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Markt für Augenoptik in Polen wächst

Die Polen greifen immer häufiger zu Brillen oder Kontaktlinsen. Unterstützung durch die Krankenkasse gibt es kaum. In einigen Warengruppen nehmen Importe aus Asien zu.

Von Christopher Fuß | Warschau

Die Zahl der Brillen- und Kontaktlinsenträger in Polen steigt. Das geht aus einer alle 5 Jahre stattfindenden Erhebung des Statistikamtes GUS hervor. Demnach nutzten 2019 über 54 Prozent der Einwohner Polens im Alter von mindestens 15 Jahren eine Brille oder Kontaktlinsen. Im Jahr 2014 lag der Anteil noch bei 51,6 Prozent. Zugenommen haben Augenprobleme bei jüngeren Personen.

Vergleichsdaten für Betroffene unter 15 Jahren gibt es nicht. Ende 2021 führte das polnische Bildungsministerium aber einen Sehtest in den Schulen der Stadt Lublin durch. Das Ergebnis überraschte: 40 Prozent der untersuchten Kinder hatten Sehschwächen - deutlich mehr als erwartet. Als Reaktion will das Gesundheitsministerium nun landesweit Schulkinder untersuchen.

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Erstattung von Brillen und Kontaktlinsen knapp bemessen

Die staatlichen Beihilfen für Brillen und Kontaktlinsen fallen bescheiden aus. Polens gesetzliche Krankenkasse NFZ (Narodowy Fundusz Zdrowia) zahlt Patienten jährlich rund 22 Euro für weiche Kontaktlinsen und 74 Euro für harte Linsen. Voraussetzung ist, dass die Fehlsichtigkeit zwischen beiden Augen um mindestens 4 Dioptrien auseinanderliegt.

Ähnlich knapp bemessen ist die Unterstützung für Brillenträger. Der NFZ bietet zwischen 4 und 11 Euro je Glas an. Die Höhe des Zuschusses hängt ab vom Alter der versicherten Person und der Stärke der Fehlsichtigkeit. Höhere Zuzahlungen sind bei Sehbehinderungen möglich. Viele Polen haben eine private Zusatzkrankenversicherung. Einige kommerzielle Anbieter übernehmen Teile der Kosten für Sehhilfen.

Mitarbeitende, die viel Zeit vor dem Bildschirm verbringen, können vom Arbeitgeber Unterstützung beim Brillenkauf verlangen. Das entsprechende Gesetz legt aber keinen Mindestbetrag fest. Üblich ist, dass Firmen ab mittlerer Größe in Ballungsräumen zwischen 40 und 100 Euro für Brillen inklusive Gläser zuzahlen.

Die staatlichen Beihilfen für Brillen und Kontaktlinsen könnten steigen. Polen will den Anteil der öffentlichen Gesundheitsausgaben am Bruttoinlandsprodukt (BIP) bis 2027 auf mindestens 7 Prozent erhöhen. 2020 lag der Wert bei 5,2 Prozent. Laut der Finanzplanung des NFZ steigt das Budget für die Behandlung bei Fachärzten 2023 gegenüber dem Vorjahr um 70 Prozent. Dadurch könnten die monatelangen Wartezeiten bei Augenärzten sinken. 

Stationärer Handel bislang dominierender Vertriebskanal

Wie das Marktforschungsinstitut GFK berichtet, gab es 2020 rund 4.000 Optiker-Einzelhändler in Polen. Noch dominiert der stationäre Handel. Bei einem Großteil der Geschäfte handelt es sich um unabhängige Fachmärkte. Laut GFK gehören nur 16 Prozent aller Optiker-Läden zu Ketten. Der Verband Ekspert Optyk berichtet, dass Franchiseunternehmen mittlerweile über 50 Prozent des Branchenumsatzes erwirtschaften.

Bei der Suche nach einer neuen Brille greifen Polen eher zu Budget- und Mittelklassemodellen. Im Rahmen einer 2020 durchgeführten Untersuchung des Onlinehändlers wOkularach.pl gaben 54 Prozent aller Befragten an, weniger als 110 Euro für Brillengestell und Gläser auszugeben. Das deckt sich mit dem Angebot in beliebten Geschäften und Internetshops. Die meisten Gestelle ohne Gläser auf den führenden Portalen kosten zwischen 20 und 80 Euro. Kunststoff ist das am häufigsten angebotene Material.

