Sie sind ein ausländisches Unternehmen, das in Deutschland investieren möchte?

Branchen | Russland | Werkzeugmaschinen

Russischer Werkzeugmaschinenbau im Aufwind

Russland nimmt einen neuen Anlauf zur Modernisierung des Werkzeugmaschinenbaus. Die Importabhängigkeit bleibt mittelfristig hoch. Dies eröffnet deutschen Herstellern Lieferchancen.

Von Hans-Jürgen Wittmann | Moskau

Der Werkzeugmaschinenbau kommt 2021 mit unterschiedlicher Dynamik aus den Startlöchern. Die Herstellung von Zerspanungsmaschinen stieg im 1. Quartal 2021 im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 4,7 Prozent auf 935 Stück. Die Produktion von Press-Schmiedemaschinen ging im gleichen Zeitraum hingegen um 3,9 Prozent auf 879 Einheiten zurück. Für das Gesamtjahr 2021 rechnet der Branchenverband Stankoinstrument mit einem Produktionswachstum um 5 bis 6 Prozent. Im Jahr 2020 betrug der Produktionswert rund 400 Millionen Euro.

Deutsche Hersteller produzieren vor Ort

Mit DMG Mori und Berthold Hermle sind unter den landesweit 1.075 Herstellern von Werkzeugmaschinen auch zwei deutsche Unternehmen mit einer lokalen Produktion in Russland vertreten. Ende Mai 2021 hat die Trawema GmbH aus Düren mit der Staatsholding Rostec eine Vereinbarung zur Lokalisierung der Produktion von mobilen Dreh- und Fräsmaschinen in Moskau unterzeichnet. Der Chemnitzer Werkzeugmaschinenbauer Niles-Simmons-Hegenscheidt hat den geplanten Bau seines Werkes in Moskau hingegen auf Eis gelegt.

TOP-10 Werkzeugmaschinenbauer in Russland

Unternehmen/Region

Produktion

Umsatz (Millionen Rubel, 2020)

Tjaschpressmasch / Rjasan

Press-Schmiede-Maschinen

4.459,8

NPK Morswjazawtomatika (NPK MSA) / Sankt Petersburg

Metallverarbeitungsmaschinen

2.751,3

Uljanowski stankostroitelnyj sawod (DMG Mori) / Gebiet Uljanowsk

Metallverarbeitungsmaschinen

1.962,9

Tjaschmechpress / Gebiet Woronesch

Press-Schmiede-Maschinen

1.538,9

Penzenskoje konstruktorsko-technologitscheskoje byuro armaturostrojenija (PKTBA) / Gebiet Pensa

Komponenten für Werkzeugmaschinen

1.514,7

Spezialnyje naplawotschnyje materialy (ASM) / Gebiet Wologda

Komponenten für Werkzeugmaschinen

1.200,2

Sasta / Gebiet Rjasan

Metallverarbeitungsmaschinen

1.191,3

Sawod schtampow i pressform (ZSCHP) / Gebiet Nischni Nowgorod

Komponenten für Werkzeugmaschinen

1.120,1

Russkaja inzhiniringowaja kompanija (RIK) / Moskau

Komponenten für Werkzeugmaschinen

1.078,7

OKB Mikron / Region Krasnojarsk

Metallverarbeitungsmaschinen

692,0

Quelle: Business-Datenbank SPARK-Interfax

Regierung fördert Werkzeugmaschinenbau

Die Regierung will mit der „Strategie zur Entwicklung des Werkzeugmaschinenbaus“ den Produktionswert bis 2035 auf etwa 890 Millionen Euro mehr als verdoppeln. Der Lokalisierungsgrad der Erzeugnisse soll von derzeit 47 Prozent auf 70 Prozent steigen. Die Priorität liegt auf der Entwicklung und Ausweitung der Serienfertigung von Komponenten, um die hohe Abhängigkeit von Bauteileimporten zu senken. Das Exportvolumen soll sich auf rund 185 Millionen Euro in etwa verfünffachen.

Zudem gewährt der Staat Werkzeugmaschinenbauern vergünstigte Kredite, Absatzhilfen und fördert die Entwicklung von Pilotbauteilen mit bis zu 50 Prozent der Produktionskosten. Das Russische Exportzentrum (REZ) übernimmt einen Teil der Transportkosten in Exportmärkte.

