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Tiefbau: Marktlage und -entwicklung

Der Infrastrukturbau soll der russischen Wirtschaft nach der Pandemie zu neuem Schwung verhelfen. Investiert wird in den Bau von Straßen, Schienenwegen, See- und Flughäfen.

Von Hans-Jürgen Wittmann | Moskau

Staat steckt Milliarden in große Infrastrukturprojekte

Die Regierung bildete Mitte April 2021 einen Pool von 125 Projekten, die bis 2030 neues Wachstum generieren sollen. Hierzu gehören die Hochgeschwindigkeitsstrecken zwischen Moskau und Kasan sowie Sankt Petersburg und Moskau, neue Haltestellen an der Polarkreiseisenbahn, eine neue Brücke über den Fluss Ob und der Tiefwasserhafen in Indiga. Die Finanzierung erfolgt unter anderem über den Nationalen Wohlstandsfonds und den Direktinvestitionsfonds (RFPI). In den nächsten drei Jahren sind etwa 11 Milliarden Euro vorgesehen.

Zusätzlich erhalten die Regionen bis 2023 Kredite von rund 5,4 Milliarden Euro für den Bau von Straßen, Ortsumgehungen und zum Ausbau des Nahverkehrs, kündigte Präsident Putin in seiner jüngsten Rede zur Lage der Nation an.

Zur Umsetzung seiner Pläne ist der Staat auf zusätzliches privates Kapital angewiesen. Der "umfassende Plan zur Modernisierung und Ausweitung der Infrastruktur" sieht private Investitionen in Höhe von 35,5 Milliarden Euro vor. Sonderinvestitionsverträge (SPIK 2.0), Investitionsschutzvereinbarungen, Infrastrukturanleihen sowie Steuervergünstigungen sollen Geldgeber anlocken. Die bis 2030 notwendigen Mittel zur Modernisierung der Transportinfrastruktur des Landes belaufen sich auf über 880 Milliarden Euro, schätzt Lenar Safin, stellvertretender Vorsitzender des Komitees für Wirtschaftspolitik im Föderationsrat.

Straßenbau nimmt Fahrt auf

Russland treibt den Bau von Verkehrswegen voran. Im Jahr 2021 sollen mehr als 6.000 Kilometer föderale Fern- und 15.000 Kilometer regionale Straßen modernisiert sowie 1.200 Kilometer neu errichtet werden. Die Mautautobahn Moskau – Kasan wird bis Jekaterinburg verlängert und soll 2024 eröffnet werden. Die Bauarbeiten für die rund 2.000 Kilometer lange Transitautobahn „Meridian“ zwischen Orenburg und Smolensk beginnen 2021. Die voraussichtlich 6,6 Milliarden Euro teure Trasse, in die staatliche und private Gelder fließen, soll ebenfalls 2024 fertiggestellt werden.

Das Verkehrsministerium will das Fernstraßennetz ausbauen und Metropolen und Wirtschaftszentren besser miteinander vernetzen. Zubringerstraßen sollen Jaroslawl und Kostroma an die Mautautobahn M11 zwischen Moskau und Sankt Petersburg anschließen und Fernstraßen von Samara nach Saratow, von Wolgograd nach Krasnodar sowie von Nabereschnyje Tschelny nach Jekaterinburg gebaut werden.

Um die Außenbezirke besser miteinander zu verbinden, errichtet Moskau vier neue Stadtautobahnen. In Sankt Petersburg beginnen 2021 die Bauarbeiten an der Schirotnaya-Stadtautobahn. Das bis 2024 veranschlagte Projekt kostet rund 440 Millionen Euro.

Ausbau der Schieneninfrastruktur erhöht die Transportkapazitäten

Der Güterverkehr auf der Schiene ging 2020 um 2,7 Prozent auf 1,2 Milliarden Tonnen zurück. Die Zahl der Fahrgäste brach um 27,4 Prozent auf etwa 870 Millionen ein. Der Transitverkehr auf der Schiene legte 2020 dagegen um 37,6 Prozent auf etwa 800.000 Standardcontainer (TEU) zu. Im Jahr 2021 dürfte das Vorjahresergebnis erreicht werden, schätzt Pawel Iwankin, Präsident des Instituts für Schienentransportverkehr.

