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Wirtschaftsumfeld | Slowenien | Flutkatastrophe

Flutkatastrophe stört Produktion und Lieferketten

In Slowenien laufen die Aufräumarbeiten. Die Kerninfrastruktur ist wiederhergestellt. Das Ausmaß der Zerstörung und die wirtschaftlichen Folgen sind größer als erwartet. 

Von Kirsten Grieß | Budapest

Schwere Unwetter verursachten am ersten Augustwochenende massive Überschwemmungen in Slowenien. Die Naturkatastrophe traf zwei Drittel des Landes und kostete mehrere Menschenleben. Inzwischen laufen die Aufräumarbeiten – auch dank internationaler Hilfe. Laut ADAC sind die Autobahnen wieder frei befahrbar, erste Behelfsbrücken stehen, und der Zugverkehr läuft weitgehend planmäßig. Energieminister Bojan Kumer spricht von nur noch geringfügigen Störungen im Stromnetz. Mit den langfristigen Auswirkungen auf die Infrastruktur und die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit wird das Land aber noch Jahre kämpfen.

Einzelne Betriebe stark betroffen

Nach vorläufigen Einschätzungen der Regierung belaufen sich die Gesamtschäden des Unwetters auf mehrere Milliarden Euro. Das ist ein herber Schlag für ein Land von 2,1 Millionen Einwohnern und mit einem Bruttoinlandsprodukt von 59 Milliarden Euro. Für die Wirtschaft sind nicht nur die Infrastrukturschäden problematisch. Auch viele Betriebe vermelden Schäden in Millionenhöhe und müssen ihr operatives Geschäft zeitweise einstellen.

Unter den besonders betroffenen Unternehmen ist ein Werk mit 1.700 Mitarbeitenden der Bosch Siemens Haushaltsgeräte (BSH). Fabrik und Maschinen standen komplett unter Wasser und sind bis auf Weiteres nicht einsetzbar. Nach eigenen Angaben beträgt der direkte Schaden rund 10 Millionen Euro.

Ähnlich hoch beziffert der slowenische Autobatteriehersteller TAB die Kosten. Der Automobilzulieferer KLS Ljubno meldet Schäden von 30 bis 50 Millionen Euro und rechnet mit Produktionsausfällen von mehreren Monaten. Durch Unterbrechung der Produktions- und Lieferketten ist ein spill-over-Effekt auf andere Unternehmen absehbar.

Staatshilfen sichern Arbeitsplätze

Wie die deutsch-slowenische Auslandshandelskammer berichtet, blieben die übrigen deutschen Unternehmen vor Ort von direkten Zerstörungen weitestgehend verschont. BASF berichtete aber von betroffenen Zulieferbetrieben und stornierten Aufträgen. Mittlerweile ergriff die slowenische Regierung erste Maßnahmen, die Wirtschaft zu stützen und Arbeitsplätze zu sichern – etwa mithilfe staatlicher Lohnausgleichszahlungen und bezahlter Urlaubstage für Freiwilligenarbeit. Selbständige können staatliche Beihilfen von monatlich bis zu 1.200 Euro beantragen. Die Regelungen werden laufend angepasst und gelten vorerst bis Ende des Jahres.

EU-Mittel für Wiederaufbau

Auch die Finanzierung des Wiederaufbaus ist angelaufen. Bereits einen Tag nach dem Unwetter stellte Ministerpräsident Robert Golob 10 Millionen Euro Soforthilfe für Hilfsorganisationen bereit und sagte betroffenen Städten und Gemeinden weitere 100 Millionen zu. Aus dem europäischen Solidaritätsfonds erhält Slowenien 400 Millionen Euro, davon 100 Millionen bereits in diesem Jahr. Mit der zuständigen EU-Kommissarin Elisa Ferreira gab es außerdem Gespräche zu einer möglichen Umverteilung von Restmitteln aus dem EU-Kohäsionsfonds der vorherigen Förderperiode und Änderungen des slowenischen Kohäsionsprogramms für den Haushalt bis 2027.

Das gilt auch für bisher nicht genutzte Mittel aus dem Wiederaufbaufonds "Next Generation EU". Kommissionschefin Ursula von der Leyen betonte in dem Zusammenhang, dass man seitens der EU maximale Flexibilität zeigen werde. Am Rande ihres Besuchs im Katastrophengebiet sagte sie langfristige Hilfe der EU zu. Fachleuten zufolge wird der komplette Wiederaufbau viele Jahre dauern. Zudem werden starke Regenfälle im Herbst und Winter befürchtet, die die Aufbauarbeiten verzögern und weitere Schäden anrichten könnten.

Getrübte Investitionsaussichten

Die Flutkatastrophe trifft den Wirtschaftsstandort Slowenien bei ohnehin verhalteneren Investitionserwartungen. In der jährlichen Umfrage der deutsch-slowenischen Auslandshandelskammer gaben nur 75 Prozent der deutschen Unternehmen an, erneut im Land investieren zu wollen. Im Jahr zuvor lag der Wert noch bei 85 Prozent. Kritisiert wurden von den Befragten die öffentliche Verwaltung, das Steuersystem, das Arbeitsrecht und die geringe Berechenbarkeit der Wirtschaftspolitik. Weniger Defizite sahen die Unternehmen hingegen bei der slowenischen Infrastruktur für Verkehr, Energie und Kommunikation – ein Standortvorteil, der durch die Jahrhundertzerstörungen vorerst gefährdet sein dürfte.

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