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Branchen | Russland | Medizintechnik

Rahmenbedingungen

Die Regierung begrenzt den Zugang ausländischer Hersteller zu Staatsaufträgen. Die Bürokratie macht Einfuhren aufwändiger. Medizinprodukte müssen digital gekennzeichnet werden.

Von Hans-Jürgen Wittmann | Moskau

Zugang zu öffentlicher Beschaffung wird weiter beschränkt

Ende August 2021 verschärfte die Regierung die Regeln zur staatlichen Beschaffung und änderte für 45 Medizinprodukte den Beschaffungsgrundsatz „drei sind einer zu viel“ auf „zwei sind einer zu viel“. Wenn nur ein einziger Hersteller aus einem Mitgliedsstaat der Eurasischen Wirtschaftsunion (EAWU) an öffentlichen Ausschreibungen teilnimmt, sind ausländische Anbieter automatisch ausgeschlossen, unabhängig vom Preis und der Qualität ihrer Produkte.

Als Bestätigung des Ursprungs des Produkts aus der EAWU ist ein Eintrag im staatlichen Informationssystem der Industrie (GISP) vorzulegen. In einer Übergangsphase wird bis zum 31. Dezember 2022 als Herkunftsnachweis auch ein ST-1-Ursprungszertifikat anerkannt. Sollte kein einheimischer Hersteller am Wettbewerb teilnehmen oder das medizinische Geräte mit den erforderlichen technischen Eigenschaften nicht im Register enthalten sein, braucht die öffentliche Hand diese Regel nicht anzuwenden und kann ohne Sondergenehmigung des Industrieministeriums die Ware auf dem freien Markt beschaffen.

Von der Neuregelung betroffen sind unter anderem Gammatherapiegeräte, Elektrokardiographen, Pulsoximeter, Spirometer, Otorhinoskope, Elektroenzephalographen, Augeninnendruckmonitore, Mikrowellen- und Ultraschalltherapiegeräte, Magnetresonanztomographen, Defibrillatoren, medizinische Kühl- und Gefrierschränke, Bestrahlungsgeräte, Umluftgeräte, Sterilisatoren, elektrochirurgische Geräte, Beatmungsgeräte sowie Inkubatoren für Neugeborene.

Daneben wird die Liste der Medizinprodukte, die der protektionistischen Regel „drei sind einer zu viel“ unterliegen, laufend erweitert. Im August 2021 kamen Nadeln zur Entnahme von venösem Blut, chirurgische Netze sowie Nähmaterial mit auf die Liste.

Ende Dezember 2021 ergänzte die Regierung die Liste der Medizinprodukte, die Mindestquoten bei staatlichen Beschaffungen unterliegen, um externe Prothesen. Daneben wird der Mindestanteil kontinuierlich angehoben. Beträgt die Quote bei Elektrokardiographen 2022 noch 50 Prozent, steigt sie bis 2023 auf 60 Prozent.

Bürokratische Hürden machen Importe aufwändiger

Ab dem 1. März 2022 müssen nicht registrierte Medizinprodukte bei der Aufsichtsbehörde Roszdravnadsor angemeldet werden. Hersteller und Importeure sind verpflichtet, innerhalb von 15 Arbeitstagen Informationen wie Chargennummer, Produktions- und Verfallsdatum, sowie Daten über deren Verkauf in das automatisierte Informationssystem (AIS) von Roszdravnadzor einzutragen. Importeure benötigen zusätzlich die Nummer der Zollanmeldung und das Datum ihrer Registrierung. Die Verordnung ist bis 1. Januar 2027 in Kraft.

Daneben aktualisierte die Regierung die Regeln zur Führung des staatlichen Registers für Medizinprodukte. Ab dem 1. März 2022 müssen zusätzlich elektronische Bilder der Medizinprodukte, Screenshots der Software-Benutzeroberfläche, eine digitale Version der Dokumentation, Handbücher oder Bedienungsanleitung sowie ein Scan des Registrierungszertifikats hinterlegt werden.

Anfang Dezember 2021 verabschiedete die Regierung eine Verordnung zur Neulizensierung der Wartung von Medizinprodukten. Hersteller und Unternehmen, die medizinische Geräte warten, müssen ab 1. März 2022 bis zum 31. Dezember 2023 bei Roszdravnadzor eine neue Lizenz beantragen.

Im November 2021 verlängerte die Staatsduma den vergünstigten Mehrwertsteuersatz für bestimmte medizinische Geräte und Ausrüstung für das Jahr 2022. Die meisten im Rahmen des Nationalen Projekts „Gesundheitswirtschaft“ beschafften Medizinprodukte unterliegen derzeit keiner Steuer oder dem vergünstigten Mehrwertsteuersatz, darunter Geräte für die Orthopädie, Augenheilkunde, Anästhesiologie, Radiologie und Otorhinolaryngologie.

Medizintechnik muss digital gekennzeichnet werden

Gesundheitsminister Michail Muraschko kündigte Ende August 2021 die Einführung einer verpflichtenden Kennzeichnung von Medizinprodukten mit digitalen Data-Matrix-Codes an. Im Fokus stehen vor allem Hightech-Geräte und hochwertige medizinische Güter. Die Umsetzung übernimmt das „Zentrum zur Entwicklung aussichtsreicher Technologien“ (ZRPT), das zum Firmenimperium des Oligarchen Alischer Usmanow gehört.

Ab dem 1. Februar 2023 wird die digitale Markierung von lokal gefertigten und importierten Rollstühlen Pflicht. Übergangsfristen gelten für Geräte, die vor dem Stichtag erworben, eingeführt oder noch nicht in Verkehr gebracht worden sind. Mitte November 2021 kündigte das Industrieministerium ein Pilotprojekt zur Kennzeichnung von Elektrodiagnosegeräten für medizinische Zwecke an, darunter Computer- und Magnetresonanztomographen, Röntgengeräte, Herzschrittmacher sowie Ultraschallscanner. Das freiwillige Experiment läuft bis zum 1. September 2022. Ein Pilotprojekt zur digitalen Markierung von Koronarstents, Hörgeräten, Produkten zur Inkontinenzversorgung, orthopädischen Schuhen sowie Einlegesohlen läuft noch bis 28. Februar 2023.

EAWU verschiebt Registrierung von Medizinprodukten um ein Jahr

Um den Medizintechnikmarkt zu vereinheitlichen, führt die Eurasische Wirtschaftsunion (EAWU) eine obligatorische Neuregistrierung für Medizinprodukte ein. Ende Dezember 2021 verlängerte die Eurasische Wirtschaftskommission die Erteilung nationaler Zulassungen um ein weiteres Jahr. Erst ab 1. Januar 2023 werden Medizinprodukte nur noch nach den Regeln der EAWU zugelassen. Bis 31. Dezember 2026 bleiben zuvor erteilte nationale Zulassungen gültig. Ab 1. Januar 2027 gilt offiziell nur noch die EAWU-Registrierung. Bis Ende 2021 erhielten nur sieben Medizinprodukte die Zulassung nach EAWU-Regeln, während in Russland mehr als 31.000 Zertifikate ausgestellt wurden.

Ende April 2021 verlängerte die EAWU die zollfreie Einfuhr von Arzneimitteln und Medizinprodukten zur Bekämpfung von Covid-19 bis zum 30. Juni 2022.

Die GTAI stellt ausführliche Informationen zum Wirtschafts- und Steuerrecht sowie zu Einfuhrregelungen, Zöllen und nichttarifären Handelshemmnissen zur Verfügung.

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