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Nahrungsmittelmarkt bietet Perspektiven
Saudi-Arabien arbeitet an einer Ausweitung der lokalen Agrar- und Fischereiproduktion sowie dem Ausbau der Nahrungsmittelverarbeitung. Dennoch bleiben die Importe auf hohem Niveau.
14.10.2021
Von Robert Espey | Dubai
Aufgrund der klimatischen Bedingungen wird Saudi-Arabien dauerhaft seine Nahrungsmittelnachfrage durch hohe Einfuhren decken müssen, derzeit sind es 70 bis 80 Prozent des Lebensmittelkonsums. Die Bemühungen um steigende Selbstversorgungsquoten bei Agrar- und Fischereiprodukten haben allerdings in verschiedenen Bereichen zu beachtlichen Erfolgen geführt. Die reale (preisbereinigte) Wertschöpfung des Agrar- und Fischereisektors wächst aber seit Jahren nur sehr langsam.
Agrarsektor mit schwachem Wachstum
Nach Angaben der saudi-arabischen Statistikbehörde betrug das durchschnittliche Wachstum im Agrarsektor im Zeitraum 2015 bis 2020 jährlich 0,17 Prozent. Die Wertschöpfung verminderte sich 2020 gegenüber dem Vorjahr aber um 1,7 Prozent und lag damit nur noch 1 Prozent über dem 2015 erreichten Wert. Im 1. Halbjahr 2021 konnte aber ein Plus von 3,1 Prozent verbucht werden.
Dem Ministerium für Umwelt, Wasser und Landwirtschaft zufolge hatte Saudi-Arabien 2019 bei Gemüse und Geflügel eine Selbstversorgungsquote von über 60 Prozent erreicht. Bei Eiern und Milch waren es 116 beziehungsweise 109 Prozent. Etwa 55 Prozent sollen es im Fischereisektor sein. Die höchste Quote wird für die Dattelerzeugung (125 Prozent) ausgewiesen.
In einer im September 2021 erschienenen Studie des in Dubai ansässigen Finanzdienstleisters Alpen Capital wird für Molkereiprodukte eine Selbstversorgungsquote von 112 Prozent genannt (Stand: 2019). Relativ hohe Werte erreichen auch Fleisch (59 Prozent), Früchte (52 Prozent) und Gemüse (52 Prozent).
Die Selbstversorgungsrate im Bereich Getreide ist auf unter 10 Prozent gesunken. Nach einer starken Expansion des Weizenanbaus wurde die Erzeugung 2015 angesichts des hohen Wasserverbrauchs weitgehend eingestellt. Seit 2018 aber darf Weizen beschränkt wieder angebaut werden, etwa 0,2 Millionen Tonnen pro Jahr.
Eine weitere Steigerung der lokalen Agrarproduktion erfordert den Einsatz wassersparender Anbaumethoden. Hier bieten sich für innovative Unternehmen interessante Investitionschancen.
Investoren für den Nahrungsmittelsektor gesucht
Saudi-Arabien verfolgt im Nahrungsmittelsektor eine Importsubstitutionsstrategie. Gleichzeitig sollen Exportmärkte ausgebaut werden. Die zum Investitionsministerium, dem Ministry of Investment (MISA), gehörende Investitionsförderungsorganisation "Invest Saudi" gibt das Volumen des saudi-arabischen Nahrungsmittelmarktes mit 49 Milliarden US$ an. Sie erwartet im Zeitraum 2021 bis 2025 ein durchschnittliches Wachstum von 6 Prozent. Diese Prognose erscheint einigen Beobachtern allerdings zu optimistisch.
"Invest Saudi" nennt drei Sektoren die für Investoren besonders attraktiv sind: Thunfischkonserven, Geflügel und Fischzucht. Derzeit existiert in Saudi-Arabien noch keine Produktion von Thunfischkonserven. Für 2018 wird der Absatz von Thunfischkonserven mit 53.000 Tonnen angegeben, bis 2022 soll es zu einem Anstieg auf 70.000 Tonnen kommen.
Gemäß "Invest Saudi" soll bei Geflügel die Selbstversorgungsrate bis 2023 von 54 Prozent (2019) auf 60 Prozent erhöht werden. Der Geflügelmarkt wird den Plänen zufolge bis 2030 von 1,52 Millionen Tonnen (2019) auf 1,71 Millionen Tonnen expandieren, eine Selbstversorgungsrate von 80 Prozent wird angestrebt.
Es ist geplant, dass neue Fischfarmen vor allem an der 1.800 Kilometer langen Küste des Roten Meeres entstehen. Die Regierung hat den Genehmigungsprozess für Fischfarmprojekte erleichtert, insgesamt sind 13 mögliche Standorte identifiziert worden.
Mit einem Fonds über 346 Millionen US$ will das Land die Entwicklung innovativer Technologien für Fischfarmen unterstützen. Derzeit dürfte die jährliche Fisch- und Garnelenfarm-Produktion unter 100.000 Tonnen liegen, als Ziel für 2030 werden 600.000 Tonnen genannt.
Als weitere Investitionschancen nennt "Invest Saudi" die Produktion von Tiefkühlfrüchten und -gemüse, die Herstellung würziger, salziger Snacks sowie süßer Biskuits. Konkret schlägt die Organisation den Bau einer 16 Millionen US$ teuren Fabrik für Tiefkühlprodukte, die Errichtung einer Biskuitfabrik für ebenfalls 16 Millionen US$ sowie eines Werks zur Herstellung von Snacks für 13 Millionen US$ vor.