Hersteller bauen Werke und Produktportfolio aus

Russische Werkzeugmaschinenbauer investieren in den Ausbau ihrer Produktion. Das Twerskoj Stankostroitelnyj Sawod entwickelt neue 5-Achs-Bearbeitungszentren und erweitert sein Sortiment an Dreh- und Fräsmaschinen. Sasta baut 2021 seine Kapazitäten zur Fertigung von Metallbearbeitungsmaschinen im Gebiet Rjasan aus. Stankomaschstroj erweitert die Produktion von Bauteilen für Dreh- und Fräsmaschinen, um den Lokalisierungsgrad zu steigern. Das Kowrowski Elektromechanitscheski Sawod (gehört zu Rostec) nimmt 2021 die Produktion von 5-Achs-Dreh- und Fräszentren mit CNC-Steuerung im Gebiet Wladimir auf.

Aktuelle Projekte im russischen Werkzeugmaschinenbau (Investitionen in Millionen Euro)

Projekt / Region

Investitionen

Geplante Inbetriebnahme

Projektbetreiber

Aufbau einer Produktion von CNC-Bearbeitungszentren / Cluster Lipezkmasch, Gebiet Lipezk

102,8

2022

SAO Lipezkoje Stankostroitelnoje Predprijatije

Aufbau einer Produktion von CNC-Bearbeitungszentren / Region Krasnodar

40,5

2025

Juschni Sawod Tjaschologo Stankostrojenija

Aufbau einer Produktion von Portal- und Horizontalfräsbearbeitungszentren / Gebiet Kaluga

11,1

k.A.

OOO Gazpromtechnika, Tel: +7 (915) 066 60 62

Quelle: Recherchen von Germany Trade & Invest

Der Konzern Tjaschstankogidropress, einer der größten russischen Hersteller von hydraulischen Pressen, Metallbearbeitungsmaschinen und anderen Maschinen in Nowosibirsk, wird im Rahmen des Insolvenzverfahrens der Firma Steelline versteigert.

Digitalisierung soll Betriebsbereitschaft und Arbeitsproduktivität erhöhen

Russische Werkzeugmaschinenbauer setzen zur digitalen Vernetzung verstärkt auf Industrie 4.0-Anwendungen. Neben Lösungen von SAP, Siemens oder Bosch bauen die Hersteller aus Kostengründen häufig auf einheimische Anbieter, die von der Regierung mit Steuererleichterungen und Vergünstigungen gefördert werden.

Die Holding STAN hat den Prototypen eines digitalen Zwillings auf den Markt gebracht, der die Wartung und Instandsetzung von Werkzeugmaschinen mit CNC-Steuerung aus der Entfernung ermöglicht. Die IoT-Lösung „Dispatcher“ der russischen IT-Firma Zyfra (gehört zur Renova-Holding des Oligarchen Viktor Wekselberg) sammelt und analysiert große Datenmengen (Big Data). Das Unternehmen VAST entwickelte die Lösung DREAM zur vorausschauenden Wartung (Predictive Maintenance) und Diagnose der Anlagen. Zur Produktion von Bauteilen setzen Werkzeugmaschinenfabrikanten zudem verstärkt auf additive Technologien.

Einfuhrquote verharrt auf hohem Niveau

Der russische Markt für Werkzeugmaschinen beläuft sich auf rund 1,1 Milliarden Euro. Etwa 90 Prozent der jährlich etwa 17.000 verkauften Exemplare entfallen auf ausländische Lieferanten. Rund 70 Prozent des aktuellen Werkzeugmaschinenparks müssen in den kommenden Jahren erneuert werden. Im niedrigen und mittleren Preissegment dominieren Anbieter aus China, Südkorea und Taiwan. Aus Japan und Deutschland kommen meist Anlagen im Hochpreissegment. Im Jahr 2020 gingen die Ausfuhren von Werkzeugmaschinen aus Deutschland nach Russland um 4,3 Prozent im Vergleich zum Vorjahr auf 226 Millionen Euro zurück, meldet der Verband Deutscher Maschinen- und Anlagenbauer (VDMA).

Einfuhr ausgewählter Werkzeugmaschinen nach Russland (in Millionen US-Dollar)

Zolltarifummer (HS) / Erzeugnis

Importvolumen 2020

Davon aus Deutschland

8456 Werkzeugmaschinen zum Abtragen von Stoffen aller Art durch Laser-, Licht- oder anderen Photonenstrahl, Ultraschall, Elektroerosion, elektrochemische Verfahren oder Elektronen-, Ionen- oder Plasmastrahl, Wasserstrahlschneidemaschinen

161,4

16,6

8457 Bearbeitungszentren, Mehrwegemaschinen und Transfermaschinen, zum Bearbeiten von Metallen

789,4

56,7

8458 Drehmaschinen (einschließlich Drehzentren) zur spanabhebenden Metallbearbeitung

239,4

38,5

8459 Spanabhebende Werkzeugmaschinen (einschließlich Bearbeitungseinheiten auf Schlitten) zum Bohren, Ausbohren, Fräsen oder Außen- oder Innengewindeschneiden von Metallen, (ausgenommen bestimmte Drehmaschinen und Drehzentren, sowie von Hand zu führende Maschinen)

