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Polen: Forstwirtschaft möchte digitaler werden
Polen ist fünftgrößter Rundholz-Produzent der EU. Mit größeren Investitionen halten sich die Betriebe aber zurück. Neue Fördergelder könnten das ändern. (Stand: 21. Oktober 2021)
Von Christopher Fuß | Warschau
Der wichtigste Akteur in der Forstwirtschaft ist die öffentliche Holding Staatswälder (Lasy Państwowe; LP). Der private Forst spielt bei der Holzproduktion kaum eine Rolle. Obwohl sich 19,3 Prozent aller Wälder in nicht-öffentlicher Hand befinden, stammen nur rund 3 Prozent aller Rundhölzer aus privaten Liegenschaften. LP dominiert den Markt mit einem Anteil von 92 Prozent.
Wälder bedecken über ein Viertel der Fläche Polens. Die größten forstwirtschaftlichen Gebiete existieren in den Woiwodschaften Lubuskie und Podkarpackie. Nadelbäume machen rund 75 Prozent der jährlichen Holzernte aus.
2018 | 2019 | 2020 | |
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Produktion von Rundholz (in 1.000 Kubikmetern) | 45.590 | 42.366 | 39.674 |
Beschäftigung in der Forstwirtschaft | 72.600 | 63.200 | 72.300 |
Umsatz der Forstwirtschaft (in Millionen Euro) | 2.418 | 2.241 | k.A. |
Investitionen der Forstwirtschaft (in Millionen Euro) | 214,6 | 196,3 | k.A. |
Staatsbetrieb verkauft Holz nur online
Das staatliche Forstunternehmen LP verkauft auf zwei Internetplattformen: über den Ausschreibungsdienst Waldholzportal (Portal Leśno-Drzewny; PLD) und das Auktionshaus E-Holz (E-Drewno). Jährlich vertreibt LP 40 Millionen Kubikmeter Holz, davon bis zu 80 Prozent über Ausschreibungen. Wo gefällt werden soll, regeln die Bewirtschaftungspläne (Plan Urządzenia Lasu; PUL) der Förstereien.
Bei der Bewirtschaftung der Wälder greift LP auf eigene Regionalbüros und auf die Unterstützung von Dienstleistern (Zakład usług leśnych; ZUL) zurück. Die ZUL übernehmen Aufgaben wie den Holzeinschlag oder die Aufforstung. Im Jahr 2021 zahlte LP rund 630 Millionen Euro an externe Betriebe.
Verarbeitende Industrie kritisiert Holzausfuhren
Polen exportiert etwa doppelt so viel Holz wie es importiert. China kaufte 2020 fast die Hälfte aller polnischen Rohholz-Exporte. Damit hat das Reich der Mitte Deutschland von Platz eins der größten Abnehmer verdrängt. Polens wichtigste Lieferanten waren 2020 Deutschland, Skandinavien, das Baltikum und Belarus.
Die Holzausfuhren sorgen für Kontroversen. Heimische Verarbeiter kämpfen mit gestiegenen Rohstoffkosten. Im August 2021 lagen die Auktionspreise von LP im Schnitt um 71 Prozent über dem Vorjahreswert. Mitverantwortlich sind nach Ansicht der Wirtschaftskammer der Holzindustrie Polens (Polska Izba Gospodarcza Przemysłu Drzewnego; PIGPD) die Exporte in die USA. Auf dem amerikanischen Markt könnten Händler nach Angaben des Verbandes aktuell viermal höhere Umsätze als in Polen erzielen.
PIGPD fordert die Staatsholding LP auf, ein Exportverbot zu verhängen. Bliebe mehr Holz in Polen, würden auch die lokalen Preise sinken. Sorge bereitet der Kammer die Situation in China. Die Volksrepublik benötige dringend Holz und habe kaum eigene Vorkommen.
LP kontert, man exportiere selber kein Holz. Ferner habe man keinen Einfluss darauf, wie Kunden das eingekaufte Holz verwenden. Händler können es ausführen. Tatsächlich hat LP aber Ende September 2021 die Verkaufsbedingungen angepasst. Bislang ist der Preis das alleinige Zuschlagskriterium bei den Ausschreibungen im PLD. Ab 2022 berücksichtigt LP auch, ob der Käufer das Holz verarbeitet und wo die Verarbeitung stattfindet. Firmen mit Verarbeitung in der Europäischen Union (EU) erhalten bei der Angebotsbewertung einen Bonus.
