Wirtschaftsumfeld | Slowenien | Arbeitsmarkt, Lohn- und Lohnnebenkosten
Arbeitsmarkt
Das hohe Wachstum der Wirtschaftsleistung nach der Coronakrise sowie umfangreiche Hilfsmaßnahmen der Regierung haben die Beschäftigung auf ein Allzeithoch steigen lassen.
19.06.2023
Von Waldemar Lichter, Snjezana Buhin Peharec | Ljubljana
Die Coronakrise hatte den Aufwärtstrend auf dem slowenischen Arbeitsmarkt zunächst gestoppt. Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) ging 2020 um 4,3 Prozent zurück. Der Konjunktureinbruch hatte die Erwerbslosenzahl erstmals seit 2014 wieder auf 5 Prozent steigen lassen. Um die negative Entwicklung zu stoppen, hatte die Regierung ein breitgefächertes Hilfsinstrumentarium beschlossen. So wurden bis Mitte 2021 Zuschüsse für den Erhalt der Arbeitsplätze in Höhe von 1,6 Milliarden Euro ausgezahlt. Der Großteil entfiel dabei auf staatliche Lohnbeihilfen für Arbeitnehmer, die vorübergehend nicht arbeiteten. Außerdem wurde auch eine Entschädigung für Kurzarbeit gewährt. Dieses Instrument soll künftig im Arbeitsgesetz fest verankert werden.
2021 | 2022 | |
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Bevölkerung (in Mio.) | 2,1 | 2,1 |
Erwerbspersonen (Beschäftigte und Arbeitslose, in Mio.) | 1,02 | 1,03 |
Erwerbstätige (in Mio.) | 0,97 | 0,99 |
Arbeitslosenquote, offizielle (in %, nach ILO-Definition) | 4,7 | 4,0 |
Analphabetenquote (in %) | 0,5 | 0,5 |
Universitätsabschluss (in %) 1) | 40,3 2) | 40,1 |
Arbeitslosenquote sinkt weiter
Aufgrund der starken konjunkturellen Erholung nach der Coronakrise hat sich die Lage auf dem Arbeitsmarkt schnell verbessert. Die Arbeitslosenquote sank 2022 auf das Allzeittief von 4 Prozent. Auch 2023 und 2024 wird sie Prognosen der Europäischen Kommission zufolge weiter auf 3,9 beziehungsweise 3,8 Prozent sinken. Die Beschäftigung wird um 0,7 (2023) und 0,5 Prozent (2024) leicht anziehen.
Arbeitslosigkeit in den Regionen in Prozent
Slowenische Arbeitnehmer gelten in der Regel als gut ausgebildet. Jeder Dritte der 15- bis 64-Jährigen (insgesamt rund 1,3 Millionen Menschen) verfügte 2022 über einen Hochschulabschluss. Fremdsprachenkenntnisse in Englisch und Deutsch sind am häufigsten vertreten.
Im Jahr 2022 gingen rund 73,1 Prozent der 15- bis 64-Jährigen einer Beschäftigung nach (EU-27-Durchschnitt: 69,8 Prozent). Kritisch ist nach wie vor die niedrige Erwerbstätigenquote bei älteren Personen (55- bis 64-Jährige) - sie lag 2022 bei 55,2 Prozent (EU-27: 62,3 Prozent).
Stark rückläufig ist seit 2017 der Anteil unsicherer und befristeter Arbeitsverhältnisse. So machten Zeitverträge 2022 rund 11,6 Prozent der Beschäftigungsverhältnisse aus (2017: 17,6 Prozent). Einer Teilzeitbeschäftigung gingen 8,7 Prozent der Erwerbstätigen im Alter zwischen 15 und 64 Jahren nach.
Mangel an Fachkräften spitzt sich zu
Die Schul- und Berufsausbildung in Slowenien entspricht nur teilweise dem Bedarf der Wirtschaft. Mangel an Fachkräften besteht insbesondere bei technischen Berufen. Akademiker finden oft keine ihrem Ausbildungsniveau entsprechende Stelle. Nach einer Umfrage des slowenischen Arbeitsamtes (ZRSZ) von Mitte 2023 fehlen auf dem Arbeitsmarkt vor allem Lkw-Fahrer, Maurer, Hilfskräfte im verarbeitenden Gewerbe, Schweißer, Verkäufer und Kellner.
