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Branchen | Polen | Erdgas

Erdgasimporte künftig von neuen Lieferanten

Die Versorgung mit Erdgas ist für Polen von wachsender Bedeutung. Das Land tauscht seine Erdgaslieferanten 2022 weitgehend aus und investiert in neue Pipelines.

Von Beatrice Repetzki | Berlin

Erdgas tritt in Polen teilweise an die Stelle von Kohle als Brennstoff, manche Energiewerke werden umgerüstet. Das betrifft sowohl die Erzeugung von Wärme und das Heizen, als auch die Stromproduktion. Polen will Erdgas als Brückentechnologie nutzen bis das Land seine Energie in vollem Umfang klimaneutral erzeugen kann. Dadurch wächst der Bedarf an Erdgas, dessen Preise steigen.

Den Energieträger wird das Land künftig aber weitgehend von anderen Lieferanten als bisher beziehen. Die Verträge über die russischen Lieferungen aus Sibirien über die Jamal-Pipeline laufen zum Jahresende 2022 aus.

Für den Import wie auch für die Weiterverteilung des Erdgases in Nachbarländer wie Tschechien und die Slowakei müssen neue Leitungen gelegt werden. Die Einfuhrkapazität dafür soll laut Prognose Ende 2023 auf über 40 Milliarden Kubikmeter ansteigen (die Jamal-Pipeline nicht mitgerechnet). Das künftig durch die Baltic Pipe geleitete Erdgas soll die mitteleuropäischen Länder unabhängiger von russischem Gas machen. 

Einfuhrkapazität für Erdgas 2023 (in Milliarden Kubikmeter) 1)

Herkunft des Erdgases

Menge

Baltic Pipe

10,0

LNG-Terminal Świnoujście

8,3

Tschechische Republik

6,5

Mallnow (Deutschland)

6,1

Slowakei

5,7

Litauen

1,9

Netzkopplungspunkt Gaz-System/Ontras (Deutschland)

1,5

Interkonnektor Cieszyn/Český Těšín (Tschechien)

0,5

1) Prognose, ohne Jamal-PipelineQuelle: Gaz-System, Energieregulierungsamt URE

Polens Import von Erdgas erfolgt nicht nur über Pipelines, sondern auch aus unterschiedlichen Richtungen per Schiff in Form von Flüssigerdgas (Liquefied Natural Gas; LNG) über den Hafen von Świnoujście (Swinemünde), dem Gazoport.

Den dritten und größten LNG-Tank mit einem Fassungsvermögen von etwa 180.000 Kubikmetern brutto will dort das Baukonsortium aus PORR S.A. und TGE Gas Engineering GmbH bis Ende 2023 fertigstellen. Dadurch erhöht sich die jährliche Gesamtkapazität des Gazoport um 3,3 Milliarden auf 8,3 Milliarden Kubikmeter. Investor ist die zur Gaz-System-Gruppe gehörende Gesellschaft Polskie LNG S.A., die dem Konsortium rund 414 Millionen Euro zahlt.

Danziger Hafen will LNG regasifizieren

Polen erwägt, weitere Umschlagkapazitäten für LNG zu schaffen. Die für die das Verteilnetz zuständige Gaz-System S.A. prüft derzeit den Bedarf potenzieller Abnehmer. Das regasifizierte Flüssiggas könnte dann ein schwimmendes Anlandeterminal (Floating Storage and Regasification Unit; FSRU) im Hafen von Gdańsk liefern. Über den genauen Standort will Gaz-System gegebenenfalls im Oktober 2021 entscheiden. Die Kosten für dieses Projekt veranschlagt die Gesellschaft auf 528 Millionen Euro. Noch bis zum 13. September 2021 können betroffene Stellen ihre Einschätzungen und Anmerkungen dazu abgeben. Der Bau könnte 2022 beginnen.

Das Danziger FSRU-Terminal soll jährlich mindestens 4,5 Milliarden Kubikmeter LNG aufnehmen können. Denkbar wäre auch eine Kapazität von rund 6 Milliarden Kubikmetern, die bei Bedarf durch ein zweites Terminal verdoppelt werden könnte. Die Anlage soll gegen Ende 2027 / Anfang 2028 übergeben werden. Das angelieferte LNG muss nicht nur regasifiziert werden, sondern auch über eine neue Anbindungsleitung ins bestehende Gasfernleitungsnetz eingespeist werden.

Neue Leitungen verbinden Polen mit Nachbarstaaten

Gaz-System führt als Betreiber des polnischen Gasfernleitungsnetzes bereits jetzt ein umfangreiches Investitionsprogramm durch. Polen will möglichst ab dem 1. Oktober 2022 über die Baltic Pipe von Norwegen aus über Dänemark Erdgas importieren und beteiligt sich am Verlegen der Leitungen auf dem Meeresboden. Östlich von Świnoujście soll die Baltic Pipe in Zachodniopomorskie (Westpommern) polnisches Festland erreichen.

Über einen Nord-Süd-Korridor kann das Erdgas weiter transportiert werden. Anfang August 2021 wurden erstmals die Gastransportnetze Polens und der Slowakei direkt miteinander verbunden. Die Nord-Süd-Pipeline soll dann im 1. Quartal 2022 in Betrieb gehen. Auch mit Litauen will Polen ab 2022 über Erdgasleitungen verbunden sein.

Gaz-System führt im Rahmen seines Investitionsplans über 30 große Infrastrukturprojekte durch, wie der Unternehmensvorsitzende Tomasz Stępień gegenüber der Tageszeitung Rzeczpospolita sagte. Der Bedarf an Erdgas wächst in Polen kontinuierlich. Das Land steht unter Druck, die dominierende Kohle durch weniger klimaschädliche Energieträger zu ersetzen. 

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PGNiG beutet inländische Vorkommen aus

Polen beutet auch eigene Erdgasvorkommen aus, allerdings in leicht sinkendem Maße. Der Danziger Erdölkonzern Grupa Lotos S.A. erwägt abhängig vom Bedarf zwei Erdgasvorkommen im Land zu erschließen. Außerdem ist Lotos berechtigt, an drei Stellen in der Ostsee nach Vorkommen zu suchen. Vorgesehen ist je eine Probebohrung.

Der Mineralöl- und Erdgaskonzern Polskie Górnictwo Naftowe i Gazownictwo S.A. (PGNiG) beutet bislang fast ausschließlich die inländischen Vorkommen aus. Die Gesellschaft ist darüber hinaus aber auch in Norwegen sowie Pakistan aktiv und zeigt Interesse an der Erschließung von möglichen Erdgasvorkommen, die im westlichen Teil der Ukraine vermutet werden.   

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Für das Jahr 2031 prognostiziert Gaz-System die Menge des jährlich über das polnische Pipelinenetz zu leitenden Erdgases auf 32,6 Milliarden Kubikmeter. Das bedeutet einen Zuwachs um 76 Prozent innerhalb eines Jahrzehnts. In den ersten Jahren soll die Zunahme jedoch eher moderat ausfallen. Ab 2023 will sich Gaz-System laut Stępień auf den Ausbau des inländischen Pipelinenetzes konzentrieren, um das dann aus den neuen Richtungen importierte Erdgas an eine wachsende Anzahl von Abnehmern weiter leiten zu können. 

Transportvolumina in Polens Erdgas-Pipelines (in Milliarden Kubikmeter) 1)

Jahr

Menge

2021

18,5

2022

19,1

2023

19,3

2024

19,5

1) Prognosen, BasisvarianteQuelle: Gaz-System

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