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Wirtschaftsumfeld | Russland | Gegensanktionen

Russland verfügt Rubelzahlungen für Rechte an geistigem Eigentum

Russische Nutzer von geistigem Eigentum können bestimmte ausländische Rechtsinhaber künftig in Rubel bezahlen. Diese Zahlungen sind auf Sonderkonten bei festgelegten russischen Banken zu leisten.

Von Edda Wolf | Bonn

Russische Nutzer von geistigem Eigentum können ab sofort bestimmte ausländische Rechtsinhaber in Rubel statt in der vertraglich vereinbarten Währung bezahlen. Am 27. Mai 2022 unterzeichnete der russische Präsident Wladimir Putin den Erlass Nr. 322 „Über das vorübergehende Verfahren zur Erfüllung von Verpflichtungen gegenüber bestimmten Rechtsinhabern“. Dieser schreibt vor, dass die Zahlungen für bestimmte Rechtsinhaber auf spezielle Rubelkonten vom Typ O zu leisten sind, die bei von der russischen Regierung festgelegten russischen Banken eröffnet werden.

Welche Rechtsinhaber sind vom neuen Erlass betroffen?

Die neue Maßnahme betrifft Zahlungen an Rechtsinhaber von geistigem Eigentum (sowie von ihnen kontrollierte Personen), wenn sie:

  • mit einem ausländischen Staat verbunden sind, der sogenannte „unfreundliche Handlungen" gegenüber der Russischen Föderation begeht (Sanktionen wegen des Kriegs gegen die Ukraine verhängt hat). Diese Verbindung kann entweder durch die Staatsangehörigkeit oder den Ort der Registrierung der Person oder durch die Bindung an einen Ort der Geschäftstätigkeit und der Gewinnerzielung zum Ausdruck kommen;
  • die Sanktionen gegen Russland öffentlich unterstützen oder unterstützt haben;
  • ihre Aktivitäten/Produktion in Russland nach dem 23. Februar 2022 eingestellt oder eingeschränkt haben;
  • die Nutzung ihres geistigen Eigentums (Warenzeichen, Marken, Patente, Software etc.) in der Russischen Föderation nach dem 23. Februar 2022 untersagt haben;
  • sich öffentlich (auch im Internet) gegen die Handlungen der Russischen Föderation, auch “in unanständiger Weise“, geäußert haben und "Respektlosigkeit" gegenüber Russland, seiner Gesellschaft und seinen Behörden zum Ausdruck gebracht haben;
  • Informationen verbreitet haben, die die russischen Streitkräfte "diskreditieren".

Zu den Rechtsinhabern, deren Lizenzgebühren ab sofort über Rubel-Sonderkonten abgerechnet werden können, gehören alle Personen, die unter die oben genannten Kriterien fallen. Am häufigsten werden Rechtsinhaber von Warenzeichen, Marken und Patenten für Erfindungen betroffen sein. Daneben auch Film- und Tonstudios, Musiker und andere. Die russische Wirtschaftszeitung Kommersant zitiert dazu den politischen Analysten Pawel Salin, laut dem fast jedes ausländische Unternehmen auf der Liste der „Übeltäter“ landen kann: "Solche vagen Formulierungen werden bewusst in die Gesetzgebung aufgenommen, um den Handlungsspielraum zu maximieren und innerhalb von buchstäblich Minuten, wenn nicht Stunden, eine Entscheidung über den einzelnen Rechtsinhaber zu treffen.“

Gibt es Ausnahmen vom Erlass?

Für bestimmte Fälle gelten Ausnahmen vom Erlass. Die Zahlungen erfolgen dann nach dem bisherigen Verfahren, nicht in Rubel. Diese Ausnahmen werden in Paragraph 17 des Erlasses präzisiert.

Dazu gehören folgende Fälle:

