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Neue Technologien machen die Agrarwirtschaft auch für junge Menschen in dem Sektor attraktiv. Automatisierung, Digitalisierung und Effizienzsteigerung stehen im Vordergrund.
02.11.2022
Von Beatrice Repetzki | Berlin
Den gehobenen Qualitätsanforderungen der Konsumenten schieben die 2022 in Polen zweistellig gestiegenen Preise für Nahrungsmittel einen Riegel vor. Das Rennen machen nun die billigsten Produkte. Als Entlastung für die Bevölkerung belässt die polnische Regierung den Mehrwertsteuersatz für Grundnahrungsmittel bis Ende 2022 bei 0 Prozent.
Dem Erhalt und der Weiterentwicklung der Landwirtschaft dient ein vom Ministerrat Ende 2021 angenommener Strategischer Plan für die Gemeinsame Agrarpolitik 2023 bis 2027. Ein wesentlicher Aspekt dabei ist die Gewinnung der jungen Generation für diesen Sektor, die speziell gefördert wird.
Dass sich ein Engagement in der Landwirtschaft lohnt, zeigt sich zum Beispiel an der dynamischen Entwicklung der Geflügelzucht. Polen wurde zum größten Produzenten und Exporteur von weißem Fleisch in der EU. Die Ausfuhren von Geflügelfleisch betrugen 2021 laut der Landesstelle zur Förderung der Landwirtschaft (Krajowy Ośrodek Wsparcia Rolnictwa, KOWR) 2,7 Milliarden Euro, die von Rindfleisch 1,6 Milliarden Euro und die von Schweinefleisch 0,8 Milliarden Euro. Die gesamten Ausfuhren von Fleisch, Fleischprodukten und Lebendvieh bei allen Tierarten zusammen summierten sich 2021 auf 7,0 Milliarden Euro.
Der Mechanisierungsgrad der Landwirtschaft ist im allgemeinen hoch, mit Ausnahme von Gehöften in rückständigeren, entlegeneren Gegenden. Die Landwirtschaft soll weiter modernisiert sowie digitalisiert werden und dabei ihre Effizienz und den Umweltschutz verbessern. Polen will noch mehr Märkte weltweit beliefern und so auch mögliche Einbußen, etwa durch den Brexit, kompensieren und entstandene Engpässe auf Grund fehlender Lieferungen aus seinen östlichen Nachbarländern ausgleichen helfen.
Von Januar bis Mai 2022 stieg der Export von Nahrungsmitteln und Agrarerzeugnissen laut KOWR um 21,9 Prozent gegenüber den ersten fünf Monaten 2021 auf 17,9 Milliarden Euro. Polen kommt dabei auch der sehr schwache Wechselkurs des Złoty zu Gute. Drei Viertel der Exporte gingen in andere EU-Länder mit Deutschland an der Spitze (4,5 Milliarden Euro, +26,0 Prozent). Es expandierten aber auch Polens Importe auf insgesamt 12,5 Milliarden Euro (+27,6 Prozent).
Die EU-Kommission genehmigte bereits den Strategieplan Polens zur Gemeinsamen Agrarpolitik der EU 2023 bis 2027. Das Land erhält aus dem EU-Budget in diesem Fünfjahreszeitraum 22,1 Milliarden Euro, darunter direkte Zahlungen von 17,3 Milliarden Euro, und ergänzt selbst 3,1 Milliarden Euro. Die Mittel zur Entwicklung des ländlichen Raumes verwaltet die Agentur zur Umstrukturierung und Modernisierung der Landwirtschaft ARiMR.
Mit diesen Mitteln finanzieren die Landwirte auch Beschaffungen von Traktoren, Maschinen, Geräten und Beobachtungsdrohnen. Das eröffnet auch deutschen Anbietern von modernen Landmaschinen verschiedener Art, die zum Beispiel zur Automatisierung und/oder Digitalisierung der Prozesse beitragen und zu Effizienzsteigerungen führen, gute Zulieferchancen. Pflanzenschutzmittel importiert Polen in starkem Maße. Bewässerungsanlagen dürften künftig verstärkt benötigt werden.
