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Branchen | Rumänien | Digitalisierung der Verwaltung

Rumänien investiert in E-Government

Für 45 Millionen Euro will der Staat in zwei Jahren eine Cloud-Plattform einrichten, mit der öffentliche Dienstleistungen für Firmen und Bürger digital erreichbar werden.

Von Dominik Vorhölter | Bukarest

Rumänien will in den kommenden sechs Jahren rund 6 Milliarden Euro in die Digitalisierung investieren. Daon sollen 2,6 Milliarden Euro in die öffentliche Verwaltung fließen. Mithilfe europäischer Finanzzuschüsse will der Staat Projekte in der Forschung und Entwicklung, der Innovationsförderung sowie in der Digitalisierung der Verwaltung vorantreiben. Die Regierung plant in den kommenden zwei Jahren 45 Millionen Euro in E-Government zu investieren, um eine zentral gesteuerte virtuelle Verwaltungsplattform - eine sogenannte Cloud Guvernamental - einzurichten.

Onlinedienste miteinander verbinden

Für weitere 10 Millionen Euro sollen die Steuerverwaltung, Justizbehörden und das Innenministerium digitalisiert werden. Ziel ist, alle administrativen Einheiten miteinander zu verbinden. Das Finanzamt, das Handelsregisteramt, die Polizei und das Dienstleistungszentrum im Bürgeramt sollen auf die gleiche Datenplattform zugreifen können. Denkbar wäre, dass das Handelsregisteramt auf Nachfrage Daten von weiteren Behörden abrufen darf, etwa über Steuerrückstände oder gerichtliche Verfahren einzelner Unternehmen. Federführend umsetzen soll diese Transformation die dafür im Herbst 2020 neu gegründete Behörde Autoritatea pentru Digitalizarea României (ADR). In den kommenden sechs Jahren will die Regierung für dieses Vorhaben rund 2,6 Milliarden Euro ausgeben. 

Ab August erhalten Bürger, die einen neuen Personalausweis beantragt haben, das Dokument im EU-konformen Chipkarten-Format. Die persönlichen Daten sollen künftig nicht nur dezentral auf dem Chip, sondern in der Cloud Guvernamental zentral hinterlegt werden. Ein weiteres Projekt ist die Plattform Spatiul Privat Virtual. Dabei handelt es sich um einen Account bei der Steuerbehörde, von dem aus natürliche und juristische Personen eine Steuererklärung einreichen und den Steuerbescheid empfangen können. Auch die Plattform aici.gov.ro, eine Schnittstelle zum Hochladen von Dokumenten, soll mit der Cloud Guvernamental verbunden werden. 

Überblick über bestehende Onlinedienste des öffentlichen Sektors

Des Weiteren existiert mit ghiseul.ro bereits ein System, über das Firmen, aber auch Bürger ihre Steuern und Abgaben online zahlen können. Beispielsweise ist es darüber möglich, in Bukarest für seinen Führerschein oder fälliges Bußgeld online zu zahlen. Diese Plattform ist allerdings noch nicht mit allen Verwaltungseinheiten im Land verbunden. 

Schnelles Internet, aber schlechte IT-Architektur

Rumänien steht europaweit an letzter Stelle beim Fortschritt der Digitalisierung öffentlicher Dienste, berichtet der Digital Economy and Society Index, kurz DESI, der von der EU erhoben wird. Dabei verfügt Rumänien über einen sehr guten Zugang zum Breitbandnetz mit schneller Datenübertragung von mindestens 100 Megabit pro Sekunde. Die Konnektivität ist zwar sehr hoch, es fehlt dagegen an Plattformen und Dienstleistungsangeboten, um die Nachfrage nach E-Government und die Online-Aktivitäten generell zu steigern.

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Aktuell fehle es aber nicht nur an einer effizienten IT-Architektur, sondern auch an den nötigen Kompetenzen der verantwortlichen Führungskräfte und Mitarbeiter in den Verwaltungen, heißt es in einem Dokument zum Stand der Digitalisierung im öffentlichen und im privaten Sektor, das die ADR am 21. April 2021 veröffentlicht hat. Um dem entgegenzuwirken hat die Regierung eine Strategie zur Digitalisierung des Bildungssystems vorgelegt, mit dem Ziel bis 2027 zu erreichen, dass 90 Prozent der Bevölkerung über digitale Kenntnisse verfügt und mehr Fachkräfte mit digitalen Kompetenzen ausgebildet werden. 

Regierung legt Strategie zur Digitalisierung des Bildungssystems vor

Derzeit liegt die Schulabbrecherquote in Rumänien bei 15,3 Prozent und rund 45 Prozent der Personen im Alter von 16 bis 74 Jahren verfügen über marginale digitale Kenntnisse, was negative Folgen auf die Wettbewerbsfähigkeit und Innovationskraft der Wirtschaft hat. Die Durchdringung der Digitalisierung in der Wirtschaft ist in Rumänien auf einem sehr niedrigen Niveau. Laut DESI 2020 belegt das Land im EU-Vergleich den letzten Platz in Bezug auf die Integration digitaler Technologien durch die öffentliche Verwaltung und durch Unternehmen. 

Pandemie erhöht den Druck zu handeln

Die Bürgerbüros haben während der Coronapandemie bereits erste Schritte unternommen, die öffentlichen Strukturen zu digitalisieren und Behördengänge einfacher zu gestalten. Verwaltungen haben digitale Systeme für die Vergabe von Terminen freigeschaltet. Es existiert zudem eine Impfplattform, bei der sich Bürger für jeweils einen der verfügbaren Impfstoffe in eine Warteliste eintragen kann und einen Impftermin zugeteilt bekommt.

Ob die Cloud Guvernmental in der Form, wie sie geplant ist eingeführt werden kann, bezweifeln Beobachter wie der rumänische E-Governemt-Experte Andrei Nicoara. In einem Kommentar in der Onlinezeitung Hotnews.ro verweist er neben erhöhten Betriebs- und Energiekosten auf hohe Entwicklungskosten für eine solche Cloud, wenn diese den staatlichen Sicherheitsansprüchen entsprechen solle. Allein für Software gibt der Staat in diesem Jahr rund 230 Millionen Euro aus, berichtet die Wirtschaftszeitung Ziarul Financiar.

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