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Wirtschaftsausblick | Palästinensische Gebiete

Weltbank erwartet langsame Wirtschaftserholung

Die Wirtschaftsleistung wird selbst bis 2023 nicht wieder ganz das Vor-Coronakrise-Niveau erreichen. Die Regierung setzt auf Industriezonen. Die USA nehmen Hilfe wieder auf.

Von Wladimir Struminski | Jerusalem

Das palästinensische Bruttoinlandsprodukt (BIP) wird laut der Weltbank 2021 um 3,5 Prozent in realen Binnenpreisen wachsen. Für 2022 und 2023 sagt die Weltbank etwas niedrigere Wachstumsraten voraus. Im Gesamtergebnis läge das BIP 2023 real noch immer um 2,6 Prozent unter dem Niveau von 2019.

Wie die Weltbank in ihrem Bericht zur Lage der palästinensischen Wirtschaft im April 2021 anmerkte, belastet die Pandemie die Wirtschaftstätigkeit auch 2021 durch einen anhaltenden „Lockdown-Lockerung-Infektionswelle-Lockdown-Zyklus". Zuvor war das BIP im Jahr 2020 unter dem Anprall der Coronakrise um real 11,5 Prozent eingebrochen, meldete das Palästinensische Zentralamt für Statistik (Palestinian Central Bureau of Statistics).

Entwicklung der palästinensischen Wirtschaft 2019 - 2023 (Veränderung gegenüber Vorjahr in Prozent)

Kennziffer

2019

2020 1)

2021 2)

2022 2)

2023 2)

Reales BIP-Wachstum zu Marktpreisen

1,4

-11,5

3,5

3,2

3,0

Privatverbrauch

3,8

-11,0

2,4

2,5

2,5

Regierungsverbrauch

-6,1

8,2

6,5

2,3

2,7

Bruttoanlageinvestitionen

0,9

-31,8

8,4

9,3

5,1

Waren- und Dienstleistungsexporte

2,0

-9,6

3,8

3,0

3,0

Waren- und Dienstleistungsimporte

1,4

-12,0

5,0

4,0

3,0

Ausländische Direktinvestitionen (netto) in Prozent des BIP

1,1

0,9

0,8

0,8

0,8

1) Schätzung 2) PrognoseQuelle: Weltbank: Palestinian Territories‘ Economic Update, April 2021

Finanzspritze aus den USA hat Signalwirkung

Unterdessen kam ein wichtiges Signal aus den USA. Im April 2021 kündigte Außenminister Antony Blinken die Wiederaufnahme der von der Vorgängerregierung in Washington eingestellten Hilfsleistungen der Vereinigten Staaten für die Palästinenser an. In diesem Rahmen wolle die US-Regierung 75 Millionen US-Dollar (US$) zur Unterstützung der Wirtschaft und Entwicklung in der Westbank und im Gazastreifen zur Verfügung stellen. Die anvisierte Wirtschaftshilfe umfasst die Unterstützung kleiner und mittelgroßer Unternehmen bei deren Erholung von den Folgen der COVID-19-Pandemie sowie direkte Unterstützung für bedürftige Privathaushalte.

Diese Unterstützung schließt sich an die im März 2021 angekündigte humanitäre Hilfe zur Bewältigung der Folgen der Pandemie und für mehr Ernährungssicherheit an. Ferner will Washington 10 Millionen US$ für friedensschaffende Programme der Behörde für internationale Entwicklung (USAID) bereitstellen.

Weitere 150 Millionen US$ kommen der humanitären Tätigkeit des Hilfswerks der Vereinten Nationen für Palästina-Flüchtlinge im Nahen Osten (UNRWA) zugute. Zwar wird nur ein Teil dieser Mittel in den Palästinensischen Gebieten ausgegeben, weil UNRWA auch im Libanon, in Jordanien und in Syrien tätig ist, dennoch sind sie auch für Westbank und Gaza von Bedeutung. Insgesamt stellt die Wiederaufnahme der US-Hilfe für die palästinensische Wirtschaft allein deshalb ein positives Signal dar, weil sie die Bereitschaft der Biden-Regierung zu ökonomischem und humanitärem Engagement für die Palästinenser zeigt.

Industriezonen mit hohem Potenzial

Derweil hat die palästinensische Regierung die Entscheidung des türkischen Staatspräsidenten Recep Tayyip Erdoğan begrüßt, der türkischen Industrieentwicklungsgesellschaft TOBB-BIS die Errichtung der freien Industriezone in Jenin im Norden der Westbank zu ermöglichen. Damit, so der palästinensische Wirtschaftsminister Khaled Al-Asaily im März 2021, würde TOBB-BIS von der türkischen Regierung die gleichen Vergünstigungen wie beim Bau einer Industriezone in der Türkei selbst erhalten.

Auch türkische Investoren, die in Jenin Produktionsstätten errichteten, so Al-Asaily, würden in den Genuss türkischer Regierungsbeihilfen gelangen. Dies könne eine Vielzahl von Anlegern aus der Türkei anziehen.  Al-Asaily würdigte zudem die deutsche Hilfe im Wert von bisher 24 Millionen Euro beim Infrastrukturaufbau der Industriezone von Jenin. Der Wirtschaftsminister sprach die Hoffnung auf Unterstützung beim Aufbau weiterer palästinensischer Industriezonen aus.

Nach Auffassung des Büros des in der Trägerschaft der Vereinten Nationen, der Europäischen Gemeinschaft, der USA und Russlands stehen Nahost-Quartetts können Industriezonenprojekte wie das von Jenin Zehntausende neuer Arbeitsplätze schaffen, das verarbeitende Gewerbe stärken und die Exporte ankurbeln. Industriezonen dieser Art böten exportorientierten Unternehmen guten Zugang zu Handelsrouten und integrierter Infrastruktur.

Wie die Weltbank in ihrem jüngsten Bericht ausführte, seien ausländische Direktinvestitionen in die palästinensische Wirtschaft bisher recht niedrig. Im Jahr 2020 beliefen sie sich auf schätzungsweise 0,9 Prozent des BIP.

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