Mehr zu:
PhilippinenMedizintechnik
Branchen
Sie sind ein ausländisches Unternehmen, das in Deutschland investieren möchte?
Branchen | Philippinen | Medizintechnik
Die Covid-19-Pandemie verstärkt die Nachfrage nach medizinischer Ausrüstung auf den Philippinen. Die lokale Produktion und das Gesundheitssystem gelten als ausbaufähig.
12.01.2021
Von Alexander Hirschle | Taipei
Die Philippinen gelten als eines der am schwersten von der Coronapandemie betroffenen Länder in Asien und die Gegenmaßnahmen als die härtesten und längsten in der Region. Die Krise hat nach Einschätzung von Experten deutlich die Defizite des philippinischen Gesundheitssystems aufgezeigt.
Die Krankenhausinfrastruktur ist stark ausbaufähig: Während innerhalb der OECD (Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung) pro 1.000 Einwohner im Schnitt fünf Betten zur Verfügung stehen, ist es auf den Philippinen nur eins. In abgelegenen Regionen kann dieser Wert sogar noch deutlich unterschritten werden. Auf dem Archipel befinden sich insgesamt lediglich 858 lizensierte private und 442 öffentliche Krankenhäuser für mehr als 100 Millionen Einwohner.
Der Bedarf an medizinischer Versorgung steigt hingegen, da die philippinische Mittelschicht wächst und Zivilisationskrankheiten zunehmen. Ungesunde Ernährungsgewohnheiten gelten als belastend für die Volksgesundheit, ebenso wie die zum Teil erhebliche Luft- und Umweltbelastung, starker Verkehr und Stress.
Die Bekämpfung der Covid-19-Pandemie hat darüber hinaus kurzfristig neue Bedarfe kreiert. Im Oktober 2020 wurde von offizieller Seite verkündet, dass in den kommenden Monaten 10.000 weitere Quarantäneplätze geschaffen würden. Bis in den Herbst hatte die Regierung bereits 10.000 Quarantäneunterkünfte eingerichtet. Unter den zu schaffenden Kapazitäten sollen sich auch Krankenhausplätze für Fälle mit schwerem Krankheitsverlauf befinden.
Auch wurden in den vergangenen Monaten die lokalen Produktionskapazitäten von einfachen Schutzerzeugnissen wie Gesichtsmasken und Overalls deutlich erhöht. Die Weltbank hat den Philippinen einen Kredit in Höhe von 100 Millionen US-Dollar (US$) zur Verfügung gestellt, um das Gesundheitssystem besser für die Bekämpfung der Pandemie zu wappnen. Mit den Mitteln soll unter anderem die Versorgung mit Schutzausrüstung (Personal Protective Equipment, PPE) wie Handschuhen, Brillen und Kleidung sowie mit Medikamenten verbessert werden. Ebenso ist die Ausweitung von Laborkapazitäten und die Anschaffung von medizinischen Geräten geplant.
Das Ministerium für Wissenschaft und Technologie (Department of Science and Technology) gab im August 2020 bekannt, dass Mittel für ein geplantes virologisches Institut bereitgestellt würden. Bei dem Institut würde es sich um die erste Einrichtung dieser Art auf dem Archipel handeln. Es soll die lokalen Forschungskapazitäten im Bereich Impfstoffe stärken und so die Abhängigkeit von anderen Ländern lindern.
Das Gesundheitsministerium (Department of Health) fordert in den lokalen Medien eine Aufstockung seines Budgets für 2021 um 24 Prozent auf 2,7 Milliarden US$, um die Folgen der Coronakrise bekämpfen zu können. Kritiker geben jedoch zu bedenken, dass selbst nach einer entsprechenden Erhöhung die Gelder noch nicht ausreichend wären. Im Budget ausgewiesen sind rund 55 Millionen US$ für die Anschaffung von Schutzausrüstungen und 52 Millionen US$ für Impfmaßnahmen.
Die Mittel für die krisengeschüttelte öffentliche Gesundheitsversicherung PhilHealth werden laut den Budgetplanungen nicht erhöht und stagnieren demzufolge bei 1,5 Milliarden US$. PhilHealth kam Mitte 2020 mit Korruptionsvorwürfen und überteuerten Projekten massiv in die Negativschlagzeilen. Schon in den Jahren zuvor hatte es diverse Kontroversen um die staatliche Agentur gegeben. Präsident Rodrigo Duterte gab den Verantwortlichen bis Ende 2020 Zeit, um die Sachlage zu klären. Ansonsten würde er Optionen wie eine Privatisierung der Gesellschaft erwägen, so Pressemeldungen.
Im Oktober 2020 wiederum geriet das Gesundheitsministerium selbst in den Fokus. Ein Audit hatte zu Tage gebracht, dass von ihm beschaffte Medikamente und medizinische Materialien im Wert von 45 Millionen US$ ihr Verfallsdatum überschritten hatten oder überbevorratet waren. Als Grund für den Missstand nannten die Prüfer eine mangelhafte Beschaffungsplanung, ungenügendes Monitoring und schlechte Lagerhaltung.
Fast 100 Prozent der hochwertigen medizinischen Geräte müssen aus dem Ausland bezogen werden. Bei einfachen medizinischen Einwegartikeln beläuft sich die Importquote auf rund 65 Prozent. Insgesamt wurden 2019 Medizinprodukte im Wert von 458 Millionen US$ importiert, das entspricht einem Anstieg von 11,4 Prozent gegenüber 2018 (Quelle: UN Comtrade; SITC 774, 872).
Die wichtigsten Lieferländer waren China mit einem Warenwert von 96 Millionen US$, gefolgt von den USA (79 Millionen US$), Singapur (64 Millionen US$), Deutschland (54 Millionen US$) und Japan (35 Millionen US$). Diese fünf Länder zeichneten für mehr als zwei Drittel aller Einfuhren von medizinischen Erzeugnissen verantwortlich. Die Importe made in Germany erfuhren im Vergleich zum Vorjahr ein Wachstum von 10,3 Prozent. Auf den Philippinen sind bereits mehrere renommierte deutsche Pharmaunternehmen und Firmen aus der Medizintechnikbranche aktiv.
Im Zuge neuer Trends im Gesundheitssektor dürften sich künftig auch für ausländische Anbeiter weitere Geschäftsfelder auf dem Archipel auftun. So fordern lokale Konsumenten eine stärkere Nutzung digitaler medizinischer Anwendungen, die die Versorgung der Bevölkerung in abgelegenen Landesteilen erleichtern könnten. Auch der Medizintourismus soll nach Vorstellung von Regierungsvertretern nach einer Aufhebung der Corona-bedingten Reiserestriktionen an Bedeutung gewinnen. Allerdings ist die regionale Konkurrenz in diesem Wirtschaftszweig durch etablierte Anbieter wie Thailand sehr groß.