80,0

10.0

8460 Werkzeugmaschinen zum Entgraten, Schärfen, Schleifen, Honen, Läppen, Polieren oder zu anderem Fertigbearbeiten von Metallen oder Cermets mit Hilfe von Schleifscheiben, Schleifstoffen oder Poliermitteln

100,1

25,1

8461 Hobelmaschinen, Waagerecht- und Senkrechtstoßmaschinen, Räummaschinen, Verzahnmaschinen, Zahnfertigbearbeitungsmaschinen, Sägemaschinen, Trennmaschinen und andere Werkzeugmaschinen zur spanabhebenden Bearbeitung von Metallen oder Cermets

75,3

27,5

8462 Werkzeugmaschinen (einschließlich Pressen) zum Freiformschmieden, Gesenkschmieden oder Hämmern von Metallen; Werkzeugmaschinen (einschließlich Pressen) zum Biegen, Abkanten, Richten, Scheren, Lochstanzen oder Ausklinken von Metallen; Pressen zum Bearbeiten von Metallen oder Metallcarbiden

269,3

29,5

8463 Werkzeugmaschinen zum spanlosen Be- oder Verarbeiten von Metallen oder Cermets

34,2

7,4

8464 Werkzeugmaschinen zum Bearbeiten von Steinen, keramischen Waren, Beton, Asbestzement oder ähnlichen mineralischen Stoffen oder zum Kaltbearbeiten von Glas

119,1

6,3

8465 Werkzeugmaschinen (einschließlich Nagel-, Heft-, Klebe-, Verleim- und andere Zusammenfügemaschinen) zum Bearbeiten von Holz, Kork, Bein, Hartkautschuk, harten Kunststoffen oder ähnlichen harten Stoffen

322,8

47,5

Quelle: Föderaler Zolldienst

Konkurrenz durch asiatische Anbieter wächst

Deutsche Lieferanten müssen die Sanktionen der Europäischen Union (EU) beachten und dürfen keine Werkzeugmaschinen, die sowohl zu zivilen als auch militärischen Zwecken eingesetzt werden können (dual use), nach Russland liefern. Asiatische Anbieter müssen hingegen auf die EU-Sanktionen keine Rücksicht nehmen und nutzen diesen Vorteil. Zudem werden Werkzeugmaschinen „Made in China“ qualitativ immer konkurrenzfähiger bei unschlagbar niedrigen Preisen.

Digitale Fernwartung schafft neue Perspektiven

Beim Import geht der Trend hin zu gebrauchten Anlagen sowie Ersatzteilen, berichteten Unternehmensvertreter auf der Leitmesse Metalloobrabotka Ende Mai 2021. Aus Kostengründen setzen viele Kunden auf einfachere Lösungen. Lokale Reparaturbetriebe machen ausländischen Anbietern beim Service Konkurrenz. Dem kann der Lieferant durch das Angebot digitaler Fernwartungen entgehen.

Deutsche Unternehmen sollten ihren Wettbewerbern technologisch immer einen Schritt voraus sein. Um sich einen Zeitvorteil gegenüber der Konkurrenz zu verschaffen, lohnt es sich, frühzeitig Lösungen für die künftigen Bedürfnisse des Kunden zu entwickeln. Generell sollte sich der russische Kunde bei seinem Lieferanten aus Deutschland gut aufgehoben wissen. Ersatzteilelieferungen und Servicedienstleistungen sollten schnell und unbürokratisch erfolgen.


Fachverbände:

Sojuz Maschinostroitelej

Verband der Maschinenbauer

ul. Pokrowka 22/1, Haus 1, 101000 Moskau

Tel.: 007 (495) 781 11 04

E-Mail: office@soyuzmash.ru


Stankoinstrument

Russischer Verband für Werkzeugmaschinenhersteller

Twerskaja ul. 22A, Haus 2, 125009 Moskau

Tel.: 007 (495) 650 59 21

E-Mail: mail@stankoinstrument.ru


Stankoprom (Systemintegrator)

ul. Giljarowskogo 65/1

Tel: 007 (495) 640 67 16

E-Mail: info@stankoprom.ru


Leitmesse:

Metalloobrabotka

Expozentrum Moskau

Zeitraum: 23.-27.5.2022

E-Mail: metobr@expocentr.ru

nach oben
Feedback

Anmeldung

Bitte melden Sie sich auf dieser Seite mit Ihren Zugangsdaten an. Sollten Sie noch kein Benutzerkonto haben, so gelangen Sie über den Button "Neuen Account erstellen" zur kostenlosen Registrierung.