Wirtschaftsumfeld | Russland | Gegensanktionen
Russland will ausländische Vermögenswerte beschlagnahmen
Der Kreml verschärft sein Vorgehen gegen westliche Firmen. Sollten diese ihre Tätigkeit einstellen oder das Land verlassen wollen, droht eine Verstaatlichung zu Schleuderpreisen.
24.06.2023
Von Hans-Jürgen Wittmann | Berlin
Die Regierung arbeitet an einem Erlass, der es erlaubt, ausländische Aktiva zu beschlagnahmen, meldet die Financial Times. Im Visier sind Firmen, die den Rückzug aus Russland antreten wollen und aus Ländern kommen, die Sanktionen gegen Russland verhängt haben (russ.: "unfreundliche Staaten"). Der Staat erhält ein vorrangiges Zugriffsrecht - verbunden mit einem erheblichen Preisnachlass - auf alle zu veräußernden westlichen Fabriken und weitere Vermögenswerte, um sie mit Gewinn weiter zu verkaufen. Private russische Investoren, die dem Staat diese Aktiva westlicher Firmen abkaufen wollen, müssen garantieren, dass keine ausländischen Anteilseigner an der Transaktion beteiligt sind.
"Wenn eine Firma ihren Verpflichtungen nicht nachkommt, fällt sie in die Kategorie der unartigen Unternehmen. Wir verabschieden uns von ihr und was wir danach mit ihrem Vermögen machen, ist unsere Sache", fasste Kreml-Sprecher Dmitri Peskow den Inhalt des Präsidialerlasses zusammen. Dessen Ziel ist es, westliche Firmen im Land zu halten und den Abfluss von Know-how und Investitionen zu verhindern. Sollten Firmen aus westlichen Staaten trotzdem das Land verlassen, will Russland zumindest seinen klammen Staatshaushalt mit dem Verkauf beschlagnahmter Aktiva aufbessern.
Der geplante Erlass verschärft bereits bestehende Maßnahmen. Ein anderer Präsidialerlass erlaubt dem Staat die zeitweise Fremdverwaltung ausländischer Aktiva. Erstes Opfer ist die russische Tochterfirma des deutschen Energiekonzerns Uniper.
