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Mehr Mittel für die Transportinfrastruktur

Nahezu 83 Milliarden Euro sollen bis 2033 in die schwedische Straßen- und Schieneninfrastruktur fließen - die Hälfte davon in neue Projekte.

Von Michał Woźniak | Stockholm

Anfang Juni 2022 präsentierte die schwedische Regierung ein Update des Nationalen Plans für Transportinfrastruktur bis 2033. "Wir tätigen die größten Infrastrukturinvestitionen aller Zeiten. Mehr Menschen werden mit dem Zug zur Arbeit fahren, sicher auf der Straße unterwegs sein und Waren auf dem Seeweg verschicken können. Wir bauen das Verkehrssystem um und treiben die grüne industrielle Revolution mit Investitionen im ganzen Land voran", warb Infrastrukturminister Tomas Eneroth.

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Der Großteil der Mittel wird in über 70 Großprojekte fließen. Die Vorhaben kosten rund 10 Millionen Euro und umfassen ein breites Spektrum. Im Bahnbereich handelt es sich hauptsächlich um den zweispurigen Ausbau viel befahrener Strecken, die Erhöhung der zulässigen Fahrgeschwindigkeit sowie um die Modernisierung und dn Ausbau von Bahnhöfen. Hinzu kommen die Implementierung des Systems für Management und Steuerung des Eisenbahnverkehrs (ERTMS) sowie weitere Digitalisierungs- und Automatisierungslösungen. Im Straßentransport soll unter anderem in Verkehrstelematik (Intelligent Transportation Systems), Sicherheitsmaßnahmen, Radwege und den nachhaltigen Nahverkehr investiert werden. Darüber hinaus stehen der Streckenausbau und Modernisierungen auf dem Plan.

Ein Ansprechpartner für alle Fragen

Die Ausschreibungen wird die schwedische Verkehrsbehörde Trafikverket über das Portal Kommers publizieren. Nach einer kostenlosen Anmeldung können laufende Verfahren durchsucht und die Ausschreibungsdokumente eingesehen werden. Eine vorläufige Agenda der Termine einzelner Tender fasst der auf Englisch abrufbare Ausschreibungsplan zusammen.

Vor dem Hintergrund der derzeitigen Lieferkettenprobleme und der Inflationslage ist die Behörde angehalten, besonders auf die Projektkosten zu achten. "[Sie] muss energisch Maßnahmen ergreifen und systematisch an Kostensenkungsmaßnahmen arbeiten. Die Regierung überwacht die Arbeit der Agentur in engem Dialog mit ihr und beabsichtigt, ein Mandat für eine [andere] Behörde zur Überprüfung und Überwachung der Kostenkontrolle zu erteilen", heißt es von offizieller Stelle.

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Interessenten können sich selbst einen Überblick bei den alljährlichen Lieferantentagen von Trafikverket verschaffen. Im Jahr 2022 finden acht solcher Treffen im September und Oktober statt. Da die Präsentationen auf Schwedisch abgehalten werden, ist die Entsendung eines Mitarbeiters mit entsprechenden Sprachkenntnissen empfehlenswert. Weitere Gespräche können dann in Englisch fortgesetzt werden.

Schwedische Besonderheiten erschweren den Markteintritt

Chancen für solche Einblicke sollten nicht ausgelassen werden, da der Einstieg auf den schwedischen Baumarkt einige Herausforderungen birgt. Vor allem im Norden des Landes sind die klimatischen Besonderheiten zu beachten. Die Qualitätsschwerpunkte sind durchaus anders als in Deutschland. Die Bautätigkeit selbst wird digitaler und nachhaltiger ausgeführt. Das netzwerkbasierte Geschäftsleben muss von Außenseitern erst einmal durchdrungen werden. Es führt auch teilweise zu Kostennachteilen, da Rabatte für Material und Maschinen oftmals auf Basis der Zusammenarbeitshistorie erteilt werden.

„Zu beachten sind ferner Eigenarten in der operativen und administrativen Umsetzung sowie der schwedischen Geschäftskultur. Vor allem das Bewusstsein über „weiche“ Unterschiede, beispielsweise beim Einbinden der Gewerkschaften, der Kommunikationskultur oder der Projektleitung, ist essentiell für den nachhaltigen Erfolg“, unterstreicht Ninni Löwgren Tischer, Bereichsleiterin Market Entry & Development bei der Deutsch-Schwedischen Handelskammer (AHK Schweden). Trotz dieser Hürden empfiehlt sie deutschen Bauunternehmen das Geschäftspotenzial nicht zu unterschätzen. „Wie aus unserem engen Dialog mit der nationalen Infrastrukturbehörde und regionalen Auftraggebern hervorgeht, sind sie durch das enorme Projektvolumen zunehmend auf ausländische Kapazitäten und Kompetenzen angewiesen. Deutsche Anbieter haben dabei eine starke Ausgangsposition. Sie haben sich bereits als Generalauftragnehmer, aber auch Spezialisten in Nischenbereichen einen guten Ruf erarbeitet.“

Damit sind sie auch nicht im Nachteil gegenüber der einheimischen Konkurrenz. Laut dem schwedischen Statistikamt SCB waren knapp 117.000 Unternehmen im Bausektor tätig, allerdings nur etwa 1.200 davon im Straßen- und Schienenbereich. Jeder zehnte von ihnen hatte eine mindestens zweistellige Mitarbeiterzahl. Noch geringer fällt der Anteil solcher "Großunternehmen" unter den knapp 4.200 Architektenbüros und fast 14.000 technischen Beratungsunternehmen im Hoch- und Tiefbau aus.

Die Konkurrenz ist überlastet

Wie der Verband der Baubranche Byggföretagen in seinem monatlichen Baubarometer festhält, kommen diese Firmen aber an ihre Kapazitätsgrenzen. Laut Umfrageergebnissen von Mai 2022 meldeten 88 Prozent der Befragten Probleme bei der Mitarbeitersuche. Rund 75 Prozent mussten bereits Aufträge ablehnen - wegen fehlender Mitarbeiter oder mangelnder Qualifikationen. Deswegen fordert die Fachkräfteexpertin von Byggföretagen, Elin Kebert: "Wir müssen eine kurze einjährige Erwachsenenbildung für Maurer, Bodenleger, Fliesenleger, Straßen- und Bauarbeiter usw. schaffen". Bis eine solche aber implementiert ist und erste Früchte trägt, steigen auch für deutsche Unternehmen die Chancen, sich am Markt zu etablieren.

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Der Negativtrend bei Importen von Baudienstleistungen jedenfalls dürfte nach der starken Abkühlung des schwedischen Bausektors Ende 2019 und den darauffolgenden zwei Pandemiejahren wieder deutlichen Aufschwung erhalten - vor allem im Tiefbau.

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