  • Wenn ein Schuldner einen Vertrag mit einem ausländischen Rechtsinhaber (der mit einem sogenannten „unfreundlichen Staat“ in Verbindung steht) hat und die Gewährung des Rechts zur Nutzung von Ergebnissen geistiger Tätigkeit und/oder von Individualisierungsmitteln notwendig ist für: (1) die Einfuhr oder Herstellung von Arzneimitteln, medizinischen Geräten, industriellen und landwirtschaftlichen Produkten, sowie Lebensmitteln in Russland; (2) die Erbringung von Kommunikationsdienstleistungen (einschließlich Datenübertragung, Internetzugang) oder Verkehrsdienstleistungen; (3) die Erstellung und/oder Nutzung von Computerprogrammen, Datenbanken, Informations- und Kommunikationstechnologien in Russland.
  • Wenn Zahlungen von bis zu 100.000 Rubel (oder Gegenwert in ausländischer Währung), die von einer in Russland ansässigen natürlichen Person im Zusammenhang mit der Nutzung von geistigem Eigentum für persönliche, familiäre oder Haushaltszwecke, die nicht mit geschäftlichen Tätigkeiten verbunden sind, zu leisten sind, sofern diese Nutzung nicht der Erzielung von Gewinn oder Einkommen dient.
  • Zahlungen an ausländische Rechtsinhaber (die mit sogenannten "unfreundlichen Staaten" in Verbindung stehen), die ihre Verpflichtungen aus den mit den russischen Schuldnern geschlossenen Verträgen ordnungsgemäß erfüllen.

Wenn ein ausländischer Rechtsinhaber, der mit einem von der russischen Regierung als „unfreundlich" bezeichneten Staat verbunden ist, die Nutzung der Ergebnisse seiner geistigen Tätigkeit oder von Individualisierungsmitteln (Marken, Warenzeichen) nicht untersagt hat und weiterhin in Russland tätig ist, wird er von dem im Erlass vorgesehenen Verfahren nicht betroffen sein.

Welche Arten von Zahlungen sind betroffen?

Der Erlass nennt folgende Arten von Zahlungen, die im Rahmen des neuen Verfahrens vollstreckbar sind:

  • Vergütungen, Zahlungen im Zusammenhang mit der Ausübung und dem Schutz von ausschließlichen Rechten des Rechtsinhabers;
  • sonstige Zahlungen, einschließlich Strafen (Bußgelder, Zinsen) und sonstige finanzielle Sanktionen.

In Paragraph 4 des Erlasses werden ausdrücklich die folgenden Verträge genannt, die der Zahlung auf das Sonderkonto unterliegen:

  • Lizenzvereinbarungen;
  • Unterlizenzvereinbarungen;
  • Vereinbarungen über die Übertragung von Befugnissen zur Rechtewahrnehmung (einschließlich Vereinbarungen, die von einer Organisation zur Rechtewahrnehmung auf kollektiver Basis geschlossen werden);
  • sonstige Verträge, die die Zahlung eines Entgelts im Zusammenhang mit der Nutzung der Ergebnisse der geistigen Tätigkeit und (oder) der Individualisierungsmittel durch den Schuldner vorsehen, deren ausschließliche Rechte dem Rechtsinhaber zustehen.

Es scheint also, dass die letztgenannte Kategorie von Verträgen auch kommerzielle Konzessionsverträge (Franchising) umfasst.

Gleichzeitig lässt der recht weit gefasste Wortlaut des Erlasses darauf schließen, dass sich die Verpflichtungen sowohl aus der Vereinbarung über die Ausübung von Ausschließlichkeitsrechten als auch aus der außervertraglichen Nutzung ergeben können. Hierzu würde beispielsweise die zugesprochene Entschädigung für die Verletzung der Ausschließlichkeitsrechte des Rechtsinhabers aufgrund einer Gerichtsentscheidung zählen.

Laut der russischen Rechtsanwaltskanzlei Semenov & Pevzner können sich bei der Anwendung des Erlasses Schwierigkeiten bei der Rückforderung von Entschädigungen ergeben, die das Gericht im Rahmen eines Vollstreckungsverfahrens zugunsten der unter den Erlass fallenden Rechtsinhaber zuspricht. Denn im Erlass wird nicht auf den Fall eingegangen, dass die dem Rechtsinhaber geschuldeten Beträge bereits im Rahmen des Vollstreckungsverfahrens vom Schuldner eingezogen wurden und vom Hinterlegungskonto des Gerichtsvollziehers auf das Konto des Rechtsinhabers überwiesen werden sollen. Gerichtsvollzieher sind nicht unter den Personen aufgeführt, die das Recht haben, bei einer Bank die Eröffnung eines Sonderkontos vom Typ O für den Rechtsinhaber zu beantragen. Das kann für den Rechtsinhaber zu Schwierigkeiten führen, da der Erlass die Erfüllung von Zahlungsverpflichtungen gegenüber Rechtsinhabern auf andere Weise als über ein solches Sonderkonto verbietet.

Wie sieht das Verfahren zur Zahlung in Rubel auf Sonderkonten aus?