Wenn Polen zu Kontaktlinsen greifen, dann sind es meistens Monatslinsen oder Zwei-Wochen-Linsen. Tageslinsen haben laut Branchenportal Twoje Soczewki einen Marktanteil von 20 Prozent. Jahres- oder Quartalslinsen kommen auf einstellige Werte.

Deutsche Filialisten unter den wichtigsten Marktteilnehmern

Die größte Optiker-Kette in Polen gehört der englischen Vision Express-Franchise. Das Unternehmen betreibt landesweit über 230 Filialen. Dynamisch entwickelt sich der Omni-Channel-Händler Muscat. Das Unternehmen verkauft Gestelle als Eigenmarken und bezieht Gläser von der französischen Essilor-Gruppe. Zu den größten deutschen Filialisten in Polen gehört Fielmann mit über 20 Geschäften.

Vor allem die großen Unternehmen investieren. Der private Krankenversicherer Medicover übernahm im März 2022 die Kette Lynx Optique mit 12 Filialen. Die Apothekenmarke Super Pharm baut ebenfalls ein eigenes Optiker-Netz auf.

Unabhängige Einzelhändler arbeiten mit Einkaufsverbänden zusammen. Das Unternehmen Ekspert Optyk beispielsweise versorgt rund 500 Optiker mit Brillen, Kontaktlinsen und Zubehör. Geschäfte können ihren Bedarf außerdem über den Großhandel decken. Zu den wichtigsten Bezugsquellen gehören die Firmen AM Optical, Optykon, Optikea und Hayne.

Internationale Hersteller von Gestellen, Gläsern und Kontaktlinsen sind in Polen aktiv. Die Unternehmen konkurrieren mit heimischen Anbietern. Am Markt für Brillengestelle existieren viele kleinere Produzenten. Zu den prominenteren Herstellern aus Polen gehören Dekoptica und DG GROUP. Brillengläser aus polnischer Fertigung stellt das Unternehmen Szajna her. Konkurrent JZO (Polski Ekspert Optyczny) gehört seit 2009 zur französischen Essilor-Gruppe.

Interessensvertretungen in Polen

Zu den wichtigsten Verbänden und Interessensvertretungen der Branche gehören:


  • KRIO (Krajowa Rzemieślnicza Izba Optyczna): Vertretung unabhängiger Optiker
  • PTOO (Polskie Towarzystwo Optometrii i Optyki): Branchenverband der Optiker in Polen. Er gehört der europäischen Dachorganisation ECOO an.
  • PTO (Polskie Towarzystwo Okulistyczne): Verband der Augenärzte in Polen

Wichtig: Verbandsstrukturen sind in Polen meistens schwächer ausgeprägt als in Deutschland.

Deutschland stark bei Kontaktlinsen

Deutschland exportiert nur wenige Brillengläser nach Polen. Besser sieht es bei Kontaktlinsen aus. In dieser Warenkategorie ist laut Eurostat der Exportwert von 16,8 Millionen im Jahr 2019 auf 29,6 Millionen Euro im Jahr 2021 gestiegen. Deutschlands Marktanteil an allen Kontaktlinsen-Importen kletterte von 30 Prozent auf 53 Prozent.

Bei Brillen, bestehend aus Gestell und Gläsern, liegt der Wert deutscher Exporte nach Polen über Jahre konstant bei rund 30 Millionen Euro. Deutschland kommt auf einen Marktanteil von etwa 30 Prozent. Drei Viertel aller Brillen importiert Polen aus EU-Ländern.

Bei den Exporten von optischen Instrumenten hat Deutschland Einbußen hinnehmen müssen. 2019 exportierten Unternehmen aus Deutschland Instrumente im Wert von 205,3 Millionen Euro nach Polen. Der Marktanteil lag bei 43 Prozent. Bis 2021 hat sich der Wert deutscher Ausfuhren halbiert, bei einem Marktanteil von 20 Prozent. Zwei Drittel der nach Polen importierten optischen Instrumente kommen mittlerweile aus China.

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