Einfuhrwert deutlich gestiegen
Gemäß den Daten der saudi-arabischen Statistikbehörde haben die Nahrungsmittelimporte 2020 (HS-Kapitel 2 bis 5, 8 bis 12 und 15 bis 22) um 6,5 Prozent auf 20,6 Milliarden US$ zugelegt. Inwieweit es sich hier um Preis- und/oder Mengeneffekte handelt, ist unklar. Für 2019 wird ein Anstieg um nur 0,3 Prozent auf 19,4 Milliarden US$ ausgewiesen.
HS-Kapitel | Produktbezeichnung | 2018 | 2019 | 2020 |
---|---|---|---|---|
10 | Getreide | 4.605 | 3.547 | 4.298 |
04 | Milch, Milcherzeugnisse, Vogeleier etc. | 1.888 | 1.972 | 2.257 |
02 | Fleisch etc. | 1.860 | 1.969 | 1.837 |
08 | Genießbare Früchte und Nüsse etc. | 1.582 | 1.740 | 1.775 |
19 | Zubereitungen aus Getreide etc. | 1.427 | 1.565 | 1.597 |
21 | Verschiedene Lebensmittelzubereitungen | 1.339 | 1.378 | 1.433 |
09 | Kaffee, Tee | 863 | 956 | 1.184 |
20 | Zubereitungen von Gemüse, Früchten etc. | 883 | 974 | 1.001 |
12 | Ölsamen und ölhaltige Früchte etc. | 787 | 931 | 946 |
15 | Tierische und pflanzliche Fette und Öle | 939 | 890 | 897 |
17 | Zucker und Zuckerwaren | 797 | 817 | 829 |
07 | Gemüse, Pflanzen etc., die zu Ernährungszwecken verwendet werden | 614 | 750 | 728 |
16 | Zubereitungen aus Fleisch, Fischen etc. | 413 | 470 | 479 |
18 | Kakao und Zubereitungen aus Kakao | 543 | 557 | 468 |
03 | Fische und Krebstiere | 409 | 450 | 380 |
22 | Getränke, alkoholhaltige Flüssigkeiten und Essig | 180 | 213 | 298 |
11 | Müllereierzeugnisse etc. | 207 | 209 | 233 |
05 | Andere Waren tierischen Ursprungs | 6 | 7 | 6 |
Summe | 19.342 | 19.395 | 20.646 |
Die Getreideeinfuhr (HS 10) erhöhte sich um 21,2 Prozent auf 4,3 Milliarden US$. Bei Molkereiprodukten und Eiern (HS 04) wird ein Zuwachs um 14,4 Prozent auf 2,3 Milliarden US$ gemeldet, bei Kaffee und Tee (HS 09) ein Plus von 23,8 Prozent auf 1,2 Milliarden US$. Der Fleischimport ging um 6,7 Prozent auf 1,8 Milliarden US$ zurück.
Deutsche Nahrungsmittellieferungen rückläufig
Die deutschen Nahrungsmittelexporte (SITC 01 bis 09 und 11) nach Saudi-Arabien sind in den ersten sieben Monaten 2021 um fast 52 Prozent auf 146 Millionen US$ gesunken, so das Statistische Bundesamt. Der Rückgang wurde vor allem durch einen Einbruch bei den Getreidelieferungen um 86 Prozent auf 22 Millionen US$ und einen Rückgang der Ausfuhren von Milch und Eiern um 31 Prozent auf 35 Millionen US$ verursacht.
SITC-Code | Bezeichnung | 2016 | 2017 | 2018 | 2019 | 2020 |
---|---|---|---|---|---|---|
01 | Fleisch und Zubereitungen von Fleisch | 0 | 0 | 0 | 0 | 0 |
02 | Milch- und Milchprodukte, Eier | 87 | 78 | 78 | 84 | 101 |
03 | Fische, Krebstiere etc. und Zubereitungen davon | 1 | 3 | 1 | 0 | 0 |
04 | Getreide und Getreideerzeugnisse | 495 | 487 | 371 | 208 | 222 |
05 | Gemüse und Früchte | 16 | 14 | 13 | 18 | 34 |
06 | Zucker, Zuckerwaren, Honig | 27 | 36 | 33 | 32 | 30 |
07 | Kaffee, Tee, Kakao, Gewürze und Waren daraus | 35 | 39 | 38 | 45 | 42 |
09 | Verschiedene genießbare Waren und Zubereitungen | 104 | 70 | 59 | 66 | 82 |
11 | Getränke | 3 | 3 | 3 | 5 | 5 |
Summe | 768 | 730 | 596 | 458 | 516 |
Im Jahr 2020 wurde eine leichte Erholung der deutschen Nahrungsmittellieferungen auf 516 Millionen US$ verzeichnet. Zwischen 2016 und 2019 waren die Ausfuhren kontinuierlich von 768 Millionen auf 458 Millionen US$ gefallen. Der entscheidende Faktor für die Gesamtentwicklung der deutschen Nahrungsmittelausfuhr nach Saudi-Arabien sind die Getreidelieferungen.
Hochwertige verarbeitete Lebensmittel aus Deutschland stoßen in Saudi-Arabien bei kaufkräftigen Konsumenten auf großes und steigendes Interesse. Der Trend in Richtung gesünderer Ernährung fördert diese Entwicklung. In Saudi-Arabien sind Diabetes und Übergewicht stark verbreitet.