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Markt für Nahrungsergänzungsmittel boomt
Die Nachfrage nach Nahrungsergänzungsmitteln wird in Polen auch 2022 wachsen. Das Angebot wird breiter. Aufsichtsbehörden fordern eine genauere Überprüfung neuer Präparate.
17.02.2022
Von Beatrice Repetzki | Berlin
Im Coronajahr 2020 hatten sich besonders Nahrungsergänzungsmittel, die das Immunsystem stärken, in Polen zum Verkaufsschlager entwickelt. Mittlerweile zogen aber auch die Verkaufszahlen für andere Nahrungsergänzungsstoffe wieder an.
Auf Złoty-Basis stiegen die Ausgaben der Bevölkerung 2021 für sämtliche Nahrungsergänzungsmittel, darunter auch solche für sportliche aktive Menschen, nominal um 8 Prozent auf 1,4 Milliarden Euro (2020: 1,3 Milliarden Euro). Dabei wirkten sich auch Preissteigerungen aus. Für 2022 erwartet die Marktforschungsfirma PMR ein weiteres Wachstum auf 1,5 Milliarden Euro (auf Złoty-Basis 6 Prozent).
Sortiment wird vielfältiger
Angesichts reger Nachfrage überfluten Hersteller den Markt mit neuen Präparaten. Diese müssen beim Hauptsanitärinspektorat (Główny Inspektorat Sanitarny; GIS) als zuständiger Behörde angezeigt werden. Im Jahr 2021 registrierte GIS über 21.600 Mitteilungen zu Nahrungsergänzungsmitteln, die auf dem polnischen Markt in Verkehr gebracht wurden. Das waren allerdings weniger als 2020, als fast 25.000 neue Präparate gemeldet wurden.
Einhergehend mit der Sortimentserweiterung investieren die Hersteller in Maschinen, Technologien, Logistikkapazitäten und Know-how. Daraus ergeben sich auch für deutsche Anbieter Lieferchancen. So kooperiert einer der führenden polnischen Hersteller Natur Produkt Zdrovit Sp. z o. o. mit Krüger Polska Sp. z o. o. (Teil der deutschen Krüger Group) und der deutschen Dr. Theiss Naturwaren GmbH. Zdrovit verfügt über Qualitätszertifikate des Landesinstituts für Arzneimittel (Narodowy Instytut Leków). Das macht seine Produkte für Konsumenten attraktiver, die Wert auf die bestätigte Wirksamkeit von Nahrungsergänzungsmitteln legen.
Bessere Prüfung der Präparate angemahnt
Polens Oberste Kontrollkammer (Najwyższa Izba Kontroli; NIK) beanstandete Anfang 2022, dass die zuständigen polnischen Stellen neue Präparate nur lückenhaft prüfen würden. NIK kontrolliert das ordnungsgemäße Funktionieren staatlicher Organe und deren Umgang mit öffentlichen Geldern.
Laut NIK-Bericht analysierte das GIS von 2017 bis 2020 lediglich 11 Prozent der neuen Mittel. Bei einem Teil der Produkte dauere das Überprüfen Jahre. Einige Prüfverfahren hätten dabei ergeben, dass die Präparate nicht die Normen erfüllten und daher gar nicht als Nahrungsmittel verkauft werden dürften.
Besonders viele Unregelmäßigkeiten stellte NIK bei Artikeln fest, die über das Internet vertrieben werden. Die Kammer drängt darauf, vor allem die Registrierung der Präparate und die Aufsicht über ihre Markteinführung zu regulieren und effizienter zu gestalten.
Hersteller freuen sich über höhere Umsätze
Die Anbieter erwirtschaften derweil zum Teil zweistellige Umsatzzuwächse. So konnte die börsennotierte Gesellschaft SFD S.A. in den ersten drei Quartalen 2021 ihre Verkäufe gegenüber Januar bis September 2020 auf Złoty-Basis um 24 Prozent auf 40 Millionen Euro steigern. Sie erweiterte ihr Sortiment. SFD betreibt Polens größten Onlineshop für Nahrungsergänzungsmittel und baut gleichzeitig ihre Kette von stationären Geschäften aus. Auf E-Commerce spezialisiert ist das Unternehmen Sundose aus Lublin. Es vertreibt individuell angepasste Nahrungsergänzungsmittel.
Auch die börsennotierte Master Pharm S.A. steigerte ihre Verkäufe in den ersten drei Quartalen 2021 auf Złoty-Basis um 24 Prozent auf 12 Millionen Euro. Kräftig zulegen konnte die Firma Olivit, die 2021 ihre Premiummarke Osavi auf den Markt brachte. Eine rasche Verbreitung fanden auch Präparate der Marke 4F Fuel, die der Sportbekleidungshersteller OTCE im Sommer 2021 einführte. Zu den führenden polnischen Herstellern zählen außerdem Aflofarm Farmacja Polska Sp. z o. o. sowie USP Zdrowie (US-amerikanische USP Group), der nach eigenen Angaben führende Anbieter von rezeptfreien Arzneimitteln.
Der Landesrat für Nahrungsergänzungs- und Nährmittel (Krajowa Rada Suplementów i Odżywek ; KRSiO) hat 29 Mitgliedsfirmen, darunter Zdrovit. Er ist Partner der Messe World Food Poland, die vom 5. bis 7. April 2022 in Warschau stattfindet.
Apotheken verdienen gut mit OTC-Produkten
Neben Supermarkt- und Drogerieketten sind Apotheken wichtige Vertriebskanäle für Nahrungsergänzungsmittel. Die Anzahl der Apotheken sank bis Ende 2021 laut der einschlägigen Marktforschungsfirma PEX PharmaSequence auf 13.153. Demnach erwirtschafteten die Apotheken in Polen 2021 insgesamt 8,9 Milliarden Euro (auf Złoty-Basis +7,6 Prozent zu 2020). Nicht-rezeptpflichtige Präparate (Over-the-counter; OTC), zu denen auch Nahrungsergänzungsmittel gehören, hatten dabei mit 43 Prozent einen hohen Anteil (3,8 Milliarden Euro, +4,5 Prozent).