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Neue Strategie für mehr Lademöglichkeiten
Die Regierung will den Straßenverkehr weiter elektrifizieren. Mehr Lademöglichkeiten sollen auch die Gütertransporte nachhaltiger machen.
03.03.2022
Von Michał Woźniak | Stockholm
Mit dem "Aktionsplan für die Elektrifizierung von Straßentransporten" gab Schweden Ende 2021 die Zielrichtung für die Nachhaltigkeitswende im Auto- und Lkw-Verkehr vor. Zum Zeitpunkt der Veröffentlichung seien landesweit etwa 2.600 öffentliche Ladestationen mit über 14.000 Ladepunkten in Betrieb gewesen. Die Anzahl nichtöffentlicher Ladepunkte war zeitgleich etwa dreieinhalbmal so hoch. Trotz einer Vervierfachung der Lademöglichkeiten binnen vier Jahren ist der Bedarf aber noch bei Weitem nicht abgedeckt.
Vor allem bei Schnellladestationen wird in den kommenden Jahren erheblich nachgerüstet werden müssen. Bis 2030 muss laut Aktionsplan das derzeitige Netzwerk von etwa 1.500 Hochleistungsladepunkten auf 8.700 Anschlüsse mit mindestens 150 Kilowatt (kW) aufgestockt werden. Nur so könnten die bis dahin prognostizierten 2 Millionen Elektrofahrzeuge auch auf der Langstrecke zur echten Verbrenner-Alternative werden.
Zu einer noch größeren Herausforderung dürfte der Aufbau der Stromversorgung für den Gütertransport werden. Laut der Regierungsagentur Trafik Analys fuhren 2021 von den über 85.500 zugelassenen Lkw gerademal 72 mit Strom. Der schwedische Verband der Energieindustrie Power Circle prognostiziert derweil, dass bis 2030 etwa 15 Prozent der Flotte auf Elektroantrieb umgestellt werden - also etwa 12.500 Fahrzeuge. Darauf basierend beziffert das schwedische Verkehrsamt Trafikverket den Bedarf auf 7.800 Ladepunkte. Ein Viertel davon wird entlang der Hauptverkehrsadern aufgestellt werden müssen, die restlichen in Logistikzentren oder an Drehkreuzen.
Unternehmen stehen mehrere Fördertöpfe zur Verfügung
In Schweden gibt es speziell für Investitionen in die Ladeinfrastruktur zwei landesweite Programme. Die Umweltschutzagentur unterstützt Wohngemeinschaften, Organisationen und Unternehmen mit bis zu 50 Prozent der Installationskosten, aber nicht mehr als 15.000 schwedischer Kronen (skr; etwa 1.417 Euro; 1 Euro = 10,5848 skr; Stand: 28.2.22) je Ladepunkt.
Ab 1. März 2022 nimmt daneben die Energieagentur Energimyndigheten Anträge für sogenannte regionale Elektrifizierungs-Pilotprojekte entgegen. In ihrem Rahmen sollen zusammenhängende Ladeinfrastrukturen für den "relativ kurzen regionalen Güterverkehr" aufgebaut werden. Unternehmen und regionale Betreiber können sich die vollen Investitionskosten rückerstatten lassen. Bedingung dafür ist, "dass die Projekte die gewonnenen Erfahrungen weitergeben und dass die [Ladestationen und Wasserstofftankstellen] mindestens fünf Jahre lang nach ihrer Errichtung in Betrieb bleiben". Für diese Maßnahme bewilligte die Regierung im Haushalt 2022 über 50 Millionen Euro.
Eine Kofinanzierung von Lademöglichkeiten bietet ferner das Nachhaltigkeitsförderprogramm Klimatklivet für Unternehmen und Organisationen. Je nach Größe des Antragsstellers und Standort sind hierbei Zuschüsse in Höhe von 30 bis 65 Prozent der Investitionskosten möglich.
Privatpersonen können die Installation eines Ladepunktes bei sich zuhause steuerlich geltend machen. Die Kosten für Material und Arbeit können zur Hälfte mit der Einkommenssteuer verrechnet werden.
Außerdem bieten mitunter Kommunen und Regionen ihre Unterstützung an. So stellen sie zum Beispiel während bereits bezahlter Parkzeiten Gratisstrom zur Verfügung oder bieten vergünstigte Ladeabos an. Allerdings übernehmen sie keine direkte Zuzahlung beim Bau von Ladestationen.
Ambitionierte Pläne in der Pipeline
Die im Februar 2022 vorgestellte Strategie "Strombetriebene Transporte auf der Straße" sieht großen Spielraum für Firmen. Eine besondere Rolle wird dem staatlichen Hochspannungsnetzbetreiber Svenska Kraftnät zukommen. Dieser soll unter anderem die Flexibilität der Strominfrastruktur fördern, vor allem aber entsprechende Kapazitäten garantieren. Auch deswegen will Svenska Kraftnät zwischen 2022 und 2024 über 2 Milliarden Euro in den Netzausbau investieren - dreimal mehr als in den vorangegangenen drei Jahren.
Bei der Planung der Lastwageninfrastruktur sollen alle Beteiligten miteinbezogen werden: Stromproduzenten wie E.On und Vattenfall, Lkw-Hersteller wie Scania und Volvo oder der Verband Power Circle. Vattenfall, E.On, Ellevio, Jämtkraft und Skellefteå Kraft beabsichtigen an der Entwicklung von Lösungen für eine effizientere Ladeinfrastruktur mitzuwirken.
Die Tankstellenbetreiber veröffentlichten ihre Ausbaupläne in diesem Bereich. So will Circle K bis 2030 mindestens 1.000 Ladepunkte für Pkw und leichte Nutzfahrzeuge aufbauen und in Lkw-spezifische Lösungen investieren. OKQ8 beabsichtigt bereits bis 2026 an 300 seiner Standorte 800 Ladepunkte für Pkw und Lkw anzubieten. Preem will in Kooperation mit Recharge noch ein Jahr früher über bis zu 800 Ladesäulen mit 150 bis 300 kW Leistung verfügen.
Wasserstofftankstellen und alternative Ladeinfrastruktur
Mit Stromladern alleine ist es bei der schwedischen Verkehrswende aber nicht getan. Im Rahmen des EU-geförderten Nordic Hydrogen Corridor sollen zu den bisher bestehenden fünf Wasserstofftankstellen mindestens 30 weitere hinzukommen.
Ferner soll eine 21 Kilometer lange Strecke zwischen den zentralschwedischen Städten Hallsberg und Örebro zu einer sogenannten E-Straße ausgebaut werden. Dies geht auf eine Forschungskooperation zwischen Deutschland, Frankreich und Schweden zurück. Ziel war die Erforschung einer alternativen Stromversorgung zu Batterien - unter anderem der Aufladung über Oberspannungskabel ähnlich der Bahn oder in die Straße eingelassenen Induktionsladern. Im größten Land Skandinaviens liefen zwischen 2011 und 2020 zwei Pilotprojekte. Nun soll bis 2025 die erste permanente Strecke entstehen. Die Technologiewahl läuft. Das Verkehrsamt zeigte sich bereits 2020 offen für einen entsprechenden Ausbau der Hauptverkehrsadern in Schweden - vor allem zwischen Göteborg, Malmö und Stockholm sowie Richtung Norwegen. Die notwendigen Investitionskosten wurden damals auf über 5 Milliarden Euro geschätzt.