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Welche Chancen bietet die Digitalisierung?

Leapfrogging, das Überspringen technischer Entwicklungsphasen, wird oft als Möglichkeit für Länder in Afrika gesehen. Die Weltbank hat dies am Beispiel Simbabwe analysiert.

Von Marcus Knupp | Berlin

Wirtschaftlich steht Simbabwe derzeit nicht besonders gut da. Versäumnisse der letzten Jahrzehnte haben die industrielle Basis geschwächt. Die Verkehrsinfrastruktur sowie die Strom- und Wasserversorgung sind in einem schlechten Zustand. Mehrere Dürrejahre und die Coronapandemie haben das Land zusätzlich belastet. Die 2017 angetretene Regierung von Präsident Emmerson Mnangagwa konnte ihre Reformversprechen bislang nicht einlösen.

Die Chancen der Digitalisierung hat Harare jedoch erkannt. Im Nationalen Entwicklungsplan nimmt die Digitalwirtschaft eine prominente Stellung ein. Wie es um die Aussichten für die Umsetzung steht, untersucht der im März 2021 veröffentlichte Bericht "Digital Economy for Zimbabwe" der Weltbank.

Technische Infrastruktur: Gemischtes Bild

Sowohl die Erschließung mit Zugängen zum Internet als auch dessen Nutzung liegen in Simbabwe etwas über dem Durchschnitt von Subsahara-Afrika. Das gilt für das Festnetz gleichermaßen wie für das mobile Internet. Dabei lag die Abdeckung mit Breitbandzugängen mit 1,1 pro 100 Einwohner 2018 nach Angaben der International Telecommunications Union (ITU) weit unter dem globalen Durchschnitt von 13,6. Diese Anschlüsse sind weitgehend auf die Städte beschränkt. Der Versorgungsgrad mit Mobilfunkverträgen betrug 93,4 Prozent, davon 41,3 Prozent mit Breitbandzugang.

Die Verlegung von Glasfaserkabeln zwischen den Großstädten kommt in Simbabwe gut voran, das Netz umfasst rund 25.000 Kilometer. Es bestehen auch mehrere Verbindungen zu transozeanischen Kabeln durch die Nachbarländer. Etwa 43 Prozent der Bevölkerung leben in einem Umkreis von maximal 5 Kilometer zu einer Glasfaserleitung. Sehr lückenhaft ist die Versorgung dagegen im ländlichen Raum. Die recht gleichmäßig über die Landesfläche verteilte Bevölkerung macht die Erschließung aufwändig. Nur circa 19 Prozent der Menschen auf dem Land haben Zugang zum Elektrizitätsnetz.

Digitales Wissen: Engpass im Bildungssystem

Trotz guter Grundbildung, ablesbar etwa an der hohen Einschulungsrate, haben Unternehmen oft Probleme, ausreichend Arbeitskräfte für den IT-Bereich zu finden. Der Wettbewerb ist dementsprechend hoch. Ministerien und andere öffentliche Institutionen leiden unter einer steten Abwanderung qualifizierter IT-Kräfte. Nach ihrer Ausbildung im staatlichen Sektor wechseln diese gerne in besser bezahlte Stellen in der Privatwirtschaft.

Um digitale Innovationen umzusetzen, sind zunächst bestimmte Grundkenntnisse im Umgang mit Geräten und Diensten notwendig, die gerade im ländlichen Raum oft nicht vorhanden sind. Das gilt auch für viele Schulen und Lehrer. Nur 11 Prozent der Grundschulen und 30 Prozent der weiterführenden Schulen hatten 2017 einen Zugang zum Internet. An den Hochschulen ist die Ausstattung generell besser. Es mangelt dort eher an entsprechenden Lehrkräften. Zudem passen die gewählten Studiengänge oft nicht zu den Bedarfen der Unternehmen, speziell im technologischen Bereich.

Wirtschaftspolitik: Strategie ist vorhanden

Im Jahr 2016 hat die Regierung in Harare eine National ICT Policy formuliert. Zu den wichtigen Institutionen gehören zentrale Regulierungsbehörden wie die Postal and Regulatory Authority of Zimbabwe (POTRAZ) oder die Broadcasting Authority of Zimbabwe (BAZ). Mit dem Ministry of ICT, Postal and Courier Services (MoICTPCS) wurden die Verantwortlichkeiten an einer Stelle gebündelt. Über das Ministerium kontrolliert die Regierung auch einige der wesentlichen Akteure auf dem Telekommunikationsmarkt in Simbabwe, etwa TelOne, den einzigen Festnetzanbieter des Landes.