Der Absatz neuer Traktoren betrug in den ersten drei Quartalen 2022 laut der Wirtschaftskammer für Landmaschinen PIGMiUR 8.859 Stück (-13,1 Prozent gegenüber Januar bis September 2021; 10.195 Stück). Die Mitgliedsfirmen dieser Kammer zeigten sich im März 2022 pessimistischer als noch im Oktober 2021. Nur noch 29 Prozent erwarteten für die nahe Zukunft steigende Verkäufe gegenüber zuvor 60 Prozent. Unklarheiten des Steuersystems, weitere Vorschriften und der Krieg in der Ukraine drücken auf die Stimmung.
Marke | Absatz | Marktanteil | Veränderung (2022/2021) *) |
---|---|---|---|
New Holland | 951 | 17,0 | -23,8 |
John Deere | 758 | 13,5 | 15,7 |
Kubota | 532 | 9,5 | -26,4 |
Deutz Fahr | 484 | 8,6 | -26,1 |
Case IH | 467 | 8,3 | -4,7 |
Massey Ferguson | 367 | 6,6 | 10,2 |
Zetor | 334 | 6,0 | -34,8 |
Übrige | 315 | 5,6 | 47,2 |
Farmtrac Tractors Europe | 272 | 4,9 | 8,8 |
Claas | 238 | 4,3 | -9,5 |
Valtra | 207 | 3,7 | -15,5 |
Steyr | 184 | 3,3 | 4,0 |
Fendt | 145 | 2,6 | -9,4 |
Lovol | 125 | 2,2 | -24,2 |
Arbos | 61 | 1,1 | -71,5 |
MC Cormick | 46 | 0,8 | 27,8 |
TYM | 43 | 0,8 | -38,6 |
Landini | 42 | 0,8 | -2,3 |
Ursus | 27 | 0,5 | -35,7 |
Insgesamt | 5.598 | 100,0 | -13,8 |
Die polnischen Konsumenten legen Wert auf „gesunde“ Nahrungsmittel mit möglichst wenigen Zusatzstoffen. Regionale inländische Erzeugnisse sind beliebt. Die Nachfrage nach ökologischen, vegetarischen und veganen Produkten steigt, wenn auch von niedrigem Niveau aus. Die Verkäufe von ökologischen Erzeugnissen betrugen 2021 laut der Koalition zur Entwicklung des Marktes für BIO-Nahrungsmittel (Koalicja na rzecz Rozwoju Rynku Żywności BIO) und Nielsen IQ knapp 300 Millionen Euro. Das entsprach erst 0,5 Prozent des gesamten Nahrungsmittelmarktes.
Der Wachstumstrend schafft weitere Zulieferchancen etwa für deutsche Anbieter von Öko-Fleischerzeugnissen, Produkten auf Sojabasis und anderen verpackten Öko-Nahrungsmitteln. Die Anzahl der zertifizierten Öko-Bauernbetriebe stieg 2021 laut dem Inspektor für die Handelsqualität von Agrar- und Nahrungsmittelartikeln GIJHARS auf rund 20.200, die insgesamt 509.000 Hektar bewirtschafteten.
Polen setzt vielfach Drohnen ein, deren Aufnahmen über die Bodenbeschaffenheit Auskunft geben. Dadurch können Landwirte Felder für Aussaaten besser erkennen und auswählen. Anschließend werden angebaute Früchte aus der Luft überwacht, und Schäden etwa durch Dürre werden besser erkannt. Die Nutzung der Drohnen dürfte sich auf Transport und Logistik weiter ausdehnen.
Der führende Hersteller von Kunstdünger, Grupa Azoty S.A., bietet zusätzlich zu seinen Produkten einen kompletten Düngeservice an. Er verwendet Satellitenaufnahmen zur nicht-invasiven Analyse von Agrarflächen und setzt sich für eine technologiebasierte Präzisionslandwirtschaft ein.