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Geplanter Großflughafen erweitert den Kreis möglicher Partner

Deutsche Firmen haben sich erfolgreich auf mehrere Rahmenverträge rund um den Bau des neuen Zentralflughafens in Polen beworben. Bis zum Spatenstich sind noch viele Fragen offen.

Von Christopher Fuß | Warschau

Die Vorbereitungen für den Bau des Großflughafens CPK (Centralny Port Komunikacyjny) nahe Warschau laufen weiter. Schieneninvestitionen sind ein wichtiger Teil des Flughafenprojekts. Der Plan sieht vor, dass Reisende das Luftfahrtdrehkreuz in Zentralpolen aus allen Landesteilen per Schnellzug erreichen können. Darum werden knapp 2.000 Kilometer Schiene saniert oder neu verlegt.

Die staatliche Projektgesellschaft hinter dem CPK hat im Juli 2022 elf Konsortien für entsprechende Bahnprojekte ausgewählt. Die Firmen nehmen in Zukunft an Ausschreibungen rund um die Planung von Gleisabschnitten teil. Alle Maßnahmen zusammen haben einen Gegenwert von 1,5 Milliarden Euro.

Drei Firmen mit deutscher Muttergesellschaft konnten sich qualifizieren. Es handelt sich um Voessing Polska, SSF Ingenieure und Schüßler-Plan Ingenieurgesellschaft. Bewerber aus Spanien, Frankreich und Südkorea gehören ebenfalls zum Kreis der Gewinner. Die CPK-Projektgesellschaft schreibt den eigentlichen Bau separat aus.

Ähnliche Rahmenvereinbarungen gibt es auch für Ingenieurarbeiten an den Eisenbahnstrecken. 20 Firmen können sich als Vertragsingenieure auf Projekte im Wert von rund 540 Millionen Euro bewerben. Voessing Polska gehört zu diesem Kreis.

Ausschreibungsportal des CPK

Alle Ausschreibungen rund um Planung und Bau des neuen Großflughafens und der ergänzenden Bahnstrecken veröffentlicht die Betreibergesellschaft auf einer Onlineplattform.

Weitere Informationen über Ausschreibungen und Projektfortschritte stellt das Unternehmen auf Englisch auf seiner Internetseite zur Verfügung.

Hochgeschwindigkeitsstrecke Warschau - Wrocław

Im Juni 2022 hat die CPK-Projektgesellschaft Dokumente für den 140 Kilometer langen Abschnitt zwischen Warschau und der Stadt Łódź vorgestellt. Die Strecke soll Geschwindigkeiten von bis zu 250 Kilometer pro Stunde ermöglichen. Eine Fahrt zwischen Warschau und Łódź dauere dank der Investition nur noch 45 Minuten - halb so lang wie bisher. Unterirdische Gleise in Warschau, am CPK und in Łódź machen die Strecke unabhängiger vom bestehenden Netz.

Der geplante Tunnel unter Łódź spielt auch für die neue Trasse nach Wrocław eine Schlüsselrolle. Streckenverlaufspläne für die sogenannte Y-Verbindung existieren seit August 2022. Die Projektgesellschaft hofft, ab 2024 mit den Bauarbeiten beginnen zu können. Arbeiten am Tunnel unter Łódź sollen 2023 starten.

Die Projektgesellschaft will auch Schienenfahrzeuge einkaufen. Bislang fanden Gespräche mit potenziellen Lieferanten statt. Neben polnischen und asiatischen Firmen saßen auch Siemens Mobility aus Deutschland, und Alstom aus Frankreich mit am Tisch.

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Rahmenverträge für Bauarbeiten am Flughafen

Weiter ist die Projektgesellschaft beim Grundriss des Flughafens. Im Juni 2022 präsentierte der Staatsbetrieb Entwürfe. Die Anlage soll rund 2.800 Hektar umfassen. Das Flughafengelände erstreckt sich über drei Gemeinden: Baranów, Teresin und Wiskitki. Zwei Start- und Landebahnen sollen über 400.000 Starts und Landungen im Jahr ermöglichen.

