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Wirtschaftsumfeld | Russland | Gegensanktionen: Fremdverwaltung

Russland will ausländische Vermögenswerte fremdverwalten

Moskau legalisiert die Fremdverwaltung westlicher Aktiva und schafft faktisch die Basis für eine Enteignung. Erstes Opfer ist die Tochterfirma des deutschen Energiekonzerns Uniper.

Von Hans-Jürgen Wittmann | Berlin

Der Kreml macht Ernst und droht ausländischen Investoren mit Enteignung. Präsident Wladimir Putin unterzeichnete am 25. April 2023 den Erlass Nr. 302 "Über die vorübergehende Fremdverwaltung bestimmten Eigentums", der die vorübergehende Übernahme der Kontrolle über ausländische Aktiva in Russland erlaubt. Für bewegliches und unbewegliches Vermögen, Wertpapiere, Aktien, Anteile an Kapitalgesellschaften, sowie Eigentums- und Grundstücksrechte von ausländischen juristischen und privaten Personen aus Ländern, die Sanktionen gegen Russland verhängt haben (sogenannte "unfreundliche Staaten"), kann eine Fremdverwaltung angeordnet werden.

Moskau reagiert auf westliche Sanktionen

Die Fremdverwaltung kommt zur Anwendung, wenn Vermögenswerte des russischen Staates, russischer Unternehmen oder Privatpersonen im Ausland von westlichen Ländern beschlagnahmt wurden. Auch bei einer Bedrohungslage für die nationale, wirtschaftliche oder Energiesicherheit sowie für die Verteidigungsbereitschaft des Landes kann das Staatsoberhaupt eine zeitweise Fremdverwaltung anordnen. Was genau unter den jeweiligen Begriffen zu verstehen ist, lässt das Dokument jedoch offen.

De jure handelt es sich bei dem Präsidialerlass Nr. 302 zwar nicht direkt um eine Rechtsgrundlage zur Enteignung westlicher Aktiva. Faktisch aber schafft der Kreml damit doch die Voraussetzung für die Bildung eines Kompensationsfonds zur Entschädigung russischer Unternehmen, deren Aktiva im Ausland eingefroren wurden.

Deutscher Energiekonzern von Fremdverwaltung betroffen

Von dem Erlass zur Fremdverwaltung betroffen sind prioritär Energiekonzerne, die für die Stabilität der russischen Energiewirtschaft von größter Bedeutung sind. Darunter befindet sich mit der Unipro AG das russische Tochterunternehmen des vom Bund verstaatlichten Energiekonzerns Uniper SE. Auf Grundlage des Erlasses Nr. 302 wurden 83,73 Prozent der Aktien von Unipro, die Uniper gehören, sowie rund 98 Prozent der Anteile der Fortum AG, die der Fortum Russia B.V. sowie der Fortum Holding B.V. gehören, unter Fremdverwaltung gestellt.

Unipro besitzt aktuell noch fünf Wärmekraftwerke in Russland. Nach Beginn des russischen Angriffskrieges auf die Ukraine beschloss der Konzern jedoch, neue Investitionen in Russland auf Eis zu legen und sein Geschäft dort zu verkaufen. Doch ein Präsidialerlass gestattet Energiekonzernen den Rückzug aus Russland nur per Sondergenehmigung.

Staatliche Behörde handelt als Fremdverwalter

Als vorübergehender Verwalter der ausländischen Vermögenswerte fungiert die Behörde zur Liegenschaftsverwaltung, Rosimuschestwo. Auf Beschluss des Präsidenten kann jedoch auch eine andere Struktur als Vermögensverwalter benannt werden. Rosimuschestwo übt sämtliche Befugnisse des Eigentümers dieser Aktiva aus, also deren Verwaltung, Nutzung oder Ausübung der Stimmrechte. Der vorübergehende Verwalter ist zudem zur Inventarisierung des Vermögens und für dessen "sichere Verwahrung" verpflichtet. Rosimuschestwo kann allerdings nicht über das Eigentum selbst verfügen, es etwa veräußern. Die entstehenden Aufwendungen für die Fremdverwaltung sollen aus den Vermögenswerten selbst oder aus den Erträgen aus ihrer Nutzung getragen werden.

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