Auf Antrag des Schuldners wird bei einer zugelassenen russischen Bank ein Sonderkonto vom Typ O eröffnet und in Rubel geführt. Das heißt es wird davon ausgegangen, dass der Schuldner seinen Zahlungsverpflichtungen freiwillig nachkommt. Der Erlass besagt, dass zur Eröffnung eines solchen Sonderkontos kein Antrag des Rechtsinhabers oder dessen Zustimmung erforderlich ist.

Es kann jedoch nur ein Konto auf den Namen eines Rechtsinhabers eröffnet werden. Hat der Schuldner die Eröffnung eines Sonderkontos vom Typ O für den Rechtsinhaber bei einer Bank beantragt, während ein solches Konto bereits bei einer anderen Bank eröffnet wurde, so ist diese verpflichtet, dem Schuldner die Angaben zu dem bereits eröffneten Konto mitzuteilen. In diesem Fall ist bislang unklar, wie die Banken zusammenarbeiten werden.

Die Details des Verfahrens für spezielle Rubelkonten vom Typ O sind geregelt im Beschluss des Verwaltungsrats der Zentralbank von Russland vom 10. Juni 2022 „Über die Einrichtung eines Verfahrens für ein spezielles Rubelkonto des Typs O“.

Wie erfährt der Rechtsinhaber von der Eröffnung eines Sonderkontos?

Liegen der Bank verlässliche Informationen über die Postanschrift, die E-Mail-Adresse und (oder) die Kontakttelefonnummer des Rechtsinhabers oder seines Vertreters vor, so teilt die Bank dem Rechtsinhaber oder seinem Vertreter mit, dass ein Konto auf seinen Namen eröffnet wurde. Außerdem nennt sie ihm die entsprechenden Einzelheiten.

Gleichzeitig ist der Rechtsinhaber selbst verpflichtet, jeden Schuldner, der ihn darum bittet, über die Einzelheiten eines solchen Sonderkontos zu informieren. Wenn die Tätigkeit des Rechtsinhabers den Abschluss öffentlicher Verträge (mit jedem, der den Rechtsinhaber darum bittet) beinhaltet, ist der Rechtsinhaber auch verpflichtet, die Einzelheiten seines Sonderkontos auf seiner Website zu veröffentlichen.

Wie kommt der Rechtsinhaber an das ihm geschuldete Geld?

Die Einzelheiten der Einzahlung und Abbuchung von Geldern auf Sonderkonten vom Typ O werden durch einen (zum Zeitpunkt der Erstellung dieses Berichts noch nicht veröffentlichten) Beschluss des Verwaltungsrats der russischen Zentralbank festgelegt.

Um Gelder von einem Sonderkonto abzuheben, muss der Rechtsinhaber eine Genehmigung einholen. Zu diesem Zweck können der Rechtsinhaber oder der Schuldner (sowie ihre Vertreter) bei der Regierungskommission für die Kontrolle ausländischer Investitionen in der Russischen Föderation die Erlaubnis zur Überweisung auf ein Bankkonto oder sonstiges Konto des Rechtsinhabers (einschließlich eines Kontos bei einer Bank außerhalb Russlands) beantragen. Der Beschluss der Regierungskommission kann jedoch besondere Bedingungen für eine solche Überweisung enthalten.

Welche Banken sind zugelassen?

Welche Banken zugelassen sind und die Einzelheiten der Regulierung der Konten vom Typ O sind in der Verordnung der Regierung der Russischen Föderation Nr. 1031 vom 6. Juni 2022 "Über die Umsetzung bestimmter Bestimmungen des Erlasses des Präsidenten der Russischen Föderation Nr. 322 vom 27. Mai 2022" festgelegt. Durch die Verordnung Nr. 1031 werden auch die "Regeln für den Austausch von Informationen zwischen autorisierten Banken über bei ihnen eröffnete Sonderkonten des Typs O" bestätigt.

Zugelassen werden können Kreditinstitute mit einem Kreditrating von mindestens "A" gemäß der nationalen Ratingskala für die Russische Föderation der Kreditratingagentur Analytical Credit Rating Agency oder einem Kreditrating von mindestens "ruA" gemäß dem nationalen Rating Skala für die Russische Föderation der Ratingagentur „Expert RA“ vom 1. Juni 2022.

Ein Kreditinstitut, das die oben genannten Anforderungen erfüllt und beschlossen hat, die Tätigkeiten einer zugelassenen Bank auszuüben, veröffentlicht Informationen über diese Entscheidung auf seiner offiziellen Website im Internet. Außerdem benachrichtigt es über diese Entscheidung alle anderen Kreditorganisationen, die Zentralbank und das Finanzministerium der Russischen Föderation. Ein Kreditinstitut gilt ab dem Tag als zugelassene Bank, an dem es die vorgesehene Mitteilung abgeschickt hat.

