Mehr zu:
SpanienBau / Bau, übergreifend
Branchen
Sie sind ein ausländisches Unternehmen, das in Deutschland investieren möchte?
Branchen | Spanien | Bau
Die starke Dynamik im Wohnungsbau sorgt für Auftrieb. Fördergelder dürften mittelfristig Impulse geben.
18.08.2021
Von Oliver Idem | Madrid
Im Krisenjahr 2020 brachen die Bauinvestitionen in Spanien um real 14,0 Prozent ein und damit stärker als in jedem anderen EU-Land. Laut der Europäischen Kommission soll bereits 2021 mit plus 8,4 auf 120 Milliarden Euro eine starke Erholung folgen. Für 2022 wird mit plus 11,8 Prozent sogar mit einem Überschreiten des Vorkrisenniveaus gerechnet.
Die größten Mitglieder des Fachverbandes SEOPAN konnten sich 2020 dem Negativtrend entziehen. Sie verzeichneten einen Inlandsumsatz von knapp 5,5 Milliarden Euro. Als dynamischstes Segment erwies sich erneut der private Wohnungsbau.
Spanien erhält die höchsten Zuschüsse aller EU-Staaten zur Bekämpfung der Coronakrise. Alleine 69,5 Milliarden Euro fließen als nicht rückzahlbare Subventionen. Der spanische Aufbauplan besitzt vielfältige Bezüge zum Bausektor. So sind die Wohnungs- und Stadtsanierung sowie der Bau von Bahnstrecken, Stromtrassen und Telekommunikationsinfrastruktur geplant. Die Festlegung der Detailprojekte erfolgt durch die spanische Regierung. Akteure wie Verbände und Unternehmen konnten Vorschläge dafür einreichen.
Der Wohnungsbau spielt in Spanien eine wichtige Rolle. In diesem Segment sollen die Investitionen 2021 um 8,5 und 2022 sogar um 12,0 Prozent zulegen.
Auch beim Städtebauprojekt Madrid Nuevo Norte sollen ab 2025 mehr als 10.000 Wohneinheiten bezugsfertig sein. Nach einer Zusammenstellung der Wirtschaftszeitung Cinco Días von August 2020 werden in den kommenden Jahren allein in der Region Madrid rund 148.200 Wohnungen neu gebaut.
Lokale Branchenvertreter gehen von einem anhaltend hohen Bedarf in der Hauptstadtregion mit ihren knapp 7 Millionen Einwohnern aus. Einen Engpassfaktor bilden die benötigten Arbeitskräfte. Ein stärker modularisiertes Bauen mit mehr Fertigteilen könnte ein Lösungsansatz sein.
Momentan sind sowohl Wohneigentum als auch Mietwohnungen gefragt. Rund 75 Prozent der Spanier leben in den eigenen vier Wänden. Für viele Interessierte sind niedrige Zinsen ein wichtiges Argument.
Der Bedarf an Mietwohnungen ist ebenfalls erheblich. Im Zuge der Coronakrise wurden viele zuvor touristisch genutzte Wohnungen wieder fest vermietet. Für viele Menschen mit knappem Budget an teuren Standorten sind Wohngemeinschaften eine wichtige Option.
Der Bau von Studentenwohnungen entwickelte sich in den vergangenen Jahren äußerst dynamisch. Bis 2023 stehen 77 Projekte mit 19.000 Wohnplätzen vor dem Abschluss, wie Expansión im Juli 2021 berichtete.
Auf der anderen Seite der Alterspyramide fehlen laut einem Bericht von Cinco Días circa 100.000 Plätze in Seniorenwohnheimen. Bis 2033 sollen 270.000 Betten erforderlich sein, um den Bedarf zu decken. Der Nachfrageüberhang zieht bereits das Interesse spanischer und internationaler Investoren auf sich.
Die spanische Regierung setzt darauf, in den kommenden drei Jahren wesentlich mehr Gebäude zu sanieren als üblich. Ein Programm mit Subventionen für energetische Sanierungen und Barrierefreiheit soll entscheidend dazu beitragen. Mit 5,8 Milliarden Euro Budget ist vorgesehen, insgesamt 500.000 Einheiten zu sanieren.
Schon vor der Coronakrise wurden in Spanien einige größere Logistikprojekte auf den Weg gebracht. Unter anderem durch den wachsenden Onlinehandel ist es wahrscheinlich, dass dieser Trend anhalten wird. Multimodale Verkehrsanschlüsse, größere Zentren und kleinere Verteilpunkte entstehen im Land.
Die Investitionen in Büroräume brachen hingegen 2020 um 49 Prozent auf 7,8 Milliarden Euro ein. Laut der Wirtschaftszeitung Expansión bleiben die Aussichten unsicher. Viele Unternehmen setzen mittlerweile auf gemischte Hybridlösungen statt reines Homeoffice. Entsprechend dürfte der Bedarf an Büroraum längerfristig geringer ausfallen. Manche Berufstätige zieht es nach der Lockdown-Erfahrung von 2020 und mit flexiblen Arbeitsmodellen ins Umland der großen Städte.
Zu den größten Bauprojekten Spaniens gehören die Schnellzuglinien Madrid-Barcelona und Madrid-Levante. Diese großen Transportkorridore bilden ebenso wie der Ausbau von S-Bahn-Netzen einen Schwerpunkt der Schienenprojekte in den kommenden Jahren.