Der Regierungsbeauftragte für den CPK, Marcin Horała, hält den Zeitplan weiterhin für realistisch. Der Spatenstich am Flughafen erfolgt demnach 2023. Das ist politisch wichtig, denn im selben Jahr finden Parlamentswahlen statt. Bereits 2027 soll das Luftfahrtdrehkreuz in Betrieb gehen.

Wer den Bau umsetzt, ist offen. Die CPK-Gesellschaft hat acht Unternehmen für Ausschreibungen rund um vorbereitende Arbeiten am Flughafen ausgewählt. Der einzige Bewerber aus Deutschland, die Max Bögl Gruppe, blieb erfolglos. Mehr Glück hatten die österreichischen Firmen PORR und Strabag sowie der polnische Bauriese Budimex. Die vorbereitenden Bauarbeiten haben einen Gegenwert von 360 Millionen Euro.

Noch bis zum 7. September 2022 können sich Ingenieurbüros für die Teilnahme an Planungsverfahren von technischen Flughafenanlagen bewerben. Hierunter fallen zum Beispiel der Kontrollturm oder die Betriebszentrale. Die Planung dieser Gebäude wird voraussichtlich bis zu 108 Millionen Euro kosten.

Geldgeber gesucht

Polen will die Summen nicht alleine stemmen. Der südkoreanische Flughafen Incheon wird sich voraussichtlich als Minderheitseigner an dem Projekt beteiligen. Geldbeträge nennen die Beteiligten aber nicht. Polen scheint weiter nach Unterstützung zu suchen. Im Juni 2022 trafen sich Vertreter der CPK-Projektgesellschaft in Südkorea mit potenziellen Investoren. Konkrete Ergebnisse der Gespräche liegen nicht vor.

Europäische Fördermittel könnten Polen bei der Umsetzung des Bauvorhabens helfen. Die EU hat die geplante Y-Verbindung in das transeuropäische Verkehrsnetz (TEN-V) aufgenommen. Damit kann die Projektgesellschaft weitere Geldtöpfe anzapfen. Hinzu kommen wahrscheinlich auch Mittel aus dem Wiederaufbaufonds und kohäsionspolitische Förderinstrumente. Polen versucht, den CPK an andere Verkehrsprojekte anzuschließen. So führt die Projektgesellschaft Gespräche mit der Leitung der Rail Baltica-Initiative. Ihr Ziel ist es, über eine neue Bahnlinie Finnland und das Baltikum mit Zentraleuropa zu verbinden.

Kosten steigen deutlich

Während die Finanzierung der Bauvorhaben noch offen ist, steht bereits fest, dass die Projektgesellschaft Kalkulationen anpassen muss. Ein Beispiel: Die Bahnstrecke zwischen Warschau und Łódź sollte ursprünglich 1,8 Milliarden Euro kosten. Jetzt sprechen die Planer von bis zu 4,3 Milliarden Euro. Ein Grund für den Kostenanstieg: Entgegen früherer Entwürfe soll unter dem Warschauer Westbahnhof ein Tunnel entstehen.

Hinzu kommt, dass sich auf dem Flughafengelände Häuser befinden. Wenige Eigentümer wollen verkaufen. Als letztes Mittel hält die Regierung Enteignungen für möglich. Die parlamentarische Mehrheit der Regierungspartei hat ein Gesetz verabschiedet, das die Berechnungsgrundlage für Entschädigungen ändert. Der zukünftige Nutzen des Grundstücks muss nicht mehr bei der Wertschätzung berücksichtigt werden.

Trotz aller Kritik hält Polen an dem Vorhaben fest. Die Projektgesellschaft wächst: Hatte sie 2020 noch 235 Beschäftigte, waren es Ende 2021 bereits 493. Und die Zahl der Angestellten könnte weiter steigen. Das Ministerium für Staatsbetriebe will die staatliche Flughafen-Betreibergesellschaft PPL (Przedsiębiorstwo Państwowe Porty Lotnicze) an CPK übertragen. Damit wäre der Zentralflughafen auch für den Chopin-Flughafen Warschau und für mehrere Regionalflughäfen verantwortlich.

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