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Branchen | Polen | Robotik, Automation

Immer mehr Industrieroboter im Einsatz

Arbeitskosten, Fachkräftemangel und neue Kundenanforderungen sorgen dafür, dass Unternehmen in Polen ihre Produktion automatisieren. Einige Branchen stechen dabei besonders hervor.

Von Christopher Fuß | Warschau

Polen gehört mittlerweile zu den dynamischsten Absatzländern für Automatisierungstechnik. Darauf deuten die jüngsten Zahlen der International Federation of Robotics (IFR) hin. Im Jahr 2021 stieg die Zahl der neu installierten Roboter in Polen gegenüber dem Vorjahr um 56 Prozent auf 3.300 Stück. Damit liegt Polen in Europa auf Platz 5 der am schnellsten wachsenden Märkte für Industrieroboter.

Zur Realität gehört aber auch: Einige Nachbarländer sind bei der Automatisierung ihrer Industrie deutlich weiter. In Polen gibt es 62 Industrieroboter je 10.000 Industriearbeiter. Die Roboterdichte in Tschechien und in der Slowakei ist hingegen fast dreimal so hoch.

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Kunststoffverarbeiter schließen sich zu Clustern zusammen

Zu den Vorreitern in der Automatisierung gehören die Kunststoffverarbeiter und die Automobilindustrie. Laut Untersuchungen des staatlichen Thinktanks Polnisches Wirtschaftsinstitut PIE (Polski Instytut Ekonomiczny) ist die Zahl der Industrieroboter in diesen Unternehmenszweigen besonders hoch. Das hat verschiedene Gründe.

Polens Kunststoffindustrie erwirtschaftet einen wichtigen Teil ihres Umsatzes im Export. Der internationale Wettbewerb zwingt die Unternehmen zur Modernisierung. Kunststoffverarbeiter haben sich mit Maschinenbauern und Automatisierungsdienstleistern im Industriecluster Bydgoszcz (Bydgoski Klaster Przemysłowy) zusammengeschlossen, um konkurrenzfähig zu bleiben. Dank der Kooperation werden die Unternehmen schneller auf Innovationen aufmerksam.

In der Automobilindustrie wiederum geben die großen Hersteller den Ton an. Volkswagen Poznań eröffnete 2022 ein automatisiertes Teilelager. Der Lackieranlagenbauer Dürr nahm im November 2022 eine neue Produktionshalle bei Radom in Betrieb. Polnische Zulieferer müssen nachziehen, um die Anforderungen ihrer Konzernkunden zu erfüllen. "Die großen Firmen drängen ihre Zulieferer zu bestimmten Lösungen", fasst Tomasz Haiduk, Vorsitzender des Polnischen Forums für Automation und Robotik, im Gespräch mit dem Wirtschaftsmagazin WNP.PL zusammen.

Nicht alle Technologien erhalten Unterstützung

Polens Regierung will Automatisierungstechnik fördern. Seit 2022 erhalten Unternehmen, die in Roboter investieren, neue Steuererleichterungen. Die Anschaffungskosten fließen zu 150 Prozent in die Bemessungsgrundlage der Körperschaftsteuer ein. Wie das Portal Puls Biznesu anmerkt, gibt es einen Haken. Die Roboter müssen an der Produktion beteiligt sein. Lagerungs- und Transportsysteme, wie sie beispielsweise in Logistikzentren zum Einsatz kommen, würden nicht unter die neue Regelung fallen.

Neben den Steuererleichterungen setzt Polen auf Zuzahlungen. Bis Anfang Dezember 2022 konnten Holzverarbeiter einmalig je Unternehmen Zuschüsse in Höhe von bis zu rund 180.000 Euro für Roboter beantragen. Der staatliche Entwicklungsfonds PFR (Polski Fundusz Rozwoju) plant für 2023 eine Neuauflage, möglicherweise im Rahmen von EU-Förderprogrammen.

Polens Mittelstand modernisiert

Gut für Hersteller von Automatisierungstechnik: Obwohl sich die Konjunktur in Polen angesichts des russischen Angriffskriegs in der Ukraine eintrübt, gibt es branchenübergreifend Unternehmen, die weiterhin investieren. Der Türenhersteller ERKADO erweiterte seine Produktionshallen für umgerechnet 28 Millionen Euro. Der Betrieb automatisierte eine Produktionslinie und kaufte neue Kappsägen. Bis 2025 will ERKADO weitere 13,8 Millionen Euro investieren. Der Aluminiumdosen-Hersteller Canpack greift noch tiefer in die Tasche. Der Bau eines neuen Produktionszentrums kostet das Unternehmen rund 50 Millionen Euro.

Das polnische Recyclingunternehmen Elemental Holding darf sich über 72 Millionen Euro von der Europäischen Bank für Wiederaufbau und Entwicklung (EBRD) freuen. Das Geld fließt in eine Wiederverwertungsanlage für Lithium-Ionen-Batterien. Elemental Holding will unter anderem Platinmetalle zurückgewinnen. Das neue Werk soll Ende 2023 anlaufen.

Deutsche Technologielieferanten können bei den Modernisierungsprojekten ihr Know-how zum Einsatz bringen. Das polnische Holzbauunternehmen Erbud nahm Ende November 2022 ein Werk bei Toruń in Betrieb. Die automatisierten Produktionslinien kommen vom baden-württembergischen Maschinenbauer Weinmann. Der US-amerikanische Getränkekonzern Coca-Cola eröffnete im Herbst 2022 einen Logistikhub in Radzymin. Das Zentrum soll ganz Mittelosteuropa beliefern. Technologiepartner ist der deutsche Hersteller von Lager- und Materialflusstechnik Jungheinrich.

Wachstumsmärkte und Risiken

Lieferanten von Automatisierungslösungen für die Intralogistik haben in Polen grundsätzlich gute Geschäftschancen - trotz der fehlenden Steuernachlässe auf Lagerroboter. Neue Lagerhallen entstehen im ganzen Land. Wie die Tageszeitung Gazeta Wyborcza berichtet, wuchs die Fläche von Logistikzentren zwischen dem 1.  und 3. Quartal 2022 um über 10 Prozent auf 27 Millionen Quadratmeter. Weitere 4 Millionen Quadratmeter befanden sich Ende des 3. Quartals 2022 im Bau. Neue Gebäude entstehen vor allem entlang der Autobahnen in Richtung Westeuropa. Zu den führenden Immobilienentwicklern von Logistik- und Produktionshallen in Polen zählen Panattoni, Prologis, Hillwood, 7R Logistics und Waimea. Wachstumstreiber sind unter anderem der Onlinehandel und der Trend zu mehr Lagerhaltung. 

Der Boom der Automatisierungstechnik bringt auch neue Herausforderungen mit sich. Unternehmen brauchen geschulte Fachkräfte. "Es gibt einen Mangel an Personal für Industrie 4.0", klagt Tomasz Haiduk im Interview mit WNP.PL. Der Geschäftsführer des polnischen Automatisierungsdienstleisters Astor, Jarosław Gracel, stimmt zu: "Bei den ausgebildeten Ingenieuren und Robotik-Spezialisten gibt es einen Engpass". Unternehmen und Verbände starten eigene Bildungsoffensiven. So organisiert die AHK Polen ab 2023 einen Aufbaustudiengang. Teilnehmer sollen lernen, Industrie 4.0-Lösungen effektiv in den Betriebsalltag zu integrieren. Namhafte Partner unterstützen das Projekt, darunter die Firmen Siemens, Balluff, Mercedes-Benz Manufacturing Poland und Beckhoff Automation.

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