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Wachstumschancen nicht nur dank polnischer Investoren

Für Entwicklungsprojekte und Qualitätskontrollen brauchen Unternehmen Analysen-, Bio- und Labortechnik. Der Bedarf in Polen steigt, denn viele Branchen wollen innovativer werden.

Von Christopher Fuß | Warschau

Polen bezieht aus keinem Land so viel Analysen-, Bio- und Labortechnik wie aus Deutschland. Rund ein Drittel des Jahresimports kommt von deutschen Lieferanten. Einen Wermutstropfen gibt es aber: Obwohl der Wert der Einfuhren seit Jahren steigt, geht der Anteil Deutschlands an Polens Importen zurück. China setzt zur Aufholjagd an. Während 2018 noch 8,4 Prozent aller Einfuhren aus dem Reich der Mitte stammten, waren es 2022 schon 12,8 Prozent.

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Pharmabranche will innovativer werden

Zu den bedeutendsten Abnehmern gehört die Pharmaindustrie. Polen will mehr sogenannte aktive pharmazeutische Wirkstoffe (API) selber herstellen. Im Februar 2023 hat das Wirtschaftsministerium 52 Wirkstoffe identifiziert, die für die medizinische Versorgung besonders wichtig sind. Nur 19 dieser Substanzen kann Polen aktuell selbst herstellen. Ein Dialog mit den Herstellerfirmen soll helfen, mehr Produktion ins Land zu holen.

Einige Firmen ergreifen bereits jetzt die Initiative. Polpharma investiert bis 2025 rund 33 Millionen Euro. Mit dem Geld will das Unternehmen Forschungslabore errichten und die Produktion von Wirkstoffen hochfahren. Auch Konkurrent Adamed nimmt zusätzliche Mittel in die Hand. In der Nähe von Warschau baut das Unternehmen ein Entwicklungszentrum, um an mRNA-Technologien zu arbeiten. Ein grundsätzliches Problem bleibt laut Branchenverband Medtech Polska aber, dass kaum ein Land in Europa so wenig Geld für medizinische Diagnosen ausgibt wie Polen.

Kunststoffproduktion in Polen wächst

Umfangreicher scheinen die Budgets in der Chemiebranche. Der staatliche Mineralölkonzern Orlen will seine Raffinerie in Płock bis 2027 um eine neue Olefin-Produktion erweitern. Die synthetische Faser ist unter anderem Bestandteil von Stoffbezügen. Angaben von Orlen zufolge liegen die Kosten der Anlage bei 5,5 Milliarden Euro. Analysetechnik wird eine wichtige Rolle spielen, um die Qualität der Olefine zu überwachen.

Nicht weniger ambitioniert ist die Anlage der staatlichen Azoty-Gruppe in der Ortschaft Police. Die rund 1,5 Milliarden Euro teure Polypropylen-Produktion nahm im Juni 2023 ihren Betrieb auf, inklusive Gasterminal und Propan-Dehydrierungsanlage. Auch hier müssen die Mitarbeitenden die Zusammensetzung von Ausgangsstoffen und Endprodukt überprüfen. Das kurbelt den Bedarf nach entsprechenden Untersuchungswerkzeugen an.

Batteriehersteller produzieren für den Export

Während in Polens Chemieindustrie heimische Staatsbetriebe den Ton angeben, dominieren im Batteriemarkt ausländische Konzerne. Deutsche Zulieferer müssen bei den internationalen Firmen bedenken, dass die Entscheidung über eine Zusammenarbeit mit Zulieferern nicht zwangsläufig in Polen fällt.

Entscheidend für Polens Batterieindustrie war die Ansiedlung des südkoreanischen Herstellers LG bei Wrocław. Zulieferer wie Elektrolyt-Produzent Enchem oder SK Innovation folgten nach. Europaweit steigende Verkaufszahlen von Elektrofahrzeugen sorgen dafür, dass die Unternehmen ihre Kapazitäten weiter ausbauen. LG beispielsweise erweitert seinen Jahresausstoß von aktuell 86 Gigawattstunden auf 115 Gigawattstunden bis 2025.

