Sie sind ein ausländisches Unternehmen, das in Deutschland investieren möchte?

Wirtschaftsumfeld | Russland | Außenhandel

China und Russland rücken näher zusammen

Neue Investitionsprojekte und der Ausbau der Infrastruktur treiben den russisch-chinesischen Warenaustausch voran. Das Handelsvolumen soll bald 200 Milliarden US-Dollar erreichen.

Von Gerit Schulze | Moskau

Höher, schneller, weiter – das olympische Motto übertragen Russland und China auf ihre Wirtschaftsbeziehungen. Die beiden Staatschefs vereinbarten am Rande der Eröffnungsfeier bei den Winterspielen in Peking neue Investitionsprojekte und Handelsgeschäfte.

Eine Roadmap sieht vor, das bilaterale Handelsvolumen bis 2024 auf 200 Milliarden US-Dollar (US$) zu steigern. Im Jahr 2021 hatte der gemeinsame Warenaustausch laut russischer Zollstatistik einen Rekordwert von 140,7 Milliarden US$ erreicht.

Bild vergrößern

Milliardenschwere Großprojekte geplant

Um die Wirtschaftsbeziehungen weiter in Schwung zu bringen, planen beide Länder 65 gemeinsame Investitionsvorhaben im Gesamtwert von 120 Milliarden US$. Das erklärte Wladimir Putin in einem Grundsatzartikel vor Beginn der Olympischen Winterspiele in Peking. Konkret nannte Russlands Präsident Projekte zur Förderung und Verarbeitung von Rohstoffen, beim Infrastrukturbau und in der Landwirtschaft. Der Staatskonzern Rosatom unterstützt China beim Bau von vier Kernreaktoren.

Der russische Autohersteller Sollers und der chinesische Wettbewerber Chery kündigten an, in Uljanowsk gemeinsam eine lokale Fertigung von Chery-Autos aufzuziehen.

Das chinesische Bauunternehmen CRCC hat Interesse daran, einen Autobahnring um die Großstadt Wladiwostok zu finanzieren und zu errichten. Das Vorhaben kostet laut Experten rund 1 Milliarde US$. CRCC beteiligt sich über seine russische Tochterfirma bereits am Bau der Mautautobahn M12 von Moskau nach Kasan.

Entwicklungsbank könnte Infrastrukturbauten finanzieren

Russlands Wirtschaftsministerium hat der chinesischen Asian Infrastructure Investment Bank (AIIB) außerdem vorgeschlagen, mehrere Großprojekte im Land zu kofinanzieren. Dazu gehören neben der Ringautobahn in Wladiwostok auch die Transitstrecke Meridian (Europa-Westchina), mehrere Wind- und Solarparks in Südrussland, ein Getreideumschlagplatz in der Transbaikal-Region und ein Logistikterminal am Fluss Amur.

Darüber hinaus haben Moskau und Peking ein Memorandum zur engeren Zusammenarbeit beim Thema Nachhaltigkeit unterschrieben. Das Dokument sieht Investitionen in den Bereichen Solar- und Windenergie, Wasser- und Kernkraft sowie Nutzung von Biomasse vor. Außerdem wollen beide Länder Projekte für den Einsatz von Brennstoffzellen mit Wasserstoff auf den Weg bringen, Energiespeichertechnik entwickeln und beim Batterierecycling kooperieren.

China will mehr Autos und Konsumgüter liefern

Beim Handel will China in den kommenden Jahren vor allem die Lieferungen an Autos und Komponenten für den Schienenfahrzeugbau ausweiten, mehr petrochemische Produkte, Baumaterialien und Metallerzeugnisse nach Russland exportieren. Außerdem sieht das Land wachsende Absatzmöglichkeiten für Bekleidung und Textilien, Möbel, Spielzeug und Agrargüter beim Nachbarn.

Russland plant mehr Exporte von Energieträgern und landwirtschaftlichen Erzeugnissen wie Getreide, Pflanzenöl, Futtermittel und Fisch. Außerdem will Moskau dem Reich der Mitte Flugzeuge, Schiffe und Eisenbahnen, Antriebs- und Navigationstechnik, Messtechnik und optische Geräte, Ausrüstungen für Kernkraftwerke, Chemische Erzeugnisse, Medikamente und Holzwaren verkaufen.

Russlands Exporte mit starkem Fokus auf Rohstoffen

Russland liefert bisher vor allem Erdölprodukte, Holz, Metalle und Kohle nach China, aber auch Fische, Lebensmittel und Maschinen. Die Warenstruktur der chinesischen Exporte ist breiter. Den größten Warenwert haben Elektronik und Rechentechnik, Maschinen, Bekleidung und Textilien, Autos und Fahrzeugteile.

