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Wirtschaftsumfeld | Philippinen | Außenwirtschafts-, Industriepolitik

Firmen warten auf wirtschaftspolitische Agenda

Die Wahlen in den Philippinen sind gelaufen, der Präsident ist gewählt. Doch der wirtschaftspolitische Kurs der neuen Regierung steht noch nicht fest.

Von Alexander Hirschle | Taipei

Ferdinand "Bongbong“ Marcos jr. hat die Präsidentschaftswahlen in den Philippinen am 9. Mai 2022 mit deutlicher Mehrheit gewonnen. Seine größte Widersacherin, die Menschenrechtsanwältin und Favoritin der Mittelschicht, Leni Robredo, belegte den zweiten Platz vor dem ehemaligen Boxweltmeister Manny Pacquiao.

Marcos gehört zu einer der politisch einflussreichsten Familien der Philippinen. Der Sohn des ehemaligen Staatsoberhauptes Ferdinand Marcos hatte in seiner Kampagne mit einfachen Slogans wie "Unity“ (Einheit) vor allem auf die Nutzung sozialer Medien wie Facebook gesetzt. Dadurch erfuhr er vor allem in jüngeren Wählerkreisen und den ärmeren Bevölkerungsschichten großen Zuspruch.

Beobachter rechnen mit "Business as usual"

Bereits in den Analysen vorab bezweifelten viele Beobachter, dass der Ausgang der Wahlen massive Auswirkungen auf die künftige Wirtschaftspolitik der Philippinen haben werde. Es würde ohnehin ein Business-as-usual-Prinzip für die meisten Unternehmen gelten, so die Stimmen.

Auch Christopher Zimmer, Geschäftsführer der Deutsch-Philippinischen Industrie- und Handelskammer (GPCCI) geht davon aus, dass mittelfristig die Standortvorteile des Archipels überwiegen werden. "Vor allem die sehr junge und serviceorientierte Bevölkerung, die hohe Servicementalität der Beschäftigten sowie die Konsumaffinität der Einwohner bieten internationalen Firmen gute Geschäftsmöglichkeiten“, so Zimmer.

Künftige Schwerpunkte noch nicht definiert

Leni Robredo hatte sich im Vorfeld für ihre etwaige Amtszeit die Bekämpfung des Klimawandels und die verstärkte Implementierung von Public-Private-Partnership-Projekten als Schwerpunkte auf die Fahne geschrieben. Der jetzt gewählte Marcos war hingegen kaum in den politischen Debatten aufgetreten, hatte sich mit Äußerungen in Bezug auf ökonomische Strategien zurückgehalten und eher vage Andeutungen zu künftigen Prioritäten gemacht. Arbeitslosigkeit und Inflation sollen bekämpft werden, aber er erklärte nicht, mit welchen Mitteln dies geschehen solle.

Internationale Analysten stuften diese Unklarheit als negatives Signal ein. Schon im Vorfeld der Wahlen hatte die Börse nachgegeben und der Peso hat im laufenden Jahr rund 2,5 Prozent an Wert verloren. Eine weitere Abwertung würde die Wirtschaft hart treffen, da die Philippinen stark von Importen abhängig sind. Allerdings verweist die Zentralbank auf den regionalen Kontext. So habe der philippinische Peso im Vergleich zu den Währungen anderer Volkswirtschaften der ASEAN (Association of Southeast Asian Nations) durchschnittliche Wechselkursverluste erlitten. Ebenso verfüge das Land nach Einschätzung der obersten Währungshüter über ausreichende Währungsreserven.

Drei zentrale Aufgaben warten auf Marcos

Ausländische Anleger dürften zunächst eine abwartende Haltung einnehmen, bis konkrete Pläne für die neue wirtschaftspolitische Ausrichtung verkündet werden. Dies wird in den ersten 100 Tagen der Amtszeit erwartet. Ebenso steht noch die Besetzung des Wirtschaftsministeriums und der wichtigsten Posten in diesem Ressort aus. Internationale Medien gehen davon aus, dass Investoren auch Themen wie "transparent governance“ und den Umgang der neuen Regierung damit genau verfolgen werden. Denn die Anleger erhoffen sich eine Stärkung der Institutionen und der Rechtsstaatlichkeit.

Marcos hat aber zunächst drei große wirtschaftliche Aufgaben vor der Brust: Als Erstes ist die Wiederbelebung des Wachstums nach der Coronakrise zu nennen. Die Philippinen waren 2020 in eine der schwersten Rezessionen ihrer Wirtschaftsgeschichte geschlittert und arbeiten sich nur langsam aus dem Tal heraus. Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) soll zwar im laufenden Jahr real um rund 6 Prozent zulegen. In absoluten Zahlen rangierte das BIP Anfang 2022 aber noch immer rund 15 Prozent unter dem Wert, den es Schätzungen nach ohne die Coronakrise erreicht hätte.

Darüber hinaus bereitet die steigende Inflation massive Sorgen. Die Preissteigerung wird von hohen Rohstoffnotierungen angeheizt und belastet vor allem die Geldbeutel der wenig vermögenden Haushalte. Die Coronakrise hatte ohnehin schon die Einkommensdisparität verschärft und die Arbeitslosigkeit nach oben schnellen lassen. In einer Umfrage vom Herbst 2021 bezeichneten sich 43 Prozent der Einwohner des Archipels als arm und 39 Prozent sahen sich an der Grenze zur Armut.

Drittens hat die Pandemie auch die Finanzlage des Staates verschlechtert. Das Haushaltsdefizit war 2021 um 20 Prozent angestiegen, ebenso die Staatsverschuldung. Diese erreicht mittlerweile rund 60 Prozent des BIP, was in Fachkreisen als kritischer Schwellenwert eingestuft wird. Vor der Pandemie lag der Vergleichswert noch bei 39,5 Prozent. Aus Sicht der Zentralbank ist aber auch das neue Niveau noch zu bewältigen – sofern die Wirtschaft zwischen 6 und 7 Prozent pro Jahr wächst.

Fokus auf Ausbau der Infrastruktur gilt als wahrscheinlich

Beobachter gehen aufgrund der politischen Nähe zur Vorgängerregierung von Ex-Präsident Rodrigo Duterte davon aus, dass auch unter der neuen Administration der Ausbau der Infrastruktur im Fokus bleiben wird. Das groß angelegte Programm Build, Build, Build (BBB) wurde von Duterte 2016 aufgelegt. Allerdings konnten längst nicht alle der mehr als 100 geplanten Vorhaben im Wert von über 100 Milliarden US-Dollar umgesetzt werden. Die Einschränkungen im Zuge der Corona-Pandemie hatten den Planern einen dicken Strich durch die Rechnung gemacht.

Nun gilt es, die aufgeschobenen Projekte zügig umzusetzen und das Vorzeigeprogramm der Regierung Duterte fortzuführen, um die massiven Mängel in der Infrastruktur des Landes zu beheben. Diese sind nach einhelliger Einschätzung von Beobachtern einer der entscheidenden Hemmschuhe für das weitere Wachstum der philippinischen Wirtschaft. Sollte das gelingen und auch die übrigen Herausforderungen gestemmt werden, könnten die Philippinen ab 2024 wieder auf den Wachstumspfad der Vor-Pandemie-Ära einschwenken.

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