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Neue Märkte - Neue Chancen | Westbalkan | Tourismus

Einzigartige Vielfalt bietet Chancen für Kultur- und Städtereisen

Der Westbalkan beheimatet faszinierende Städte, Europas Kulturhauptstadt 2022 und eines der größten Filmfeste Europas. Trotzdem fehlt er noch im Portfolio vieler Reiseanbieter.

Von Martin Gaber | Belgrad

Sarajevo wirbt als Treffpunkt der Kulturen

"Sarajevo: Meeting of Cultures“ kündigt der Schriftzug in der Fußgängerzone Ferhadija in der Hauptstadt Bosnien und Herzegowinas an. An diesem Punkt geht die österreichisch-ungarisch geprägte Flaniermeile in das osmanische Basarviertel Baščaršija über. So liegen nur 300 Meter zwischen der römisch-katholischen Herz-Jesu-Kathedrale und der Begova, der größten Moschee des Landes. Das Zusammenspiel verschiedener Kulturen und Religionen entdecken Reisende auch in den anderen Städten der Region. Seit Jahrhunderten treffen auf dem Balkan Ost und West aufeinander. Für die Tourismusbranche bietet dies eine Gelegenheit, eine Vielzahl von verschiedenen Eindrücken auf kleinstem Raum zu präsentieren.

Belgrad ist pulsierende Metropole des Westbalkans

Rund 300 Autokilometer nordöstlich von Sarajevo liegt mit Belgrad die Hauptstadt des ehemaligen Jugoslawien und heute Serbiens. Die serbische Metropole ist die einzige Stadt auf dem Westbalkan mit über 1 Million Einwohnern. Am Zusammenfluss von Save und Donau gelegen, machen auch Flusskreuzfahrtschiffe in Belgrad halt. Für Reisende zwischen Passau und dem Donaudelta in Rumänien werden Tagestouren in Belgrad angeboten. Eigene Angebote ab Belgrad oder mit Ziel Belgrad gibt es bislang nicht. Dabei reicht das kulturelle Angebot der Millionenstadt weit über einen Tag hinaus - von Einblicken in die bewegte Geschichte des Landes bis hin zum Nikola-Tesla-Museum.

Partytourismus droht das Aus

Über Jahre hinweg hat sich in Belgrad ein international bekannter Partytourismus entwickelt. Besonders beliebt sind dabei die sogenannten Splavovi: Flöße an Donau und Save, die zu Clubs umfunktioniert wurden. Nun droht der Partyszene in Belgrad allerdings das Aus. Zunächst hatte die Pandemie den schwimmenden Clubs zugesetzt. Nun könnte die Stadtverwaltung der Hauptstadt mit neuen Vorschriften für den Knockout sorgen. Einigen der bereits angeschlagenen Clubs fehlen die finanziellen Mittel, neue Vorschriften umzusetzen.

Neue Ziele entwickeln sich in Ostserbien

Abseits der Partyboote gibt es donauabwärts weitere Angebote: Die mittelalterliche Festung Golubac, die größte Flussklippenlandschaft Europas sowie die Ausgrabungsstätten Lepenski Vir (rund 7000 v.Chr.) und Vinča (rund 5.000 v.Chr.) sind dabei bereits relativ bekannt. Mit Unterstützung der Deutschen Gesellschaft für internationale Zusammenarbeit (GIZ) und der Europäischen Union (EU) kristallisieren sich nun neue Möglichkeiten heraus. Die GIZ unterstützt dabei auch die Entwicklung neuer Tourismusangebote oder -dienstleistungen lokaler Kommunen sowie größere Infrastrukturvorhaben. Dazu gehört beispielsweise auch die Restaurierung der rund 500 Jahre alten Festung Fetislam in Kladovo. Nur wenige Kilometer von der Festung entfernt befinden sich die Überreste der einst längsten Brücke der Welt, der Trajansbrücke. So könnten auch unbekanntere Orte wie Zaječar, Negotin oder eben Kladovo ihren Platz auf der Tourismuslandkarte finden. Bislang ist die touristische Infrastruktur in diesen Orten unterentwickelt.

Novi Sad in Nordserbien ist Europas Kulturhauptstadt 2022

Im Norden Serbiens befindet sich die Region Vojvodina mit ihrer Hauptstadt Novi Sad. In ihrem Ballungsgebiet leben knapp 400.000 Einwohner. Die Universitätsstadt an der Donau gilt als multikulturell, multinational und tolerant. Das unterstreicht die Auswahl zu Europas Kulturhauptstadt 2022. Entsprechend hat Novi Sad für 2022 ein umfassendes Rahmenprogramm auf die Beine gestellt, das sich von November 2021 bis November 2022 erstreckt. Auch Fans von Rockmusik kommen auf ihre Kosten. Die Festung Petrovaradin bietet die Bühne für das Musikfestival Exit. Das Festival wurde 2007 zum beliebtesten Musikfestival Europas gewählt.

