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Branchen | Portugal | Medizintechnik

Marktentwicklungen und -trends

Portugal deckt den Bedarf an Medizintechnik vor allem durch Importe. Der größte Abnehmer ist der staatliche Gesundheitsdienst, insbesondere durch seine Krankenhäuser.

Von Oliver Idem | Madrid

Branchenkenner beziffern den Markt für Medizintechnik 2021 auf knapp 1,24 Milliarden Euro. Die Analysten von Fitch Solutions rechnen für die darauffolgenden Jahre mit einem kontinuierlichen Wachstum.

Marktvolumen soll bis 2025 kontinuierlich zulegen

Bis 2025 soll sich ein Marktvolumen von 1,52 Milliarden Euro ergeben. Die größten Produktgruppen in Portugal bilden medizinische Geräte sowie Verbrauchsmaterial.

Portugal ist bei einer Reihe von wichtigen medizintechnischen Erzeugnissen überwiegend auf Importe angewiesen. Das betrifft beispielsweise Anästhesie-, Beatmungs- und Ultraschallgeräte. Rollstühle, künstliche Gelenke und Herzschrittmacher stammen ebenfalls vorwiegend aus dem europäischen Ausland.

Importe von Medizintechnik stammen zumeist aus Spanien oder Deutschland. Weitere wichtige Lieferländer sind Frankreich, Italien, die Niederlande und Belgien. Außereuropäische Länder spielen nur eine geringe Rolle.

Bei den Exporten sind ebenfalls europäische Länder die wichtigsten Handelspartner, wenn auch mit einem geringeren Anteil als bei den Importen. Bei den anderen Zielmärkten macht sich die enge Verbindung Portugals zu seinen früheren Kolonien bemerkbar. So sind Angola und Mosambik bedeutsame Abnehmer für medizintechnische Produkte aus Portugal. Bei einem geschäftlichen Interesse an diesen Ländern kann Portugal durch die engen wirtschaftlichen Verbindungen einen Brückenkopf bilden, um den Markteintritt zu erleichtern.

Innerhalb der Europäischen Union (EU) ist Portugal ein verhältnismäßig kleiner Markt für Medizintechnik. Die höchste Nachfrage entfällt auf den staatlichen Gesundheitsdienst Serviço Nacional de Saúde (SNS). Dessen finanzielle Möglichkeiten sind jedoch begrenzt, was sich in längeren Wartezeiten auf Zahlungen ausdrücken kann. Zudem sind im staatlichen System erhebliche Schulden aufgelaufen.

Private Gesundheitseinrichtungen fragen ebenfalls Medizintechnik nach, allerdings sind die Volumina deutlich geringer als bei staatlichen Aufträgen.

Aufgrund unterschiedlich weit gefasster Produktgruppen kursieren zur Produktion und dem Außenhandel verschiedene Angaben. Entsprechend unterscheiden sich je nach Quelle auch die Marktvolumina, die sich daraus ergeben.

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Großteil der EU-Gelder für Gesundheitssektor vorgesehen

Bereits vor der Coronapandemie bestand Investitionsbedarf im staatlichen Gesundheitswesen. Obwohl die Ressourcen schon vor Covid-19 knapp waren, konnten die meisten Wellen der Pandemie bewältigt werden. Ein Grundpfeiler dafür war, Krankenhaus- und Intensivbetten für die schweren Fälle vorzuhalten. Zudem wurden Tests in separaten Bereichen vor Krankenhäusern durchgeführt, damit potenziell Infizierte die Gebäude gar nicht erst betreten mussten. 

Im Herbst 2021 erreichte Portugal eine der höchsten Impfquoten weltweit und erhielt viel Lob für die durchorganisierte Kampagne. Ebenso fand der bei der EU-Kommission eingereichte Aufbau- und Resilienzplan des Landes Anerkennung für die ehrgeizigen und weitsichtigen Ziele, die darin formuliert waren. Bis 2026 stehen insgesamt 16,6 Milliarden Euro an Zuschüssen und Krediten bereit. Der Gesundheitssektor im weiteren Sinne bildet einen der größten Blöcke bei den vorgesehenen Investitionen.

