die Agroindustrien tatsächlich, wie von den Behörden erhofft, mit privaten Investoren füllen, sollen allein in Nekemte einmal 50.000 Menschen arbeiten, mit entsprechendem Bedarf an Technik. Allerdings haben auch in den bereits eingeweihten Zonen erst sehr wenige Firmen eine Produktion gestartet.

Die regional eigentlich führende Nahrungsmittel- und Getränkebranche Kenias hingegen hat sich in den letzten Jahren mit Investitionen zurückgehalten. Jedenfalls sanken die Importe von branchenrelevanter Technik deutlich. Sie waren 2020 nur noch halb so hoch wie 2016 oder 2018.

Uganda wiederum hat, von einem weit niedrigeren Niveau aus, 2020 wertmäßig fast so viele Nahrungsmittel- und Verpackungsmaschinen importiert wie der größere Nachbar. Hauptgrund war in dem zyklischen Geschäft offenkundig die Beschaffung von Abfüllanlagen. Uganda importierte aber auch deutlich mehr Maschinen für die Produktion von Backwaren sowie Technik für die Herstellung oder Verarbeitung von Zucker und anderen Lebensmitteln und Getränken.

Äthiopien setzt auf heimische Ölsaaten

Die Herstellung von Speiseöl wurde in jüngster Zeit zu einem Schwerpunkt der Investitionen der Nahrungsmittelindustrie Ostafrikas, namentlich in Äthiopien. Dort sprachen die Behörden Ende 2020 von 17 „riesigen“ im Bau befindlichen Fabriken. Die Investitionen erreichten teils dreistellige Millionenbeträge. Allein eine Anlage des Papier- und Verpackungsherstellers AMA Business Group, für die Ende 2020 in Hawassa der Grundstein gelegt wurde, soll über 400 Millionen US-Dollar (US$) kosten. Bisher verbraucht Äthiopien ganz überwiegend aus Südostasien stammendes Palmöl, für dessen Verarbeitung offenbar der Großteil der bisherigen Investitionen bestimmt war. Künftig sollen aber zunehmend Ölsaaten aus einheimischen Feldern verarbeitet werden.

Auch die Uganda Investment Authority sucht Investoren für die Speiseölherstellung. Das Land muss den größeren Teil des Bedarfs importieren. Mit dem Bau einer 15 Millionen US$ teuren Fabrik zur Verarbeitung einheimischer Ölpalmfrüchte will die Firma Bidco Uganda Limited 2023 beginnen.

Privatisierungen der Zuckerherstellung mit Fragezeichen

Beim potenziell hohen Technikbedarf der Zuckerindustrie in der Region liegt die Betonung derzeit auf dem Wort „potenziell“. Äthiopien und Kenia müssen wegen unzureichender eigener Produktion einen großen Teil des Bedarfs importieren, allein Uganda ist Netto-Exporteur. Äthiopien will seine durchweg staatlichen Zuckerfabriken privatisieren, nachdem ein Ausbauprogramm auf halbem Wege stecken geblieben war. Allerdings scheint diese Privatisierung nicht wirklich in Gang zu kommen. Bisher blieb es bei Ankündigungen, und angesichts der anstehenden Wahlen in Äthiopien sind rasche Entscheidungen bei dem Thema nicht zu erwarten.

In Kenia ist die Privatisierung des Sektors bereits weitergekommen, die Regierung sucht aber weiterhin private Investoren für staatliche Zuckerfabriken. Sie genehmigte Mitte 2020 ein mindestens 20 Jahre umfassendes „Verleasen“ von fünf Zuckerraffinerien. Die Werke produzieren teuer und haben veraltete Maschinen. Trotz der fehlenden Kapazitäten beschränken die Behörden zum Schutz der Industrie immer wieder Importe.

Städter wollen mehr verarbeitete Getreideprodukte

In Kenia dominieren bei der Verarbeitung von Mais zunehmend industrielle Großmühlen. Bei den schon ausschließlich von der Agroindustrie betriebenen Mühlen für den kleinen Weizensektor bestehen indes Überkapazitäten. Für Müllereimaschinen und ähnliches Gerät hatte Kenia in den letzten beiden Jahren ausweislich der Importstatistik jeweils rund 10 Millionen Euro ausgegeben, nachdem es in den drei Jahren zuvor teils dreimal so viel gewesen war.

