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Deutsche Wettbewerbsposition | Polen

Der Außenhandel stützt die deutsch-polnischen Beziehungen

Im Jahr 2020 war Polen erstmals der fünftgrößte Handelspartner Deutschlands. Die Aussichten bleiben trotz politischer Diskussionen und steigender Konkurrenz positiv.

Von Christopher Fuß | Warschau

Seit 2010 hat sich das Handelsvolumen zwischen Deutschland und Polen nahezu verdoppelt. Begünstigt wurde diese Entwicklung auch durch Fördergelder der Europäischen Union (EU), durch den europäischen Binnenmarkt und durch staatliche Investitionsprogramme. Deutsche Firmen, darunter Automobilhersteller und Maschinenbauer, nutzen Polen als Fertigungsstandort. Investoren schätzen die EU-Mitgliedschaft des Landes, die Qualifikationen der Beschäftigten und das lokale Netz an qualifizierten Zulieferern. Verstärkt entstehen auch sogenannte Shared Service Center.

Polen bietet weiterhin Absatzpotenziale. Das Land investiert in Automatisierungstechnik. Der Energiesektor und das Transportwesen stehen vor einem Umbruch. Im Gesundheitswesen steigen die Investitionen. Doch es gibt Risiken. Die Europäische Kommission sieht Polens Rechtsstaatlichkeit in Gefahr. Daher fließen aktuell keine Mittel aus dem europäischen Wiederaufbaufonds. Die zunehmend interventionistische Wirtschaftspolitik des Landes erschwert Prognosen. In wichtigen Industriezweigen verfolgen Deutschland und Polen unterschiedliche Strategien.

Polen auf einen Blick

Polen importierte 2020 laut Eurostat Waren im Wert von 228,7 Milliarden Euro, davon stammten 27,6 Prozent aus Deutschland. Destatis zufolge lag Polen auf Rang 6 der wichtigsten deutschen Absatzmärkte.

Polen exportierte 2020 laut Eurostat Waren im Wert von 239,2 Milliarden Euro. 28,9 Prozent davon gingen nach Deutschland - Rang 4 der wichtigsten deutschen Bezugsmärkte.

Laut Bundesbank waren 2019 rund 1.410 deutsche Unternehmen in Polen ansässig, hauptsächlich in den Woiwodschaften Mazowieckie, Wielkopolskie und Dolnośląskie. Damit stellen deutsche Firmen etwa 420.000 Arbeitsplätze im Land.

Deutschland behauptet sich gegenüber China

Der Anteil deutscher Waren am Gesamtimport Polens bleibt hoch. Beide Volkswirtschaften sind auf Vorprodukte aus dem jeweiligen Nachbarland angewiesen. China konnte zulasten anderer europäischer Partner aufholen. Bei öffentlichen Ausschreibungen, beispielsweise im Kraftwerksbau, rufen chinesische Firmen die niedrigsten Preise auf. Das bilaterale Verhältnis zwischen Polen und China hat sich indes verschlechtert, auch weil der Warenaustausch sehr einseitig ausfällt. Hinzu kommen Sicherheitsbedenken Polens bei Schlüsseltechnologien. Chinesische Tesla-Zulieferer wie Tuopu investieren aber in Standorte nahe der Grenze zu Deutschland.

Polens Handel mit Russland ist unter anderem nach Sanktionen im Zuge der russischen Krim-Annexion eingebrochen und wird sich auf absehbare Zeit nicht erholen. Der Warenverkehr zwischen Polen und weiteren Ländern in Mittelosteuropa (MOE) spielt nur eine untergeordnete Rolle. Geplante und laufende Infrastrukturprojekte sollen den regionalen Austausch aber fördern.

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Polnische und internationale Wettbewerber holen auf

Deutsche und internationale Chemieexporteure bekommen in Polen zunehmend Konkurrenz durch heimische Anbieter wie PKN Orlen, Grupa Azoty, Ciech und Synthos. Insbesondere bei kohlenstoffbasierten Produkten und bei Kunststoffen holen polnische Unternehmen auf. Gut entwickelt haben sich Deutschlands Pharmaexporte. Die Aussichten im Medizinbereich bleiben positiv. Polen erhöht bis 2027 seine öffentlichen Gesundheitsausgaben. Noch dynamischer haben sich die Arzneimitteleinfuhren aus Belgien entwickelt. Das Land ist ein wichtiger Produktionsstandort für Impfstoffe. Die Pharmabranche genießt dort traditionell einen hohen Stellenwert.

Bei den Maschinenexporten nach Polen verteidigt Deutschland seine Führungsrolle. China drängt in den Segmenten Heiz- und Klimatechnik sowie in der Energiewirtschaft vor. Fördermaßnahmen der polnischen Regierung versprechen weiterhin gute Absatzchancen. Firmen wie China National Electric Engineering versuchen, auf dem polnischen Strommarkt Fuß zu fassen.

Deutschland bleibt Polens größter Lieferant im Automobilsektor. Andere westeuropäische Länder verlieren Marktanteile. Der Warenaustausch zwischen Polen, Tschechien und der Slowakei steigt. Automobilhersteller und Zulieferer bauen ihre Produktionskapazitäten vor allem in den grenznahen Regionen Dolnośląskie und Śląskie aus. Der Fahrzeughandel zwischen den MOE-Ländern wird weiter wachsen. Südkoreanische Investitionen stärken Polens Batterieexporte.

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Hauptlieferanten wichtiger Produkte (Anteil in Prozent) 1)

Rang

Produkt

2000

2010

2020

Chemische Erzeugnisse 2)

1

Deutschland

28,7

30,9

27,9

2

Belgien

6,1

7,7

8,6

3

Niederlande

6,5

7,8

7,6

Maschinen 3)

1

Deutschland

37,3

36,0

35,8

2

China

0,5

4,3

10,3

3

Italien

14,7

14,3

8,9

Kfz und -Teile 4)

1

Deutschland

32,1

39,5

36,3

2

Italien

11,5

8,6

6,9

3

Tschechien

4,7

6,5

6,9

1) Anteile der größten Liefernationen bei den für Deutschland bedeutendsten Exportprodukten nach Polen; 2) SITC-Gruppen 51 bis 59 3) SITC-Gruppen 71 bis 74; 4) SITC-Gruppe 78Quelle: Eurostat, 2022

Rohstoffe aus Polen könnten bei der Energiewende helfen

Polen verfügt über bedeutende Kupfer- und Silbervorkommen. Fast der gesamte Abbau findet in Bergwerken des Unternehmens KGHM in Dolnośląskie statt. Auch Blei wird in einigen Minen gefördert. Die Rohstoffe sind für die Produktion verschiedener Artikel wie Batterien, Fotovoltaik-Paneele und Windkraftanlagen von großer Bedeutung

Im Rahmen des europäischen IPCEI-Mechanismus (Important Projects of Common European Interest) forschen polnische Unternehmen an Recyclingtechnologien für Batterien. Mittelfristig könnte sich Polen zu einem Lieferanten von aus Akkumulatoren wiedergewonnenen Materialien entwickeln.

Befragungen zeigen, dass deutsche Unternehmen eine Rückverlagerung ihrer Lieferketten aus Asien nach MOE abwägen. Polen könnte als größter regionaler Markt davon profitieren. Nicht auszuschließen ist, dass vom neuen deutschen Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz weitere Impulse ausgehen werden.

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