Der Aktionsplan zum Wiederaufbau der Wirtschaft sieht 18,4 Milliarden Euro für Schieneninfrastruktur-Großprojekte vor, darunter etwa 9,8 Milliarden Euro für den schnelleren Ausbau und die vollständige Elektrifizierung der Baikal-Amur-Magistrale (BAM) und der Transsibirischen Eisenbahn (Projekt "Wostotschny Polygon"). Die Erweiterung der beiden Trassen von Tynda zum Hafen Wanino (Projekt „Jakutski Cluster“) beläuft sich bis 2026 auf bis zu 7,7 Milliarden Euro. Die Gelder sollen aus dem Nationalen Wohlstandsfonds kommen.

Im Zuge des Großprojekts „Juschni Cluster“ werden bis 2030 in der Region Krasnodar für rund 15 Milliarden Euro Schienenwege von der Küste in das Hinterland verlegt. Die Vermessungsarbeiten sollen 2022 beginnen. Die Fahrzeit von Moskau nach Sotschi verkürzt sich um die Hälfte auf 16 Stunden. Zwischen Sankt Petersburg und der finnischen Hauptstadt Helsinki soll für 2,7 Milliarden Euro eine Hochgeschwindigkeitsstrecke gebaut werden.

Modernisierung von Seehäfen soll den Frachtumschlag steigern

Der Frachtumschlag der russischen Seehäfen sank 2020 um 2,3 Prozent auf 820,8 Millionen Tonnen. Bei Flüssigfracht betrug der Rückgang 10,4 Prozent, bei Trockenfracht wuchs das Volumen hingegen um 7,6 Prozent. Der Güterumschlag entlang des Nördlichen Seewegs stieg 2020 um 5 Prozent auf knapp 33 Millionen Tonnen. Bis 2030 sollen für rund 9 Milliarden Euro Hafenanlagen und Umschlagterminals am Nordmeer, an der Ostsee, am Schwarzen, Asowschen und Kaspischen Meer sowie im Fernen Osten gebaut und modernisiert werden.

Im Hafen von Poronajsk auf der Insel Sachalin entsteht für 400 Millionen Euro ein Terminal zum Umschlag von Kohle, Öl und Gas. Das Unternehmen Peterburgski Neftyanoj Terminal modernisiert bis 2029 das Ölterminal in Sankt Petersburg. Noworoslesexport modernisiert und erweitert den Hafen in Noworossijsk.

Investitionen in Regionalflughäfen erweitern das Verkehrsnetz

Obwohl der Flugverkehr im Jahr 2020 im Vergleich zum Vorjahr um 46 Prozent auf etwa 69 Millionen Fluggäste einbrach, sind Investitionen in das Flugverkehrsnetz von großer Bedeutung. Etwa drei Viertel der landesweit 241 Flughäfen erhalten bis 2035 neue Terminals oder Start- und Landebahnen. Die Luftverkehrsbehörde Rosawiatsia investiert bis 2024 rund 2 Milliarden Euro in die Modernisierung von 62 Flughäfen in der Arktis und im Fernen Osten des Landes. Neue Flughäfen entstehen auf der Halbinsel Gydan, in Omsk, Syktywkar und auf den Kurilen-Inseln Paramuschir und Schikotan.

Das Unternehmen Aerodynamika investiert bis 2023 rund 220 Millionen Euro in den Bau eines neuen Terminals am Flughafen Krasnodar. Die Holding „Aeroporty Bolschoj Strany“ (ABS), ein Joint Venture von Aeroporty Regionow und Nowaport, modernisiert bis 2024 den Flughafen Blagoweschtschensk im Gebiet Amur. Zusammen mit dem Flughafen Chabarowsk soll er als regionaler Hub für den Fernen Osten fungieren.

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