In Äthiopien fließen seit einigen Jahren hohe Investitionen in Backstraßen und andere Betriebe zur Herstellung abgepackter Nahrungsmittel auf Getreidebasis. Dieser Markt kommt mit der Verstädterung und einer Umstellung auf westliche Ernährungsvorlieben erst richtig in Gang. Deutsche Maschinenbauer sind in diesem Marktsegment, anders als etwa in Kenia, noch kaum vertreten.

Molkereien mit Schwerpunkt in Kenia

Bei milchwirtschaftlichen Maschinen ist Kenia der interessanteste Markt. Dort wachsen sowohl Milcherzeugung als auch -verarbeitung und die Molkereien bauen ihre Kapazitäten aus. Auch etliche neue Firmen sind in die Branche eingestiegen. Kenias Milchkonsum liegt mit jährlich etwa 120 Litern pro Person für afrikanische Verhältnisse hoch. Trotzdem sehen Beobachter Wachstumschancen für verpackte Milchprodukte, bedingt durch Urbanisierung und die Entwicklung des formellen Einzelhandels.

Diese Faktoren treiben auch Äthiopiens industrielle Milchverarbeitung, wenngleich auf einem ungleich niedrigeren Niveau. Die Molkereien dort verarbeiten am Tag so viel wie die Branche in Deutschland in fünf Minuten. Neue Projekte wurden abgeschlossen oder sind geplant, so auch im Agroindustriepark Yirgalem. Größtes Problem der Branche ist die Versorgung mit Milch, die angesichts der vorherrschenden Subsistenzwirtschaft bislang nicht in Gang kommt.

Ugandas größter Milchverarbeiter Pearl Dairy ist eine der nicht so zahlreichen Firmen in Afrika, welche die Anfang 2021 gestartete „Afrikanische Freihandelszone“ öffentlich als möglichen Grund für mehr Exporte nennt. Die Firma wolle unter anderem nach Äthiopien, Malawi und in den Südsudan exportieren. Druck spürte die Firma wie auch Ugandas gesamte Milchbranche durch den Rückgang der wichtigen Exporte ins benachbarte Kenia, bei denen es immer wieder Behinderungen gegeben hat.

Minus bei Getränkeherstellern

Die Brauereien Ostafrikas haben sich angesichts des Nachfragerückgangs durch Corona mit Investitionen zurückgehalten. Die in der Region stark aufgestellte East African Breweries beispielsweise verzeichnete im 2. Halbjahr 2020 zwar noch einen Gewinn, er sank aber um die Hälfte. In Äthiopien immerhin wurden und werden laufend neue Betriebe zum Abfüllen von Trinkwasser eröffnet. Dabei handelt es sich allerdings meist um kleinere, kapitalschwache Unternehmen, die eher Maschinen aus Ländern wie China oder der Türkei beschaffen.

In Kenia gab es zuletzt wenig gute Nachrichten wie die des führenden Wein- und Spirituosenherstellers KWAL, der im Februar 2021 den Bau einer 30 Millionen US$ teuren Anlage begann. Investitionen könnten auf Kenias Bierbrauer und andere Hersteller alkoholischer Getränke zukommen, falls ein vom Parlament Anfang März abgelehntes Gesetz doch noch verabschiedet wird: Es würde eine Flaschen-Mindestgröße von 750 Milliliter festlegen, während Bier üblicherweise in Flaschen von 350 bis 500 Milliliter verkauft wird.

Deutsche Anbieter: besser bei Bier als bei Nahrungsmitteln

In Ostafrikas Markt für Nahrungsmittel- und Verpackungsmaschinen sind deutsche Anbieter gut vertreten. In den Importstatistiken von Äthiopien, Kenia und Uganda lag Deutschland im Zeitraum 2016 bis 2020 insgesamt an zweiter Stelle. Der Anteil lag bei 17 Prozent, so Berechnungen auf Basis von Zahlen des VDMA. Indien und Italien folgen mit wenig Abstand. Führend war China mit einem Lieferanteil von knapp einem Drittel.

