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Großprojekte erweitern Russlands Schienennetz

Die Russische Eisenbahn investiert in den Bau neuer Schienenwege zwischen Europa und Asien. Der Bau der Hochgeschwindigkeitsstrecke von Moskau nach Sankt Petersburg beginnt 2022.

Von Hans-Jürgen Wittmann | Moskau

Russlands Schienennetz ächzt unter einem steigenden Frachtaufkommen. In den ersten neun Monaten 2021 beförderte die staatliche Russische Eisenbahn (RZD) rund 4,8 Millionen Container. Dies ist ein Anstieg um 13,2 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum. Für das Gesamtjahr 2021 erhöhte RZD die Wachstumsprognose für den Güterverkehr von 1,6 Prozent auf 3,1 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Wichtigster Wachstumstreiber ist der Containertransit aus Asien nach Europa. Während der Transport per Schiff durch den Suezkanal rund 45 Tage dauert, ist ein Zug über Eurasien maximal 30 Tage unterwegs, davon 12 Tage auf russischem Gebiet.

Da sich die Passage durch den Suezkanal erheblich verteuert hat, schicken vor allem chinesische Logistikfirmen ihre Container nunmehr bevorzugt über das russische Schienennetz gen Westen. Der Transport von Wladiwostok oder Nachodka per Zug ist rund ein Drittel günstiger als der Seeweg. Doch weder die Umschlagterminals der russischen Häfen in Fernost noch das Schienennetz sind der Containerflut gewachsen. Containerzüge stauen sich an Engpässen der Transsib und Baikal-Amur-Magistrale (BAM).

Zweite Phase des Ausbaus der BAM läuft an

Abhilfe schaffen soll das Projekt Wostotschny Polygon, das die Transportkapazität von Transsib und BAM bis 2024 auf 180 Millionen Tonnen steigert. Für die zweite Ausbauphase der BAM sind Investitionen von 9,5 Milliarden Euro vorgesehen, unter anderem aus dem nationalen Wohlstandsfonds. Da Arbeitskräfte fehlen, greift RZD teilweise auf Einheiten der Eisenbahntruppen zurück.

Eine dritte Ausbauetappe umfasst den Bau von 1.300 Kilometer Schienenwegen, einer Brücke über den Fluss Jenissej, eines Tunnels sowie einer 600 Kilometer langen Anschlussstrecke von der Kohlelagerstätte Jelga in der Republik Sacha (Jakutien) nach Tschumikan in der Region Chabarowsk. Die Arbeiten an dem rund 8,5 Milliarden Euro (inklusive Elektrifizierung) teuren Projekt sollen ab 2024 beginnen und 2027 abgeschlossen sein.

Neue Bahnstrecke nach China in Planung

Langfristig erwägt RZD den Bau einer neuen Transportroute aus Sibirien nach Westchina. Dazu kommen drei mögliche Optionen in Betracht: eine Strecke aus Bijsk in der Region Altai, eine Verbindung aus Abaza in der Republik Chakassien sowie eine Trasse aus Taschtagol in der Kohleregion Kusbass. Die rund 1.000 Kilometer lange Strecke soll jährlich rund 30 Millionen Tonnen Fracht transportieren. Aufgrund der zu erwartenden Umweltbelastungen beim Bau der Trasse durch das Hochgebirge und Naturschutzgebiete dürften sich internationale Geldgeber jedoch zurückhalten.

Polarkreisbahn soll schneller fertig gestellt werden

Für eine weitere Entlastung der stark frequentierten Transsib und BAM soll die Polarkreisbahn (Sewerny Schirotny Chod) sorgen. Präsident Wladimir Putin persönlich macht Tempo bei der Realisierung des Vorhabens. Bis 1. Dezember 2021 muss die Regierung einen Bericht vorlegen, wie die Arbeiten beschleunigt werden können. Die rund 700 Kilometer lange Strecke zwischen Obskaja und Nadym soll das bestehende Eisenbahnnetz mit Rohstoffvorkommen in der Arktis und den Umschlaghäfen an der Barents- und Karasee sowie am Weißen Meer verbinden.