Volkswagen-Partner Umicore wiederum vergrößert sein Werk für die Produktion von Kathodenmaterial im südpolnischen Radzikowice. Daran angeschlossen ist auch ein Prüflabor. Branchenportale schätzen den Wert der neuen Infrastruktur auf 660 Millionen Euro. Der schwedische Batteriehersteller Northvolt ist mit dem Bau seiner Fabrik bei Gdańsk im Sommer 2023 fertig geworden. Aktuell montiert das Unternehmen Produktionslinien und Laborausrüstung. Führender Batteriehersteller mit polnischem Eigentümer ist die Firma Impact Clean Power Technology. Sie arbeitet derzeit an einem Werk bei Warschau, inklusive Forschungs- und Entwicklungszentrum.

Während Polen zu einem der führenden Batteriestandorten Europas zählt, befindet sich die Halbleiterfertigung noch am Anfang. Chipriese Intel kündigte im Juni 2023 an, ein Montage- und Testzentrum für 4,2 Milliarden Euro zu bauen. Es ist nicht die einzige Investition des amerikanischen Technologiekonzerns. Aktuell erweitert das Unternehmen auch sein Entwicklungszentrum in Gdańsk. Rund 4.000 Menschen arbeiten hier an neuen Hardware- und Softwarekomponenten.

Forschungsprojekte erhalten mehr Förderung

Ein Hemmnis für den Absatz von Analysen-, Bio- und Labortechnik ist, dass die Budgets in Polen vergleichsweise klein sind. Im EU-Durchschnitt fließen 2,3 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) in Forschung und Entwicklung. In Polen sind es dagegen nur 1,4 Prozent des BIP. Einiges spricht aber dafür, dass die Forschungsausgaben in Zukunft steigen werden. Anfang 2022 traten Steuererleichterungen für forschende Unternehmen in Kraft. In der aktuellen EU Haushaltsperiode sind viele Fördergelder an die Bedingung geknüpft, Innovationen zu entwickeln.

Einige Förderprogramme richten sich sogar direkt an Forschungslabore und finanzieren den Kauf neuer Gerätschaften. Im März 2023 lief eine solche Maßnahme an, finanziert aus dem europäischen Wiederaufbaufonds. Weitere Programme listet das Ministerium für Fonds und Regionale Entwicklung auf einer Sonderseite.

Staatliche Institutionen betreuen und verwalten die EU-Programme. Hierzu gehören das nationale Forschungszentrum NCBR (Narodowe Centrum Badań i Rozwoju) und der staatliche Umweltfonds NFOŚiGW (Narodowy Fundusz Ochrony Środowiska i Gospodarki Wodnej). Beide Stellen haben außerdem eigene Budgets und starten Programme mit Mitteln aus dem polnischen Staatshaushalt.

Institute und Universitäten

Über 30 Forschungsinstitute haben sich im Łukasiewicz Netzwerk zusammengeschlossen. Die Einrichtungen betreiben angewandte Forschung im Auftrag von Unternehmen. Tests und Zertifizierungen gehören ebenfalls zum Angebot.


In internationalen Rankings schneiden die Technische Universität Gdańsk, die Bergbauuniversität Krakau oder die Technische Hochschule Łódź gut ab. Die Hochschulen investieren. So baut beispielsweise die Technische Universität Gdańsk ein Forschungszentrum für Umweltprojekte.

Der NFOŚiGW könnte eine wichtige Rolle bei der Wiederbelebung des Grenzflusses Oder spielen. Nach dem großen Fischsterben 2022 hat Polens Infrastrukturministerium ein Gesetz zur Revitalisierung des Gewässers präsentiert. Kläranlagen und Abwassernetze im Wert von rund 1 Milliarde Euro sollen entstehen. Außerdem sind zusätzliche Mittel für die Gewässeraufsicht und für die Ausstattung von Prüflabore eingeplant.

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