Zudem soll durch verbesserte Anbindungen von Häfen und Logistikzentren der intermodale Ausbau vorangetrieben werden. Zwischen 2021 und 2025 belaufen sich die staatlichen Investitionen in diesem Bereich auf knapp 12,8 Milliarden Euro.
Kennziffer | 2019 | 2020 | Veränderung 2020/19 |
---|---|---|---|
Umsatz insgesamt, davon | 5.333 | 5.497 | 3,1 |
Wohnungsbau | 869 | 1.121 | 29,0 |
öffentlich | 92 | 57 | -37,7 |
privat | 778 | 1.064 | 36,8 |
Wirtschaftsbau | 1.811 | 1.776 | -1,9 |
Infrastrukturbau | 2.653 | 2.600 | -2,0 |
öffentlich | 2.099 | 2.214 | 5,5 |
privat | 554 | 386 | -30,3 |
Der staatliche Plan Estatal de Vivienda 2018 bis 2021 umfasst Hilfen für junge Menschen in Gemeinden bis 5.000 Einwohner für den Wohnungskauf. Auch Sanierungen und Verbesserungen der Energieeffizienz werden unterstützt. Der öffentliche Wohnungsbestand soll zudem ausgeweitet werden.
Eine Daueraufgabe bildet die Erhaltung von Spaniens reichhaltigem kulturellem Erbe. Das Land verfügt allein über 48 UNESCO-Weltkulturerbestätten. Die gotische Kathedrale von León ist ein Beispiel für ein Bauwerk, das immer wieder mit modernen Methoden restauriert wird.
Geschäftschancen sehen Experten in Zulieferungen und Lösungen für den energieeffizienten, gehobenen Neubau, die energetische Altbausanierung und ihre Einpassung in smartere Städte. Es geht um innovative Materialien und Konzepte (Luftfilterung, dynamische Fassaden, Begrünungskonzepte, Klima- und Heiztechnik, Gebäudeautomatik und Wohnrobotik), die auf die spanischen Bedingungen passen.
Barrierefreiheit, Sicherheit und altersgerechtes Wohnen sind in der alternden, langlebigen spanischen Gesellschaft weitere wichtige Themen. Im Innenausbau könnten deutsche Firmen auch bei Hotels oder Erneuerungsprojekten ausländischer, speziell deutscher Immobilienbesitzer zum Zuge kommen. Letztere konzentrieren sich an der Costa Blanca um Alicante, auf Mallorca, den Kanaren, der Costa del Sol um Málaga.
Projektbezeichnung | Investitionssumme | Projektstand | Projektträger |
---|---|---|---|
Neues Stadtviertel Madrid Nuevo Norte | 7.300 | Umsetzung seit Ende 2020 | Betreibergesellschaft: Distrito Castellana Norte (DCN) |
Erste Phase Verbindung Schnellzuglinien Madrid-Levante und Madrid-Barcelona | 6.725 | Schrittweise Ausschreibungen | |
Immobilienplan für die Flughäfen Madrid-Barajas und El Prat (Barcelona) | 4.261 | Teilweise in Umsetzung; die Erweiterung der Flughäfen verzögert sich bis 2026 | Die Investitionen in Photovoltaikmodule in mehrere Flughäfen und für Sicherheitseinrichtungen bleiben bestehen; Flughafen-Betreibergesellschaft AENA: |
Neuer Hafenterminal Nord, Puerto de Valencia | 1.400 | Drei Phasen von 2020 bis 2027; Umweltverträglichkeitserklärung (UVE) gebilligt | |
Logistikplattform Alma Henares Parque Tecnológico in Meco (Madrid) und Azuqueca (Guadalajara) | 1.000 | Strategieplan im Genehmigungsverfahren. Grenzüberschreitender Logistikkorridor und Technologiepark, 3,5 Mio. m2, zwischen den Gemeinden Meco und Azuqueca | Rathaus Azuqueca de Henares |
Sanierung des Fußballstadions Santiago Bernabéu von Real Madrid | 575 | Umsetzung bis Sommer 2022 | |
Umbau des Krankenhauses La Paz, Madrid | 504 | Baubeginn März 2022; drei Bauphasen vorgesehen bis 2032 | |
Neues Stadtviertel in Montegancedo, (Pozuelo de Alarcón, Madrid) | 500 | Im Genehmigungsverfahren. Projekt im gehobenen Segment. | Projektentwickler Aedas Home und Pryconsa |
Wohnungsbauprojekt in Palmas Altas Sur, Sevilla | 400 | Im Bau seit Juli 2021. PPP-Projekt des Bauunternehmens Metrovacesa und der Kommunalregierung Sevilla. Neues Viertel im Süden der Stadt. Umfasst circa 3.000 Wohneinheiten, davon ein Drittel Sozialwohnungen. | |
Multimodaler MegaHub Andalucia, Antequera (Málaga) | 350 | Logistikplattform vor dem Baubeginn; zwei Phasen geplant. PPP-Projekt zwischen dem Unternehmen Puerto Seco de Antequera und Andalusiens Hafenbehörde Puertos de Andalucía |