Krankenhäuser sind der wichtigste Nachfragefaktor

Laut einer Analyse der AHK Portugal sind die Krankenhäuser im Land für den Großteil der Medizintechnikkäufe verantwortlich. Auf diese Kundengruppe entfallen etwa 75 Prozent des gesamten Absatzes.

Die Bedeutung des SNS ist erheblich. Durch die hohe Anzahl seiner Gesundheitszentren und den Betrieb von nahezu der Hälfte der Krankenhäuser im Land bündelt er einen großen Teil der Gesamtnachfrage. Der Fachverband APORMED bezifferte das Einkaufsvolumen des staatlichen Gesundheitssystems bereits 2016 auf 409 Millionen Euro.

Neue Medizintechnik und Digitalisierung stehen im Fokus

Die EU-Fördermittel aus dem Aufbau- und Resilienzplan erweisen sich als ein Investitionsmotor für die Modernisierung des portugiesischen Gesundheitswesens. Seit der Weltfinanzkrise 2008 waren die Haushaltsmittel überwiegend knapp. Der europäische Aufbauplan ermöglicht es nun, den aufgelaufenen Nachholbedarf zu decken.

Für die digitale Transformation im Gesundheitssektor wurden beispielsweise 300 Millionen Euro vorgesehen. Im Fokus stehen die Datennetze und die Resilienz der IT-Systeme. Zudem sollen die Kommunikation und die nationalen Gesundheitsregister verbessert werden.

Weitere 225 Millionen Euro sind für die Ausrüstung und Digitalisierung in Krankenhäusern bestimmt. Davon werden vor allem Hospitäler in Lissabon, Seixal und Sintra profitieren. In den Inselregionen Azoren und Madeira fließen jedoch ebenfalls Mittel in die Modernisierung der Gesundheitsangebote. 

Die AHK Portugal stellte 2020 in einer Zielmarktanalyse fest, dass zunehmend Roboter in portugiesischen Gesundheitseinrichtungen Verwendung finden. Dabei werden sie in einem breiten Feld von Anwendungen eingesetzt. Diese erstrecken sich zum Beispiel auf Operationen und therapeutische Zwecke, aber auch die Organisation und Verteilung von Medikamenten und Mahlzeiten. Der Fokus liegt auf der Unterstützung des menschlichen Personals und der Entlastung von zeitintensiven, aber notwendigen Aufgaben.

Aktuelle Investitionsvorhaben im Gesundheitssektor in Portugal (Auswahl; Investitionssummen in Millionen Euro)

Projekt

Investitionssumme

Anmerkung

Neues Krankenhaus von Madeira, Hospital Central da  Madeira (HCM)

352

Erdarbeiten im Mai 2021 begonnen mit einer Laufzeit von 18 Monaten. Bauausschreibung für Ende 2021 und der Baubeginn ist für 2022 vorgesehen. Wird je zur Hälfte finanziert vom portugiesischen Staat und der Region Madeira

Neues Krankenhaus, Hospital Central do Alentejo, in Evora (Alentejo)

210

Erdarbeiten begonnen; 180 Mio. sind für den Bau und 30 Mio. für den Kauf von Hightech-Ausrüstung angewiesen. Europäische Fördermittel von 40 Mio. Euro; geplante Fertigstellung Ende 2023. Auftraggeber: Administração Regional de Saúde do Alentejo (ARS Alentejo); Auftragnehmer: Baukonzern Acciona 

Erweiterung des Krankenhauses von Setúbal (CHS)

14

Im Ausschreibungsverfahren. Eine neue Notaufnahme soll entstehen. Erwartete Bauzeit 18 Monate. Auftraggeber: Centro Hospitalar de Setúbal, E.P.E.; Amtsblatt-Anzeige Nr.13059/2021, Diário da República”(DR), 18.10.2021

Quelle: Recherchen von Germany Trade & Invest; Pressemitteilungen

Zwei Drittel der Ausgaben stammen aus öffentlichen Quellen

Mehrere internationale Studien bescheinigen dem portugiesischen Gesundheitswesen über die vergangenen drei Jahrzehnte eine stetige Verbesserung. Im Jahr 2020 verfügten beispielsweise zehn Gesundheitseinrichtungen im Land über eine Akkreditierung der Joint Commission International für hohe Qualitätsstandards.