Zu den Zielen der simbabwischen Politik gehören die Schaffung eines Datenzentrums sowie eine nationale Strategie für die Infrastruktur und für Dienstleistungen des E-Government. Bisher agieren Ministerien und öffentliche Institutionen oft noch getrennt voneinander. In der Folge ist eine Silostruktur von unabhängigen und miteinander nicht kompatiblen Datensystemen entstanden. Ein erster Schritt auf dem Weg zu mehr Integration ist die Bürgerplattform ZimConnect.

Für Bevölkerungsteile ohne Zugang zum Internet hat die Regierung in mittlerweile rund 360 Postämtern sogenannte Community Information Centres (CIC) eingerichtet. Von dort können Bürger oder Kleinunternehmen digitale Dienste des öffentlichen Sektors nutzen. Nachholbedarf gibt es bei der Regelung von Datensicherheit, -nutzung und -schutz. Entsprechende Gesetze wurden als Prioritäten in das Transitional Stabilization Programme (TSP) der Regierung aufgenommen. Das MoICTPCS arbeitet darüber hinaus an einem IKT-Masterplan mit der Bezeichnung Smart Zimbabwe.

Anwendungsbeispiele: Probleme schaffen Lösungen

Auf dem Mobilfunkmarkt dominieren Privatunternehmen, allen voran Econet. Der Anbieter vereint alleine etwa zwei Drittel der aktiven Mobilfunkverträge. Über die Bezahlplattform Ecocash ist Econet auch im Bereich mobiler Finanzdienste vertreten. Diese konnten sich in Simbabwe sehr schnell verbreiten, da das traditionelle Geldsystem in den letzten Jahren seine Aufgaben infolge von Devisenmangel und hoher Inflation nur sehr unvollständig erfüllt hat. Digitale Zahlungen hatten 2018 einen Anteil von 96 Prozent an allen Transaktionen, nur 4 Prozent entfielen auf Bargeld. Mitte 2020 gab es in Simbabwe rund 7,7 Millionen Nutzer mobiler Geldbörsen. Neben Zahlungstransaktionen werden im Rahmen mobiler Finanzdienste auch andere Angebote wie Kleinkredite für Kunden erreichbar, die mit dem etablierten Bankensystem bisher keinen Kontakt hatten.

Viele neue Anwendungen entstehen. Kleinbauern können es sich zum Beispiel oft nicht leisten, landwirtschaftliche Maschinen und Geräte anzuschaffen. Zu Krediten haben sie nur sehr begrenzt Zugang. Eine Möglichkeit, dennoch produktivitätssteigernde Maschinen einzusetzen, ist die gemeinsame Nutzung im Rahmen einer Shared Economy-Lösung. Mit Unterstützung der Welthungerhilfe ist die App AgriShare entstanden. Landwirte können sich darüber Maschinen und Geräte für einzelne Tage ausleihen.

SWOT-Analyse zur Digitalisierung in Simbabwe

Strengths

Weaknesses

Gute Mobilfunkinfrastruktur

Geringe Erschließung mit Festnetz und Breitbandinternet

Hauptlinien mit Glasfaser

Deutlich schlechtere Erschließung in ländlichen Gebieten

Gemeinsames Regierungsportal

Wenig Zusammenarbeit zwischen Ministerien und Institutionen

Digitale Finanzdienste schon weit verbreitet

Hohe Kosten mobiler Zahlungen (u.a. durch spezielle Steuer)

Vergleichsweise gutes Bildungsniveau

Lehrer noch wenig vertraut mit digitaler Technologie

Opportunities

Threats

Staatliche Entwicklungspläne zur Digitalisierung

Lücken in der Stromversorgung und Stromausfälle

Mehr Wettbewerb durch neue Marktakteure

Hohe Telekommunikationspreise erschweren Zugang zu digitalen Diensten

Gesetze und Regelungen zu Datenschutz und Datenweitergabe

Mangel an digitalem Wissen

Interoperabilität von Plattformen

Starke Fluktuation beim Personal

Innovation Hubs an Universitäten

Auswanderung qualifizierter Kräfte

Quelle: Weltbank



Weitere Informationen

Die Analyse der Weltbank Digital Economy for Zimbabwe ist im März 2021 in der Reihe "Country Diagnostic Report" veröffentlicht worden.


POTRAZ ist die Regulierungsbehörde für den Telekommunikationssektor in Simbabwe.



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