Bau der Hochgeschwindigkeitsstrecke Moskau - Sankt Petersburg beginnt 2022

In die Umsetzung der seit Jahren diskutierten Hochgeschwindigkeitsstrecke zwischen Moskau und Sankt Petersburg über Weliki Nowgorod kommt Bewegung. Die rund 680 Kilometer lange Strecke soll bis 2027 in drei Etappen realisiert werden. Der Bau der Zufahrten nach Moskau (43 Kilometer) und Sankt Petersburg (11,8 Kilometer) soll 2022 beginnen. Die dazwischen liegende 624 Kilometer lange Strecke soll bis 2027 fertiggestellt werden, darunter der 440 Kilometer lange Abschnitt zwischen Logowjasch im Gebiet Twer und Obuchowo bei Sankt Petersburg im Rahmen einer öffentlich-privaten Partnerschaft. Die Kosten für diese Teilstrecke werden auf rund 11 Milliarden Euro geschätzt.

Im aktuellsten Entwurf der Verkehrsstrategie bis 2035 ist der Weiterbau der Hochgeschwindigkeitsstrecke von Moskau über Nischni Nowgorod nach Kasan eingeplant. Ein endgültiger Beschluss über den Bau dieses Teilabschnitts soll 2022 fallen, teilte Vizeministerpräsident Marat Chusnullin mit. Zudem ist eine Verlängerung der Hochgeschwindigkeitstrasse von Sankt Petersburg nach Helsinki im Gespräch.

Ausgewählte Großprojekte im russischen Schieneninfrastrukturbau

Vorhaben / Region

Investitionssumme (in Mrd. Euro)

Projektstand

Projektträger

Eisenbahntrasse Arktis - Sibirien - Asien (Sibirski Meridian)

62

Absichtserklärung unterzeichnet; Vorplanungen laufen; umfasst mehrere Eisenbahn-Großprojekte; geplante Fertigstellung: 2035

Russische Eisenbahn (RZD)

Hochgeschwindigkeitsbahnstrecke Moskau - Sankt Petersburg über Nowgorod (684 Kilometer Länge)

19,7

Erkundungsarbeiten; Baubeginn: 2022; geplante Fertigstellung: 2026-2027

Russische Eisenbahn (RZD)

Ausbau der Baikal-Amur-Magistrale und der Transsibirischen Eisenbahn

8,1

Zweite von drei Etappen im Bau; geplante Fertigstellung: 2025

Russische Eisenbahn (RZD) 

Polarkreisbahn Sewerny Schirotny Chod (2.000 Kilometer) / Autonomer Bezirk der Jamal-Nenzen

2,8

Präsident Putin hat Ministerpräsident Mischustin mit einer Machbarkeitsstudie bis Dezember 2021 beauftragt; geplanter Baubeginn: 2022; geplante Fertigstellung: 2024

Konzession zwischen der Föderalen Agentur für Eisenbahntransport und OOO Sewerny Schirotny Chod; Investoren: Staat, Russische Eisenbahn (RZD), Gazprom; Finanzierung: Gazprombank, Sberbank, VTB Bank, Eurasische Entwicklungsbank (EABR), VEB.RF

Schienenstrecke Jelegest - Kysyl - Kuragino (410 Kilometer lange eingleisige Strecke zum Abtransport von Kohle aus der Lagerstätte Jelegest) / Republik Tywa, Region Krasnojarsk

1,8

Projektbeginn auf 2026 verlegt

Im Rahmen einer öffentlich-privaten Partnerschaft: Russische Eisenbahn (RZD), AO TEPK Kysyl-Kuragino, SAO Lider

Bau einer Eisenbahnverbindung zwischen dem Kohlevorkommen Jelga und einem noch zu errichtenden Kohleumschlagsterminal bei Tschumikan am Ochotskischen Meer/ Republik Jakutien, Region Chabarowsk

1,2

Absichtserklärung unterzeichnet; Präsident Putin beauftragte die Regierung mit einer Machbarkeitsstudie bis Dezember 2021.

Jelga-Ugol

Quelle: Recherchen von Germany Trade & Invest

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