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Der Outsourcing-Markt wächst

Immer mehr ausländische Unternehmen lagern Business-Services nach Polen aus. Darunter befinden sich auch Firmen aus dem deutschsprachigen Raum.

Von Beatrice Repetzki | Berlin

Der Wert der für ausländische Unternehmen in einschlägigen Zentren erbrachten modernen Business-Services steigt kontinuierlich. Der Zuwachs betrug in den ersten drei Quartalen 2022 laut der polnischen Nationalbank gegenüber Januar bis September 2021 rund 2 Milliarden auf 25,9 Milliarden US-Dollar (US$). Damit dürfte das bisherige Rekordjahr 2021 (26,4 Milliarden US$) übertroffen werden. Polen hat beim Outsourcing von Geschäftsprozessen im internationalen Vergleich eine herausragende Position, ist bei Finanz- und Buchhaltungsdienstleistungen in Europa sogar führend. Polens Importe moderner Business-Services bleiben zwar hinter den Exporten zurück, steigen aber ebenfalls an.

Polnischer Außenhandel mit Business-Services (in Milliarden US-Dollar)

Jahr

Export

Import

2016

13,4

9,1

2017

15,8

9,9

2018

18,8

11,3

2019

19,8

11,7

2020

22,9

13,2

2021

26,4

15,1

Quelle: Association of Business Services Leaders (ABSL) 2023

Volvo verlagert Forschung

Ende Februar 2023 kündigte der Volvo-Konzern die Schaffung eines Zentrums für Forschung und Entwicklung (F&E) an, das gegen Ende 2023 seinen Betrieb aufnehmen soll. Im Jahr 2025 sollen dort 500 bis 600 Beschäftigte tätig sein, die auch Programmierungen für Elektroautos durchführen werden. Das F&E-Zentrum in Kraków (Krakau) wird das vierte von Volvo weltweit.

Der US-amerikanische Chemiekonzern Huntsman Corp. richtete ein Zentrum für Global Business Services (GBS) in Kraków (Krakau) ein, das noch erweitert wird. Zusammen mit seinen Zentren in Kuala Lumpur in Malaysia und San Jose in Costa Rica kann Huntsman dank seines neuen europäischen Standortes eigene Unternehmensaufgaben weltweit durchführen lassen.

Neue Projekte in der Pipeline

Der Direktor für Strategie und Entwicklung der polnischen Organisation der Association of Business Services Leaders (ABSL), Paweł Panczyj, konstatiert ein deutlich größeres Interesse global agierender Unternehmen aus Ländern, die zuvor weniger in Polen aktiv waren. Das betreffe sowohl die deutschsprachigen Länder Deutschland, Österreich und Schweiz als auch Japan. Es handele sich dabei um Unternehmen aus bedeutenden Sektoren wie Biotechnologie, Pharmazie oder Medizin.

Ende Februar 2023 hatte die Polnische Agentur für Investitionen und Handel (Polska Agencja Inwestycji i Handlu, PAIH) 47 aktive Investitionsprojekte aus dem Bereich der modernen Business-Services in ihrem Portfolio. Das waren laut Tageszeitung Rzeczpospolita 40 Prozent mehr als Ende Februar 2022. Die neuen, von der PAIH geförderten Projekte betreffen hauptsächlich die Gründung beziehungsweise Erweiterung von Shared Service Centres (SSC) und den IT-Sektor. Außerdem kommen Investitionen in F&E hinzu, in denen hochqualifizierte Wissenschaftler und Ingenieure tätig sind.

Die PAIH unterstützt derzeit nach eigenen Angaben sechs Investoren, die jeweils bis zu 600 Spezialisten in Business-Service-Zentren in Polen einstellen wollen. Darunter befindet sich auch ein Investor aus Lateinamerika.

Anzahl der Beschäftigten in Business-Service-Zentren in Polen (jeweils Ende März)

Jahr

Anzahl

2016

214.000

2017

246.000

2018

279.000

2019

310.900

2020

341.500

2021

358.600

2022

400.300

2023*

420.000

* PrognoseQuelle: Association of Business Services Leaders (ABSL) 2023

Die Anzahl der Beschäftigten in sämtlichen Zentren ist laut ABSL heute fast doppelt so hoch wie noch 2016.

Dienstleistungen werden anspruchsvoller

Die Vorteile Polens liegen im gut ausgebildeten Personal, der geografischen Nähe zu Deutschland und den vergleichsweise niedrigen Kosten, auch angesichts des anhaltend schwachen Wechselkurses des Złoty.

Im Land entstehen neue moderne Büroflächen, auch um den knappen Fachkräften einen attraktiven Arbeitsplatz zu bieten. Es fehlen vor allem Mitarbeiter für den IT-Bereich und gerade in dieser Sparte werden seit 2020 die meisten Service-Zentren gegründet.

Generell werden die in Polen erbrachten Business-Services anspruchsvoller und erfordern immer höhere Qualifikationen der Mitarbeitenden. Sie gehen über reine Buchhaltungsaufgaben hinaus und betreffen häufig spezifische IT-Lösungen, hochspezialisierte Forschungstätigkeiten und andere wissensintensive Dienstleistungen. Das Land profitiert laut ABSL von der Optimierung und Zentralisierung von Prozessen durch globale Unternehmen. Um diesen Anforderungen zu genügen, strukturieren sich die in Polen tätigen Shared-Service-Zentren (SSC) in Hubs um.

Ein Beispiel dafür ist ABSL zufolge ein kürzlich von BNP Paribas CIB angekündigtes Projekt. Die französische Bank wolle in Warschau den Technologie-Hub B-Infinit eröffnen, der ihren Bereich des Corporate und Institutional Banking (CIB) weltweit bei der weiteren Digitalisierung und Einführung innovativer Lösungen für institutionelle Kunden unterstützen soll. In diesem Hub sollen 2025 rund 250 IT-Spezialisten arbeiten. 

Auslandskapital dominiert den polnischen Sektor für Business-Services. Laut ABSL gehören 72 Prozent der dort tätigen Zentren Investoren aus dem Ausland. Fast alle Zentren (97 Prozent) sollen ausgebaut und globaler aufgestellt werden. Über die Hälfte (fast 59 Prozent) bedienen bereits Kunden weltweit. Der ABSL gehören über 240 Mitgliedsfirmen an, darunter auch deutsche Unternehmen wie Arvato/Bertelsmann, Bayer, Bosch, Lufthansa, MAN, Miele, Siemens, ThyssenKrupp und TÜV Rheinland.

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