In der metallverarbeitenden Industrie fehlen Zerspanungsmechaniker und Werkzeugmacher. Gesucht werden auch Elektroinstallateure und Maschinenbautechniker sowie Fachkräfte im Tourismus- und Logistikgewerbe. Um den Mangel an Fachkräften im Informations- und Kommunikationssektor, etwa bei Programmierern, Datenbankadministratoren und Data-Mining-Analysten zu lindern, wurde 2018 die Einstellung von qualifizierten Arbeitskräften aus Drittländern vereinfacht. Geplant sind auch zusätzliche Maßnahmen der Regierung zur Anwerbung von solchen Fachkräften nach Slowenien. Generell wurden im Frühjahr 2023 die Vorschriften zur Einstellung von ausländischen Arbeitskräften aus Drittstaaten liberalisiert.
Leiharbeiter besonders häufig im verarbeitenden Gewerbe
Der Anteil von Zeitarbeitskräften an der Gesamtzahl der Beschäftigten in der Altersgruppe der 15- bis 64-Jährigen war in Slowenien 2022 laut Eurostat mit 5,9 Prozent mehr als doppelt hoch wie im Durchschnitt der EU-27 (2,6 Prozent). Am häufigsten sind Leiharbeiter im verarbeitenden Gewerbe anzutreffen.
Allerdings herrschen auch hier immer noch vergleichsweise rigide Bestimmungen. Der Personaldienstleister Manpower erstellte 2021 eine Länderrangliste zur Arbeitnehmereinstellung und -überlassung. Hier belegte Slowenien trotz leichter Verbesserung Platz 37 von 75 untersuchten Ländern. Der Aufschlag der Agenturen liegt zwischen 7 Prozent und 25 Prozent der Lohnkosten, kann aber bei größeren Aufträgen und langjährigen Geschäftsbeziehungen auch niedriger ausfallen.
Personaldienstleister bieten ein breites Spektrum an
Seit 2013 sind private Unternehmen nicht mehr verpflichtet ihre Stellenanzeigen beim slowenischen Arbeitsamt zu veröffentlichen. Für die Personal- und Stellensuche werden Onlineportale bevorzugt. Auch auf sozialen Netzwerken wie LinkedIn oder Facebook werden Jobs eingestellt. Von den großen internationalen Personaldienstleistern sind unter anderem Manpower und Adecco H.R. mit eigenen Niederlassungen im Land vertreten. Sie engagieren sich vor allem im Bereich Zeitarbeit.
Mit Headhunting, der Vermittlung von Führungskräften und Fachpersonal sowie begleitenden Beratungsdienstleistungen beschäftigen sich sowohl einige inländische Firmen wie auch Anbieter aus Österreich, die auf die mittel- und osteuropäischen Arbeitsmärkte spezialisiert sind. Einige von ihnen, wie Trescon d.o.o., unterhalten Vertretungen von Ort. Andere wie etwa Kienbaum bearbeiten den Markt von Österreich aus. Auch die Deutsch-Slowenische Industrie- und Handelskammer (AHK Slowenien/DESLO) bietet einige Dienstleistungen in diesem Bereich an.
Personaldienstleistungen werden in der Regel sowohl beim Markteintritt als auch bei der weiteren Suche nach Arbeitskräften oder bei Nachbesetzungen in Anspruch genommen. Häufig begleitet der Personaldienstleister seine Kunden bei der Erschließung neuer Märkte, beispielsweise in Ländern des ehemaligen Jugoslawiens. Wegen der geringen Marktgröße ist die Branche wenig spezialisiert. Angeboten wird gewöhnlich ein breites Spektrum von Leistungen, einschließlich begleitender Trainingsprogramme und Beratungen zum Personalmanagement. Für Vermittlungsdienstleistungen werden eher feste Pauschalen in Rechnung gestellt.