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In der Coronakrise zeigen sich die Vorteile der Auslieferung online bestellter Waren über Paketautomaten. Wie auch beim Einsatz von Drohnen minimiert sich der Personenkontakt.
16.04.2020
Von Beatrice Repetzki | Berlin
Im Polen steigt die Zahl der Paketstationen im öffentlichen Raum seit Jahren. Dort können Kunden ihre Onlinebestellungen zu einem beliebigen Zeitpunkt abholen. Diese Art der Zustellung gewinnt angesichts der Coronakrise eine besondere Bedeutung: Der Onlinehandel expandiert, und eine direkte Warenübergabe vom Boten an den Kunden soll wegen der Ansteckungsgefahr möglichst vermieden werden. Vorreiter ist dabei der private Postdienstleister InPost, der als Erster Abholstationen in Polen aufstellte. In der aktuellen Situation empfiehlt InPost, seine landesweit rund 6.000 Paketautomaten bei Onlinebestellungen zu nutzen.
Die staatliche Polnische Post (Poczta Polska; PP) setzt ebenfalls auf Paketautomaten. Ihrer Investitionsstrategie 2020 bis 2024 zufolge sollen rund 4.000 Abgabe- und Abholstationen installiert werden, sogenannte Smartboxes. Bis Ende 2021 will PP sie bei Poststellen, Geschäften, Einkaufszentren, Tankstellen, Parkplätzen oder Bahnhöfen einschließlich Busbahnhöfen aufstellen, wie die Tageszeitung Rzeczpospolita berichtet. Anfang 2020 betrieb PP erst 200 solcher Stationen. Rund 1.000 neue Paketautomaten sollen etwa in Einkaufszentren und Supermärkten von Handelsketten wie Biedronka, Carrefour sowie Żabka stehen und etwa 3.000 im Freien.
Außerdem will PP ihr Netz von stationären Abholstellen für Pakete auf 15.000 erhöhen. Derzeit existieren etwa 12.000 solcher Stellen vor allem in Einzelhandelsgeschäften und Tankstellen. Der bis 2024 geplante Investitionsbetrag von insgesamt 415 Millionen Euro soll auch in drei neue Sortieranlagen fließen, für die PP acht Sortiermaschinen für Pakete beschaffen will.
PP rechnet auch künftig mit steigenden Paketvolumina. Der staatliche Postdienstleister will mit diesem Segment die Verluste aus dem rückläufigen Briefversand kompensieren. Beliefen sich die Einnahmen von PP 2019 mit Kurierdiensten und der E-Commerce-Logistik auf knapp 256 Millionen Euro, so sollen sie bis Ende 2024 auf über 457 Millionen Euro steigen. Die gesamten Umsätze aller Dienstleister im Segment Kurier-Express-Paket (kurier-ekspres-paczka; KEP) sollen 2024 rund 2,8 Milliarden Euro betragen.
Entwicklung des Segments Kurier-Express-Paket in Polen
Jahr | Pakete (in Mio. Stück) | Umsätze (in Mio. Euro) |
---|---|---|
2018 | 476,1 | 1.643 |
2019 | 551,7 | 1.838 |
2020 *) | 627,3 | 1.936 |
2021 *) | 703,2 | 2.154 |
2022 *) | 777,7 | 2.350 |
2023 *) | 847,8 | 2.546 |
*) Prognose
Quellen: Poczta Polska, Urząd Komunikacji Elektronicznej (UKE)
Bereits jetzt hinterlegt die PP über 30 Prozent der Onlinebestellungen bei Abholstellen, wie der zuständige Manager für die Entwicklung des Netzes click & collect, Rafal Makowski, mitteilt. Dieser Anteil solle Ende 2020 etwa 40 Prozent erreichen. Das Hinterlegen von Paketen ist deutlich kostengünstiger als die direkte Auslieferung beim Kunden. Als Kooperationspartner beim Errichten der Paketautomaten von PP sind die dänische Firma SwipBox und das polnische Start-up Pakomatic beteiligt. Pakomatic aus Białystok bietet in erster Linie Paketfächer für Wohnhäuser an, die ein Bote auch bei Abwesenheit des Kunden befüllen kann.
Auch InPost, der vom US-amerikanischen Fonds Advent geförderte Konkurrent der PP, stellt zusätzliche Paketautomaten auf. Die Gesellschaft strebt langfristig an, dass jeder Pole einen Paketautomaten ganz in der Nähe hat. Das gilt nicht nur für Großstadtbewohner, sondern auch für die Landbevölkerung, die Paketautomaten ebenfalls verstärkt nutzt. InPost errichtet sein elftes Logistikzentrum in Polen in Balice in der Nähe des Krakauer Flughafens Kraków-Balice. Innerhalb von zwei Jahren soll die Dominanz der Paketboten gebrochen sein, so Makowski im Januar 2020. Auslieferungen über Paketautomaten und Abholstellen dürften dann in Polen überwiegen.
Auch internationale Postdienstleister investieren in Polen. DHL Express wandte in den vergangenen Jahren über 76 Millionen Euro in den Ausbau seiner Infrastruktur an Polens größten Flughäfen auf, um mehr Luftfracht abfertigen zu können. Nicht nur die deutsche DHL, auch die US-amerikanischen Gesellschaften UPS und FedEx machen dem Marktführer in Polen, der französischen DPD, zunehmend Konkurrenz.
Die Auslieferung von Paketen könnte künftig auch durch Maschinen anstelle von Menschen erfolgen. Getestet wird etwa der Einsatz von Drohnen. Das einschlägige Pilotprojekt von DHL heißt Parcelcopter, bei Amazon laufen die Pläne unter dem Label Prime Air. Polen erlaubte 2019 als eines der ersten Länder in Europa Drohnenflüge außerhalb der Sichtweite ihrer Betreiber und bietet damit günstige regulatorische Voraussetzungen für diese Art der Auslieferung. Auch Lieferroboter am Boden könnten einen Teil der Zustellarbeit übernehmen.
Der Paketversand erfährt starken Auftrieb. Angesichts derderzeit geltenden Ausgangsbeschränkungen aufgrund der Coronapandemie legen viele Polen Vorräte an. Rund 38 Prozent der befragten Konsumenten kaufen dabei online, wie das Mobile Institute im Auftrag der Wirtschaftskammer für Elektronik (Izba Gospodarki Elektronicznej, IGE) ermittelte. Besonders gefragt waren demnach Nahrungsmittel, Hygieneartikel und chemische Produkte. Laut den 13.000 auf der Plattform Shoper registrierten Internetshops vervierfachte sich die Nachfrage in der Kategorie Delikatessen im März gegenüber Februar 2020.