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Polen will Fahrradproduktion verdoppeln

Das Fahrrad wird auch in Polen zu einem immer wichtigeren Verkehrsmittel. Vor allem E-Bikes werden immer beliebter. Unternehmen investieren in die Produktion.

Von Beatrice Repetzki | Berlin

Vom Nachfrageboom bei Fahrrädern, den die Coronakrise ausgelöst hat, wollen auch polnische Fahrradhersteller profitieren. Ihr Blick geht dabei auf die europäischen Exportmärkte. Der Absatz von Fahrrädern stieg laut der Confederation of the European Bicycle Industry (CONEBI) in der Europäischen Union und dem Vereinigten Königreich 2020 um 11 Prozent auf 22 Millionen Stück. Das Segment der E-Bikes wuchs gegenüber 2019 sogar um 34 Prozent auf 4,5 Millionen Stück. Der Umsatz mit Fahrrädern wuchs europaweit um 40 Prozent auf 18,3 Milliarden Euro.

Im Jahr 2020 war die Fahrradproduktion in Polen zwar vorübergehend rückläufig. Die Coronakrise hatte laut Mateusz Pytko, dem Direktor der Polnischen Fahrradvereinigung (Polskie Stowarzyszenie Rowerowe), die Lieferketten von Komponenten unterbrochen. Prognosen zufolge dürfte sich der Output aber künftig dank weiterer Investitionen verdoppeln, von aktuell knapp 1 Million Fahrräder auf über 2 Millionen Fahrräder jährlich. 

Produktion von Fahrrädern in Polen 2020 (Menge in Stück, Veränderung zu 2019 in Prozent)

Produktart

Menge

Veränderung

Fahrräder, darunter

984.216

-13,2

   Tourenräder und Citybikes

720.880

-35,3

   Mountainbikes

198.363

-3,6

   Kinderfahrräder

21.734

67,9

Quelle: Statistisches Hauptamt GUS, Industrieproduktion 2020 vom 30. Juli 2021

 

Decathlon baut große Fabrik 

In zusätzliche Produktionskapazitäten investieren nicht nur bekannte polnische Hersteller wie Kross und Romet. Die portugiesische Gesellschaft RTE S.A. errichtet noch bis Ende 2021 in Brześć Kujawski in der Woiwodschaft Kujawien-Pommern (Kujawsko-Pomorskie) für den französischen Sportartikelhersteller Decathlon eine große Fahrradfabrik. Die Investitionskosten belaufen sich auf rund 17 Millionen Euro.

In dem neuen Werk sollen pro Jahr über 1 Million Fahrräder von den Bändern rollen, die für den europäischen Markt bestimmt sind. Anfang 2022 wird die Fabrik ihren regulären Betrieb aufnehmen, zunächst mit Kinderfahrrädern und Mountainbikes. Später soll praktisch die gesamte Produktpalette der Fahrräder von Decathlon dort gefertigt werden.

Polens Fahrradmarkt bietet auch deutschen Unternehmen Potenzial

Deutsche Firmen können von dem Fahrradboom in Polen in verschiedener Hinsicht profitieren. Sie können nicht nur Maschinen, Anlagen und Teile für die Produktion der technisch immer aufwändigeren Fahrräder an die Hersteller liefern, sondern auch Zubehör wie Helme oder Taschen an die Konsumenten. Für Fahrräder aus deutscher Produktion gibt es Marktnischen. Von den deutschen Exporten von insgesamt gut 1,6 Millionen Fahrrädern und E-Bikes im Jahr 2020 gingen laut dem Zweirad-Industrie-Verband (ZIV) 8 Prozent nach Polen.

Die Verkäufe von Fahrrädern summierten sich in Polen 2020 insgesamt auf 338 Millionen Euro. Im Jahr 2021 verfügen laut der Marktforschungsfirma Euromonitor International 61 Prozent der Haushalte über mindestens ein Fahrrad. Das ist weniger als in Deutschland (77,9 Prozent), aber mehr als in Frankreich (56,9 Prozent). Da es fortlaufend Neuheiten gibt, werden ältere Fahrräder auch ersetzt. 

Run auf E-Bikes

Insbesondere E-Bikes sind verstärkt gefragt. Deren Absatz könnte sich 2021 der 100.000-Stück-Marke nähern. Auch in Polen verlieren Pedelecs allmählich ihr Image als Zweiräder für Senioren. "In absehbarer Zukunft werden elektrische Fahrräder die Hälfte der Verkäufe ausmachen", erwartet der Geschäftsführer bei Kross, Jacek Bugaj. Ein weiterer Grund für die steigenden Verkaufszahlen sind die sinkenden Preise für E-Bikes.

Diesen Trend bestätigt der Handelsdirektor für Radsport bei Decathlon in Polen, Rafał Gebara. Der Anteil der E-Bikes am Fahrradmarkt in Polen liege zwar erst bei 5 Prozent, die Verkaufszahlen würden sich aber jährlich mehr als verdoppeln. Am größten ist das Interesse an Elektrofahrrädern in der Preisspanne von 2.500 bis 4.000 Złoty (543 bis 868 Euro), wie die Sprecherin von MediaMarkt Saturn Polska, Wioletta Batóg mitteilt. Während laut einer Untersuchung von YouGov im europäischen Durchschnitt knapp 17 Prozent der Verbraucher die Anschaffung eines Elektrofahrrades erwägen, sind es in Polen sogar 26 Prozent.

Mit der Firma eGroclin aus Poznań (Posen) gibt es in Polen auch einen einheimischen Hersteller von E-Bikes. In der Nähe von Kraków (Krakau) fertigt das Unternehmen Pedelecs mit asiatischen Komponenten. Laut Firmenvorstand Michał Seidel plant eGroclin, ab 2023 auch den deutschen Markt zu bedienen. Über seine firmeneigene E-Commerce-Plattform Multibike ist eGroclin bereits seit 2018 im Onlinehandel aktiv.

Corona gibt dem Radfahren Rückenwind    

Im Zuge der Coronakrise entdecken immer mehr Menschen das Radfahren für sich, sowohl als Freizeitsport wie auch für Alltagswege. Deshalb wird die entsprechende Infrastruktur ausgebaut. So entstehen zum Beispiel neue Fahrradrouten für Touristen in den Woiwodschaften Małopolska (Kleinpolen), Pomorze Zachodnie (Westpommern) und Pomorze (Pommern). Für den Radtourismus bereits gut erschlossen ist die Danziger Bucht. 

Das Geschäft der Fahrradverleiher erholt sich nach den Beschränkungen des Lockdowns zwar wieder, erreicht aber das Vorkrisenniveau noch nicht. Zudem werden Elektroroller zunehmend zur Konkurrenz. Hinzu kommt, dass sich immer mehr Menschen ein eigenes Rad kaufen und keines mehr leihen.

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