Sie sind ein ausländisches Unternehmen, das in Deutschland investieren möchte?

Wirtschaftsumfeld | Schweden | Energiepreise

Neues Hilfspaket gegen hohe Energiepreise

Die schwedische Regierung will Stromkunden und Autofahrern dabei helfen, die steigenden Kosten zu schultern. Die Maßnahmen greifen ab Sommer, systematischere Lösungen kommen 2023.

Von Michał Woźniak | Stockholm

So will Schweden Energieverbraucher 2022 unterstützen:
  1.  Senkung der Benzin- und Dieselsteuer
  2.  Ausgleichszahlung für Sprit-Mehrkosten
  3.  Zusätzliche Mittel für die Elektroautoprämie
  4.  Ausgleichszahlung für Strom-Mehrkosten
  5.  Höheres Wohngeld

Ab Mai 2022 tritt eine Reduzierung der Benzin- und Dieselsteuer um 0,50 schwedische Kronen (skr; etwa 0,05 Euro; 1 Euro = 10,5368 skr; Stand: 14.3.22) je Liter in Kraft, die 2021 verabschiedet wurde. Bereits einen Monat später soll die Kraftstoffsteuer auf das von der Europäischen Union vorgeschriebene Mindestmaß reduziert werden. Dieses soll vorerst bis Ende Oktober 2022 gelten und den Literpreis an der Tankstelle um weitere 1,30 skr (0,12 Euro) senken.

Zusätzlich erhält jeder Fahrzeughalter pro Auto einen einmaligen Kraftstoffausgleich in Höhe von 1.000 skr (95 Euro). In strukturschwächeren Landesteilen, den sogenannten Förderzonen, fällt der Ausgleich 50 Prozent höher aus. Er ist nicht an bestimmte Antriebstechnologien gebunden und steht damit neben Benzin- und Dieselautos auch Stromladern zu.

Fördertopf für Elektroautos wird aufgestockt

Damit die Zahl der Elektroautos weiter wächst, verdoppelt die Regierung die diesjährigen Mittel für die Elektroautokaufprämie auf über 720 Millionen Euro. Im Rahmen des sogenannten Bonus-Malus-Systems können Käufer batterieelektrischer Fahrzeuge auf 70.000 skr (6.643 Euro) Zuzahlung hoffen. In den Vorjahren konnten die im jeweiligen Haushaltsplan vorgesehenen Mittel mit der Nachfrage nicht Schritt halten: Im Jahr 2020 war der Fördertopf bereits im Oktober leer, 2021 sogar schon im August. Mit der Aufstockung hofft die Regierung, dieses Szenario 2022 umgehen zu können.

Mit Blick auf die Prognosen des schwedischen Kfz-Branchenverbandes Bil Sweden dürfte sich dies jedoch als Wunschdenken entpuppen. Die Experten schätzen, dass sich 2022 rund 60 Prozent der Neuwagenkäufer für einen aufladbaren Pkw entscheiden werden. Erstmals soll dabei die Nachfrage nach batterieelektrischen Fahrzeugen (BEV) höher sein, als diejenige nach Plug-in Hybriden (PHEV). Der Wert der Anträge für die Kaufprämie könnte sich somit auf über 900 Millionen Euro belaufen.

Bild vergrößern

Direkte und indirekte Stromzuzahlung

Um einen Monat länger ausgezahlt wird zumindest in Süd- und Mittelschweden die Strompreis-Ausgleichszahlung an Haushalte. Diese steht jedem Haushalt zu, der monatlich zwischen 400 und 2.000 Kilowattstunden verbraucht. Die Ausgleichszahlung kann bis zu 1.000 skr (95 Euro) betragen.

Das nur zwei der insgesamt vier Strompreisgebiete in Schweden von der Verlängerung profitieren liegt unter anderem daran, dass im strukturschwächeren Norden des Landes der Strompreis sowieso günstiger ist. In den Zonen SE1 und SE2, die sich ab den Provinzen Jämtland und Gävleborg Richtung Norden erstrecken, ist das Verhältnis von Stromangebot und -nachfrage wesentlich günstiger als in den stärker industrialisierten und dichter bewohnten Regionen weiter südlich. Die hauptsächlich dort betriebenen Wasserkraftwerke sorgen für besonders günstige Stromentstehungskosten.