Über die Jahre gelang es zumeist mit knappen Finanzmitteln, die Qualität zu steigern. Dennoch trüben einige Probleme das Gesamtbild. Für viele Behandlungen und Operationen existieren lange Wartezeiten. Mit der Alterung der Gesellschaft nehmen chronische Krankheiten zu, die Ressourcen binden. Zudem sind einzelne Fachbereiche im Land unterschiedlich flächendeckend abgedeckt. Dadurch kann es insbesondere bei Spezialisten zu erheblichen zeitlichen Knappheiten kommen.

Die Primärversorgung erfolgt in Portugal durch die staatlichen Gesundheitszentren des SNS. Ansprechpartner dort sind die Médicos de Família, die in etwa die Funktion von Hausärzten ausüben. Krankenhäuser bieten vor allem sekundäre Gesundheitsleistungen an und versorgen Notfälle. Rehabilitationszentren sind in drei Kategorien entlang der Dauer der Maßnahmen eingeteilt.

Etwa ein Viertel der portugiesischen Bevölkerung nutzt private Gesundheitsanbieter. Dies geschieht meistens ergänzend zum staatlichen System, beispielsweise um schneller Termine bei Spezialisten zu erhalten. Private Anbieter decken vor allem die beiden größten Städte Lissabon und Porto ab.

Zudem existieren Mischformen, in denen private Anbieter im Auftrag des staatlichen Gesundheitssystems Leistungen erbringen.

Spezialisierte Einrichtungen in Portugal 2020

Fachbereich

Anzahl

Krankenhäuser, davon (2019)

238

   öffentliche 1)

108

   private

127

  öffentlich-private

3

Hochspezialisierte Referenzzentren 2)

112

Gesundheitszentren 3)

542

Zentren für Gesundheitsversorgung und soziale Betreuung, davon 4)

9.322

  Rekonvaleszenzeinheiten für kurze Dauer

1.447

  Rehabilitationszentren für mittlere Dauer

3.060

  Zentren für Langzeitaufenthalte

5.115

1) davon 5 Militär-Gefängniskrankenhäuser, beschränkter Zugang; 2) Centros de Referencia (CRe); 3) Centros de Saúde, SNS 4) Landesnetz von Einrichtungen für Pflegebedürftige (Rede Nacional de Cuidados Continuados Integrados, RNCCI) Quelle: Estatisticas da Saúde, INE Portugal; Relatório Anual do Acceso 2020, Ministerio da Saúde; Servicio Nacional de Saúde

Laut vorläufigen Daten der OECD stammten 2020 rund 65 Prozent der Gesundheitsausgaben in Portugal aus öffentlichen Kassen. Patienten zahlten zudem mehr als 26 Prozent dieser Gesamtausgaben aus der eigenen Tasche. 

Das staatliche System wird vor allem aus Steuern finanziert und deckt ein breites Leistungsspektrum ab. Beispielsweise für Medikamente sind jedoch Zuzahlungen der Patienten erforderlich.


Rahmendaten zum Gesundheitssystem in Portugal

Indikator

Wert

Einwohnerzahl (2020 in Mio.) 1)

10,3

Bevölkerungswachstum (2020 in % p.a.)

0,0

Altersstruktur der Bevölkerung (2020)

  Anteil der unter 14-Jährigen (in %)

13,4

  Anteil der über 65-Jährigen (in %)

22,4

Durchschnittliche Lebenserwartung bei Geburt (2020 in Jahren)

81,1

Durchschnittseinkommen (2019 in Euro) 2)

1.209,9

Gesundheitsausgaben pro Kopf (2019 in Euro) 3)

1.088,9

Anteil der Gesundheitsausgaben am BIP (2019 in %) 3)

9,6

Ärzte/100.000 Einwohner (2020)

555

Zahnärzte/1000 Einwohner (2020)

1,1

Krankenhausbetten/100.000 Einwohner (2019), davon 

350,6

  privat 4)

112,4

  öffentlich 4)

228,1

1) angemeldete Einwohner zum 1.1.2021; 2) durchschnittliche Bruttomonatslöhne einschließlich Zulagen, Überstunden und Zuschüsse; 3) vorläufig ; 4) gemischte privat-öffentliche Krankenhausbetten 10,1Quelle: INE Portugal Base de Dados

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