Russische Lizenznehmer sollen ausländisches geistiges Eigentum weiter nutzen können

Das Sonderverfahren soll den russischen Nutzern der Ergebnisse von geistiger Tätigkeit und der Individualisierungsmittel (Warenzeichen) von ausländischen Rechtsinhabern die Möglichkeit geben, das geistige Eigentum aus bereits abgeschlossenen Verträgen weiter zu nutzen. Es soll vermieden werden, dass die Rechtsinhaber von den Verträgen zurücktreten, weil es nicht möglich ist, das Geld von Russland aus auf ausländische Bankkonten zu überweisen. Die Zahlung der Lizenzgebühren in Rubel soll es also Theatern, Kinos, Videodiensten, Industrieherstellern und Handelsunternehmen - einschließlich solcher, die Zahlungen an Organisationen zur kollektiven Rechtewahrnehmung leisten - in Russland ermöglichen, geistiges Eigentum von Lizenzgebern aus Ländern, die Sanktionen gegen Russland verhängt haben, weiterhin zu verwenden.

Darüber hinaus zielt der Erlass offenbar darauf ab, die Rechtsinhaber dazu zu zwingen, ihre Tätigkeit in Russland nicht einzustellen und die Nutzung ihres geistigen Eigentums in Russland nicht zu untersagen.

Hauptbetroffene werden international bekannte Marken sein

In der Praxis werden die meisten Verträge mit ausländischen Rechtsinhabern bereits in Rubel abgeschlossen, erklärte Kirill Nikitin, Leiter der Anwaltskanzlei VEGAS LEX, gegenüber der Wirtschaftszeitung Kommersant. "Alle Zahlungen im Rahmen russischer Verträge, die in Russland abgeschlossen werden, müssen in Rubel geleistet werden. Die Bestimmung, die die Zahlung in ausländischer Währung für solche Verträge verbietet, war schon vorher in Kraft."

Die neue Maßnahme dürfte vor allem die international bekanntesten Marken betreffen, die ihren Rückzug aus Russland angekündigt oder ihre Aktivitäten im Land eingestellt haben, meint Nikitin. "In diesem Fall handelt es sich wahrscheinlich um eine kleinere Kategorie von Rechtsinhabern. Populäre Marken - Apple, McDonald's und so weiter - sind alle in Russland registriert."

"Alle Warenzeichen sind auf dem russischen Territorium schutzfähig, und ihre Veräußerung unterliegt ebenfalls dem Recht unseres Landes. Aber der Rechtsinhaber hat auch internationalen Schutz, und vielleicht wurden einige Vereinbarungen von Rechtsinhabern unter ausländischer Jurisdiktion geschlossen", erläuterte Nikitin.

Kann die Zahlung in Rubel gerichtlich angefochten werden?

Es ist wahrscheinlich, dass die von dem Erlass betroffenen ausländischen Unternehmen in naher Zukunft versuchen werden, die Währungsumstellung gerichtlich anzufechten, sagt Roman Lukyanov, geschäftsführender Partner der Anwaltskanzlei Semenov & Pevzner: "Es ist nicht unmöglich. Wenn ein ausländischer Rechtsinhaber eine Lizenz zur Nutzung seines geistigen Eigentums an ein russisches Unternehmen vergibt, unterliegen solche Transaktionen der ausländischen Gesetzgebung und beinhalten keinen Zwangsumtausch. Hypothetisch könnte eine Situation eintreten, die nicht in die russische Zuständigkeit fällt.“

Lukyanov weiter: „Selbst wenn ein ausländisches Gericht entscheidet, wird es eine Entscheidung geben, die dann irgendwie durchgesetzt werden muss. Wenn ein Unternehmen aus Russland keine Vermögenswerte außerhalb Russlands hat, muss der Rechtsinhaber die Entscheidung in Russland vollstrecken. Am Ende wird alles wieder beim Ausgangspunkt sein.“

Fazit: Der Erlass wirft in der Praxis eine Reihe von Fragen im Zusammenhang mit seiner Umsetzung auf. Die russische Regierung hat das Ministerium für wirtschaftliche Entwicklung als föderales Exekutivorgan benannt, das gemäß Absatz 18 Unterabsatz "b" des Präsidialerlasses Nr. 322 vom 27. Mai 2022 befugt ist, offizielle Erklärungen zur Anwendung des Erlasses abzugeben.


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