Russlands wichtigste Exportgüter nach China (2020)

Produktgruppe (SITC-Nummer)

Exportvolumen in Mio. US$

Erdöl und Erdölprodukte (33)

26.090

Kork und Holz (24)

2.933

Metallurgische Erze und Metallabfälle (28)

2.465

Kohle, Koks und Briketts (32)

2.203

Besondere Warenverkehrsvorgänge und Waren (93)

2.065

Nichteisen-Metalle (68)

2.065

Kraftmaschinen und Kraftmaschinenausrüstungen (71)

1.684

Fische und andere Wassertiere; Zubereitungen davon (03)

1.551

Pflanzliche Fette und fette Öle (42)

1.080

Eisen und Stahl (67)

866

Quelle: UN Comtrade

Russlands wichtigste Importgüter aus China (2020)

Produktgruppe (SITC-Nummer)

Exportvolumen in Mio. US$

Nachrichtentechnik; Bild- und Tonaufzeichnungs- und -wiedergabegeräte (76)

8.064

Büromaschinen und automatische Datenverarbeitungsmaschinen (75)

6.469

Sonstige elektrische Maschinen, Apparate, Geräte und Einrichtungen (77)

6.074

Maschinen, Apparate und Geräte für verschiedene Zwecke (74)

3.969

Bekleidung und Bekleidungszubehör (84)

3.114

Verschiedene bearbeitete Waren (89)

2.748

Sonstige Metallwaren (69)

2.535

Arbeitsmaschinen für besondere Zwecke (72)

2.326

Straßenfahrzeuge (78)

2.110

Garne, Gewebe, fertiggestellte Spinnstofferzeugnisse (68)

1.884

Quelle: UN Comtrade

Massiver Ausbau der Gaslieferungen

Russlands Erdgaslieferungen nach China sollen sich mittelfristig auf jährlich 100 Milliarden Kubikmeter verzehnfachen. Das entspräche der Hälfte der bislang nach Europa exportierten Menge. Dafür baut Gazprom das bestehende Pipelinenetz aus. Bislang können über die Leitung „Sila Sibiri“ 10 Milliarden Kubikmeter Gas über die Grenze gepumpt werden. Diese Trasse soll bis 2024 eine Kapazität von 38 Milliarden Kubikmeter erreichen. Für eine weitere Leitung („Sojus-Wostok“ / „Sila Sibiri-2“) durch mongolisches Gebiet liegt seit Januar 2022 eine Machbarkeitsstudie vor. Der Baustart ist für 2024 vorgesehen.

Eine dritte Transportmöglichkeit Richtung China ist die Fernöstliche Route, die Gas von den Lagerstätten bei Sachalin ins Reich der Mitte leiten könnte. Ein Teilstück dieser Pipeline bis Wladiwostok existiert bereits. Die Weiterführung nach China wird auch als „Sila Sibiri-3“ bezeichnet (siehe Karte).

Bild vergrößern

Chinas Handelsüberschüsse verringern sich

Zu Beginn der 2000er Jahre erzielte Russland im Chinahandel noch einen Handelsüberschuss. Doch seit 2007 liefert das Reich der Mitte mehr Waren ins Nachbarland als es von dort importiert. Der chinesische Positivsaldo erreichte 2010 seinen bisherigen Rekordwert von über 19 Milliarden US$. Seitdem steigen die russischen Lieferungen aber wieder schneller, vor allem wegen der hohen Rohstoffpreise. Bis 2024 will Russland erneut deutliche Überschüsse im Handel mit China erreichen. Geplant ist ein Exportvolumen von 107 Milliarden US$, bei Importen im Wert von 93 Milliarden US$.

Bild vergrößern

Gegenseitige Einfuhrverbote hemmen den Austausch

Noch bremsen einige Handelshemmnisse den bilateralen Warenaustausch. China verbietet seit einem Jahr den Import von russischem Pazifikdorsch, wodurch den Fischereibetrieben bis zu 400 Millionen US$ entgehen sollen. Russland wiederum untersagte die Einfuhr von Zitrusfrüchten aus dem Nachbarland. Dieses Verbot wurde Anfang Februar 2022 aufgehoben.

Russische Exporteure wickeln jedes zweite Liefergeschäft mit China in Euro ab. Der US-Dollar hatte laut Zentralbank in den ersten neun Monaten 2021 einen Anteil von 37 Prozent.


Mehr zum Thema:

China gewinnt immer mehr Marktanteile

Deutsche Maschinen und Autos konkurrieren in Russland zunehmend mit asiatischen Produkten. Der schwache Rubel und Moskaus Konflikte mit dem Westen beschleunigen diesen Trend.

Feedback

Anmeldung

Bitte melden Sie sich auf dieser Seite mit Ihren Zugangsdaten an. Sollten Sie noch kein Benutzerkonto haben, so gelangen Sie über den Button "Neuen Account erstellen" zur kostenlosen Registrierung.