Westbalkan lockt mit vielen UNESCO-Welterbestätten

In den Ländern des Westbalkans befinden sich 19 UNESCO-Welterbestätten. Viele davon sind gerade in Mittel- und Westeuropa kaum bekannt. In Albanien etwa liegt nur wenige Kilometer hinter der Küstenstadt Saranda die Ruinenstätte Butrint. Über Montenegros Küstenstadt Kotor thront eine venezianische Verteidigungsanlage aus dem 16. und 17. Jahrhundert. Serbien verfügt mit Romuliana über eine kaiserliche Palastanlage aus der Römerzeit. Grenzübergreifend zählen die Stećci, mittelalterliche Grabsteine, die in Bosnien und Herzegowina, Serbien, Montenegro und Kroatien aufzufinden sind, zum Kulturerbe. Bis heute ist ihr Ursprung nicht abschließend geklärt.

Bosnien und Herzegowina verbindet Kultur und Sport

Zum Kulturerbe der UNESCO zählen auch zwei bekannte Brücken in Bosnien und Herzegowina. Die erste ist die Alte Brücke in Mostar. Sie verbindet die beiden Teile der Altstadt miteinander. Bekannt sind die Skakaci, die ohne Hilfsmittel von der 20 Meter hohen Brücke in den Fluss Neretva springen. Mittlerweile gehört Mostar zur Red Bull World Cliff Diving Series. Enthusiasten aus aller Welt reisen zum Sprung von der Brücke an. Die Veranstaltung ist zu einer Touristenattraktion geworden.

Ebenso bekannt ist die Mehmed-Paša-Sokolović-Brücke in Višegrad. Die Brücke ist Dreh- und Angelpunkt des Romans "Brücke über die Drina" von Ivo Andrić. Andrić erhielt für sein Werk den Literaturnobelpreis.

Die bosnisch-herzegowinische Hauptstadt Sarajevo ist nicht nur für das Aufeinandertreffen der Kulturen bekannt. Sie war auch Austragungsort der olympischen Winterspiele 1984. Nur noch ein Teil der Sportstätten ist heute in Betrieb. Dennoch zeugen die verfallenen Stätten, wie die Bobbahn auf dem Berg Trebević oder die Skisprungschanzen auf dem Berg Igman vom ehemaligen olympischen Glanz.

Sarajevo Film Festival lockt rund 100.000 Touristen an

Für neuen Glanz sorgt das jährlich stattfindende Sarajevo Film Festival. Es ist das größte seiner Art in der Region und gehört zu den bedeutendsten in Europa. Das unterstreichen die Teilnahmen von Schauspielern wie Daniel Craig, Brad Pitt, Robert DeNiro oder Angelina Jolie. Das Festival nahm in den Kriegsjahren der frühen 1990er seinen Anfang. Heute besuchen das Event laut Medienangaben jährlich über 100.000 Touristen.

Knapp 200.000 Betonbunker ließ Enver Hoxha in den 1970er und 1980er Jahren in Albanien bauen. Das gesamte Land ist von den Anlagen übersät. Durch die Berichterstattung, gerade auch auf deutschen Fernsehsendern, wurden die Bunker überregional bekannt. Mittlerweile sind einige wieder in Benutzung, wenn auch für ganz andere Zwecke. Mit Bunk’Art ist sogar ein Kunstprojekt entstanden. Dabei sollen die Bunker als Ausstellung über die Vergangenheit dienen und gleichzeitig ein Schaufenster in die Zukunft des Landes sein.

Nur wenige Reiseanbieter haben die Region im Portfolio

Trotz einer großen Vielfalt haben nach wie vor nur wenige Anbieter den Westbalkan im Programm. Entweder stehen die Ziele an der Küste wie Montenegro und Albanien im Fokus oder kleine, spezialisierte Anbieter offerieren Rundreisen durch die Region. Gerade im Zusammenspiel verschiedener Subbranchen können die Länder noch viele Möglichkeiten nutzen. So bietet sich beispielsweise die Verknüpfung von Kultur mit Sport oder Badeurlaub an. Auch eine Kombination mit einem der mittlerweile überregional bekannten Festivals ist möglich. Trotz erster Initiativen, beispielsweise durch den Rat für Regionale Zusammenarbeit (Regional Cooperation Council, RCC), gibt es bislang kein gemeinsames Branding und nur wenig länderübergreifende Zusammenarbeit. Auch die Einbindung in internationale Tourismusketten hat noch Luft nach oben. 

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