Dominant waren Hersteller aus Deutschland indes bei Abfüllanlagen sowie Maschinen zum Etikettieren und Verschließen etc. von Dosen oder anderen Behältnissen. Dort erreichten sie einen Lieferanteil von 40 Prozent. Die Zahlen verdeutlichen die starke Stellung deutscher Technikanbieter bei Brauereien und Softdrinkherstellern, sie offenbaren aber auch Schwächen bei der Nahrungsmittelverarbeitung. Ohne die genannten Abfüllanlagen erreichte Made in Germany lediglich einen Marktanteil von 11 Prozent. Rechnet man dann noch Brauapparate heraus, dann zeigt sich zum Beispiel in Äthiopien, dass deutsche Anbieter dort jenseits der Bierhersteller noch recht wenig im Markt vertreten sind.

Herausforderndes Umfeld braucht bewährte Technik

Die wichtigen Kontakte im Vertrieb finden sich manchmal gar nicht in der Region. So beschafft ein ausländischer Nahrungsmittelmulti in Äthiopien seine Maschinen über die verschiedenen, über den Globus verstreuten Beschaffungsabteilungen des Konzerns. Technikanbieter müssten sich prinzipiell an diese Stellen wenden, sagt der Chef der Äthiopien-Dependance, der anonym bleiben möchte, und fügt hinzu: „Ich kann da wenig bestimmen.“ Ein Veto könne er nur in Einzelfällen einlegen. Ähnlich ist dies beim geplanten Bau einer Speiseölfabrik in Uganda durch Bidco Uganda Limited, einem Joint Venture mit einer Firma aus Singapur: Um die Maschinenbeschaffung kümmert sich laut Firmeninformation ein Ingenieurteam in Indonesien.

Gefragt ist oftmals Technik, die vielleicht nicht auf dem neuesten Stand ist, sich aber auf jeden Fall bewährt hat. Der genannte Nahrungsmittelmulti in Äthiopien will sich in einem „ohnehin herausfordernden Umfeld“ nicht noch übermäßig mit technischen Problemen befassen.

Importe von Nahrungsmittel- und Verpackungsmaschinen (in Millionen Euro bzw. %) 1) von Äthiopien, Kenia und Uganda

Land/Produkt

2016

2017

2018

2019

2020

2016-2020

Gesamt (Äthiopien, Kenia, Uganda; Mio. Euro)

286

319

349

282

224

1.461

 Abfüllanlagen etc. (HS-Pos. 8422.30) 2) (Mio. Euro)

59

54

58

60

50

282

Länder (gesamt, Mio. Euro)

 Äthiopien 

126

158

171

124

90

669

 Kenia

137

125

148

110

72

591

 Uganda

23

36

31

49

62

201

Lieferländer (gesamt, Anteil in Äthiopien, Kenia, Uganda; %) 3)

 China

28

41

35

26

27

32

 Deutschland

21

13

18

15

16

17

 Indien

15

13

12

19

19

15

 Italien

13

11

11

15

20

14

Anteil Deutschlands in Äthiopien, Kenia, Uganda (%)

 Gesamt

21

13

18

15

16

17

 bei Abfüllanlagen etc. (HS-Pos. 8422.30)

45

41

40

32

43

40

 bei Gesamt ohne Abfüllanlagen etc. (HS-Pos. 8422.30)

15

-

14

10

8

11

1) Datenbasis: Exporte der rund 50 nennenswerten Maschinenexportländer nach deren nationalen Statistiken; 2) Maschinen zum Füllen, Verschließen, Versiegeln, Etikettieren, Verkapseln von Flaschen, Dosen, Schachteln, Säcken etc.; 3) führende Lieferländer, geordnet nach Summe der Umsätze 2016-2020

Quelle: VDMA; Berechnungen von Germany Trade & Invest

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