Dadurch liegt der Kilowattpreis im Norden normalerweise einige 10 Prozent unter dem im Süden. Durch die momentane globale Lage geht die Schere noch weiter auseinander. In den ersten beiden Wochen nach dem russischen Angriff auf die Ukraine kostete die Kilowattstunde in Nordschweden ein Zehntel des Preises in Malmö.

Bild vergrößern

Bei der Auszahlung eines erhöhten Wohngeldes für den Zeitraum von Juli bis Dezember 2022 wird dagegen nicht nach Wohnort unterschieden. Sozial benachteiligte Haushalte mit Kindern erhalten in dieser Zeit einen Bonus von bis zu 25 Prozent des zugesprochenen Wohnzuschusses. Die Zusatzzahlung kann monatlich maximal 1.325 skr (126 Euro) betragen.

Anhebung der Spritsteuer fällt 2023 kleiner aus

Insgesamt werden diese ad hoc Maßnahmen die schwedische Staatskasse über 1,2 Milliarden Euro kosten. Dabei könnten sie die schwarze Null kippen, die erstmalig nach zwei Jahren in der Budgetplanung vorgesehen war. Die niedrige Staatsverschuldung bietet aber noch Spielraum für zukünftige Mehrausgaben, oder Mindereinnahmen.

So soll 2023 die Benzin- und Dieselsteuer das dritte Jahr in Folge ausschließlich entlang der Inflationsrate erhöht werden. Normalerweise würde hier zusätzlich die Dynamik des Bruttoinlandsproduktes berücksichtigt werden. Aufgrund der Coronapandemie wurde dies 2021 und 2022 ausgesetzt, 2023 nun wegen des Angriffskrieges Russlands auf die Ukraine auch nicht.

Die Aufschiebung der nächsten Stufe der sogenannten Reduzierungsverpflichtung dürfte der nachhaltigen Transportwende ebenfalls wenig zuträglich sein. Bei dieser Verpflichtung handelt es sich um eine Auflage, nach der die Kraftstoffanbieter dazu verpflichtet werden, die Kohlenstoffdioxidemissionen (CO2-Emissionen), die ihr Produkte verursachen, zu verringern. Trotz des Aufschubs bleiben die 2021 etablierten Minimalanforderungen allerdings bestehen. Im Vergleich zu 100-prozentig fossilen Treibstoffen muss durch die Beimischung von Biokraftstoffen eine Reduzierung der CO2-Emissionen bei Benzin von 6 Prozent, bei Diesel von 26 Prozent und bei Kerosin von 0,8 Prozent erreicht werden. 

Neuausrichtung der Pendlerpauschale ab 2023

Damit der Kampf gegen den Klimawandel nicht hinten ansteht, soll die Pendlerpauschale reformiert werden. Bisher ist diese nach Verkehrsmitteln gestaffelt und verspricht die höchste Auszahlung bei der Nutzung individueller Transportmittel mit vier Rädern und Eigenantrieb. Ab dem 1. Januar 2023 sollen die Regeln nun vereinfacht werden und den Pendler dazu animieren, die günstigste Alternative zu wählen. Er soll also anstelle des Autos zu den Turnschuhen greifen, beziehungsweise das Fahrrad oder öffentliche Transportmittel nutzen. Zwar stehen Einzelheiten noch aus, aber das Ziel der Regierung ist eindeutig. Das unterstreicht eine gemeinsame Pressemitteilung des Finanz- und des Infrastruktuministeriums:

"[Die zustehende Pendlerpauschale] wird sich ausschließlich nach der Entfernung zwischen Wohnung und Arbeitsplatz richten. Weder das Verkehrsmittel noch die Reisekosten werden beim Abzug berücksichtigt".

nach oben
Feedback

Anmeldung

Bitte melden Sie sich auf dieser Seite mit Ihren Zugangsdaten an. Sollten Sie noch kein Benutzerkonto haben, so gelangen Sie über den Button "Neuen Account erstellen" zur kostenlosen Registrierung.