Sägewerke sind bei Investitionen zurückhaltend
Der Markt für die Bearbeitung von geschlagenem Holz in Sägewerken ist sehr kleinteilig. Laut PIGPD beschäftigt nur 1 Prozent der landesweit 9.300 Sägewerke mehr als 50 Personen. Die Sägeindustrie erwirtschaftet aufgrund der niedrigen Wertsteigerung kleinere Gewinne als andere Zweige der Holzwirtschaft. Die leistungsfähigsten Betriebe Polens gehören zu internationalen Möbel- und Papierkonzernen, darunter Stalment, Ikea und Stora Enso.
Große Investitionsprojekte sind aktuell die Ausnahme. Das Sägewerk Tartak Gałka nahm 2020 eine neue Produktionsstätte für 8 Millionen Euro in Betrieb. Der Holzverarbeiter KPPD investiert 2021 rund 5,2 Millionen Euro in neue Anlagen. Nahe der Stadt Wieluń baut die Firma Tartak Witkowscy ein neues Werk für die Produktion von Brettschichtholz.
Vorerst auf Eis liegt ein Großprojekt des österreichischen Sägebetriebs Binderholz. Das Unternehmen wollte in Warmińsko-Mazurskie einen Produktionsstandort für 300 Millionen Euro aufbauen. Lokale Sägewerke fürchteten, der internationale Konkurrent würde den gesamten Holzbestand aufkaufen. Proteste bei der Gemeinde hatten Erfolg. Binderholz erhielt kein Bauland. Jetzt sucht das Unternehmen nach einer fertigen Halle zum Kauf.
Die Forstgesellschaft LP möchte in Technologien und Software zur Erfassung des Holzbestandes und zur Überwachung der Wälder investieren. Ohne Preise zu nennen, kündigte die Holding im September 2021 an, Drohnen und Brandschutztechnik einzukaufen. Bislang sind die jährlichen Investitionen von LP rückläufig. 2020 gab das Unternehmen für Maschinen und Werkzeuge 3,8 Millionen Euro aus. Im Jahr 2018 waren es noch 7,6 Millionen Euro.
Auch die ZUL halten sich mit Ausgaben zurück. Oft fehlt es an Kapital. Kleinstbetriebe mit weniger als neun Beschäftigten prägen den Markt. Laut Branchenzeitung Gazeta Leśna hatten im September 2021 nur 11 Prozent der Unternehmen Pläne für weitere Anschaffungen.
Firma | 2019 | Veränderung 2018/2019 |
---|---|---|
Ikea Industry Poland | 1.140 | -1,5 |
Stelmet S.A. | 143 | 8,9 |
Stora Enso Wood Products | 126,1 | -5,5 |
KPPD Szczecinek S.A. | 70,9 | -1,5 |
Tartak Olczyk | 49,1 | 37,9 |
Neue Maschinen mit EU-Geldern
Der neue Haushalt der EU könnte die Investitionen ankurbeln. Im Rahmen der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) erhält Polen zwischen 2021 und 2027 rund 22 Milliarden Euro. Die Mittel sollen auch in Technologien zur Bewirtschaftung von Wäldern fließen. Hierzu gehören etwa Fäll- und Schneidwerkzeuge oder Transportmittel. Projekte rund um Aufforstung und Brandschutz haben ebenfalls Anspruch auf Unterstützung.
Profitieren könnten darüber hinaus die Forstbetriebe ZUL. Das Umweltministerium kündigte in einem Strategiepapier an, über die EU-Töpfe Zuzahlungen für den Kauf von Waldmaschinen bereitzustellen. Unternehmen, die beispielsweise Holzvollernter einkaufen, erhalten Subventionen in Höhe von bis zu 111.000 Euro. Ab 2022 könnten erste Maßnahmen aus der GAP starten.
Ähnliche Programme trafen in der Vergangenheit auf großes Interesse. Davon profitierten auch deutsche Hersteller. Der Wert der aus Deutschland nach Polen exportierten Agrar- und Forstmaschinen stieg zwischen 2016 und 2020 um 69 Prozent auf zuletzt 473,5 Millionen Euro.
Bezeichnung | Anmerkungen |
---|---|
Anlaufstelle und Kontaktvermittler für deutsche Unternehmen | |
Hat die Aufsicht über die Holding Staatswälder (Lasy Państwowe) | |
Staatliche Gesellschaft, die 75 Prozent aller Wälder in Polen verwaltet | |
Über das Ausschreibungsportal verkauft Lasy Państwowe Holz | |
Über das Auktionshaus verkauft Lasy Państwowe Holz | |
Polska Izba Gospodarcza Przemysłu Drzewnego | Kammer der Holzwirtschaft Polens |
Związek Polskie Okna i Drzwi | Verband Polnische Türen und Fenster |
Ogólnopolska Izba Gospodarcza Producentów Mebli | Kammer der Möbelproduzenten Polens |
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Katalog mit den größten Sägewerken und holzverarbeitenden Betrieben in Polen |