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Branchen | Spanien | Pharma, Biotechnologie

Pro-Kopf-Ausgaben für Arzneimittel legen deutlich zu

Der Fachverband FarmaIndustria errechnete für 2022 ein Umsatzwachstum von 8,8 Prozent. Für viele Arzneimittelhersteller steht die Digitalisierung ihrer Fabriken auf der Agenda.

Von Oliver Idem | Madrid

Günstige Aussichten für den Binnenmarkt und die Exporte

Die Pharmabranche in Spanien gehört zu den großen, innovativen und exportstarken Wirtschaftszweigen. Dem Statistikamt INE zufolge erwirtschafteten die 360 Branchenunternehmen im Jahr 2020 einen Umsatz von 16,5 Milliarden Euro. 

Der Fachverband FarmaIndustria errechnete für 2021 ein Umsatzwachstum von 4,9 Prozent. Nach einer Umfrage unter Branchenunternehmen schätzte FarmaIndustria den Zuwachs für 2022 sogar auf 8,8 Prozent.

Spaniens Arzneimittelsektor ist stark international vernetzt. Das zeigt sich unter anderem in einer Exportquote von rund 75 Prozent, die das Statistikamt INE errechnete. Auch aufgrund von Preiseffekten befindet sich der Außenhandel in einem Höhenflug.

Zur Sicherung ihrer Wettbewerbsfähigkeit investieren die Arzneimittelunternehmen konstant in Forschung, Entwicklung und Produktionsstätten. Farmaindustria zufolge fließen 2023 voraussichtlich 1,2 Milliarden Euro in Forschung und Entwicklung von Pharmazeutika. Ein aktueller Trend ist die Digitalisierung der Fabriken und eine bessere Vernetzung mit Lieferanten und Behörden. Aufgrund zunehmender Cyberattacken wird dabei die Cybersicherheit immer wichtiger.

Der Plattform Datacomex zufolge legten die Importe von Arzneimitteln aus Deutschland (SITC 54) um 12 Prozent auf 3,3 Milliarden Euro zu. Deutschland zählt seit Jahren zu den wichtigsten Bezugsländern und profitiert vom Ruf einer guten Produktqualität und hohen Vertrauenswürdigkeit. Insbesondere im sensiblen Bereich der Gesundheit stellen diese Zuschreibungen einen großen Vorteil dar.

Die Abhängigkeit von Wirkstoff- und Arzneimittelimporten ist in Europa hoch. Das weckt bei FarmaIndustrie die Hoffnung, dass künftig mehr Produktionskapazitäten in Spanien aufgebaut werden könnten. Hinsichtlich der Wettbewerbs- und Investitionsfähigkeit ist das Land demnach gut aufgestellt. Kostensteigerungen setzten den Unternehmen jedoch zuletzt zu.

Höherer Arzneimittelbedarf und staatliche Kostenkontrolle zu erwarten

Durch einen Binnenmarkt mit 47 Millionen Menschen, eine hohe Lebenserwartung und wachsende Zahl an Älteren sind die Nachfrageaussichten für Medikamente insgesamt günstig. Der absehbare Mehrbedarf an Arzneimitteln dürfte jedoch politische Maßnahmen zur Kostendämpfung mit sich bringen.

Der Verbrauch von antiparasitären Medikamenten und Hormonen nahm FarmaIndustria zufolge 2021 in Spanien am stärksten zu. Auch bei Arzneimitteln für das zentrale Nervensystem und den Verdauungstrakt waren überdurchschnittliche Steigerungen zu verzeichnen.

Fitch Solutions sieht die Pro-Kopf-Ausgaben für Medikamente insgesamt auf Wachstumskurs. Von 601 Euro im Jahr 2022 sollen diese bis 2027 auf 716 Euro zunehmen.

Die Preis- und Erstattungspolitik der vergangenen Jahre führte dazu, dass die spanischen Arzneimittelpreise zu den niedrigsten in der EU zählen. Gleichzeitig sind die national und regional festgelegten Erstattungsleistungen sehr umfangreich. Angefangen von 60 Prozent Erstattung bei apothekenpflichtigen Mitteln bis hin zu 100 Prozent bei Krankenhausmedikamenten und Arzneien für ausgewählte chronische Erkrankungen. 

Für viele Arzneimittel existiert in Spanien ein Referenzpreissystem unter der Aufsicht des Gesundheitsministeriums. Die interministerielle Kommission für die Preisfestsetzung veröffentlicht dazu detaillierte Informationen. Bei der Aufsichtsbehörde AEMPS sind unter anderem Inhalte zu Formalitäten abrufbar.

Medikamente unterliegen in Spanien einem deutlich reduzierten Mehrwertsteuersatz. Sowohl für rezeptpflichtige als auch rezeptfreie Arzneimittel gilt ein Satz von 4 Prozent. Der Standardsatz beträgt hingegen 21 Prozent.

Entwicklung des Pharmamarktes in Spanien (in Millionen Euro; Veränderung in Prozent)

Kategorie

2018

2019

2020

2021

Veränderung 2021/20

Marktvolumen

16.355

17.098

17.589

18.441

4,8

   Apotheken

9.720

9.942

10.009

10.357

3,5

   Krankenhäuser1)

6.635

7.156

7.580

8.085

6,7

Exporte

10.411

11.883

12.643

17.647

39,6

Importe

14.088

14.767

15.938

21.655

35,9

Produktion 2)

k.A.

k.A.

9.801

9.392

-4,1

1 Ausgaben für Arzneimittel in öffentlichen Krankenhäusern; 2 verkaufte lokale Produktion (für 2018 und 2019 keine Vergleichszahlen aufgrund einer geänderten Datenerfassung des Statistikamtes)Quelle: Farmaindustria, Eurostat, INE

Der Marktanteil patentierter Arzneimittel lag in Spanien 2021 bei 68,1 Prozent. Der Anteil von Generika erreichte 22,7 Prozent. Fitch Solutions rechnet damit, dass bis 2027 Generika auf Kosten von Originalpräparaten leicht an Boden gewinnen werden. 

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Die medizinische Biotechnologie ist ein dynamischer Wachstumssektor. Gemessen an den Umsätzen verfügt Spanien über den viertgrößten Biotechnologiesektor in Europa.

Die Forschungs- und Entwicklungsausgaben für Biotechnologie erreichten 2021 rund 400 Millionen Euro. Das entsprach circa einem Drittel der gesamten Investitionen der Pharmabranche.

Ein bedeutsames Cluster des Sektors stellt die BioRegión in Barcelona dar. Diese bildet auch ein Ökosystem für Start-ups. Diese warben 2020 insgesamt 226 Millionen Euro an Finanzierungen ein.

Start-ups sorgen auch insgesamt für Innovationen in der Biotechnologie. FarmaIndustria stellt allerdings fest, dass die industrielle Weiterentwicklung ihrer Ideen noch wenig ausgeprägt ist.

Die Koordinierung von Forschungsaktivitäten und die Sicherung nichtstaatlicher Finanzierung gilt es weiter auszubauen, um die Potenziale spanischer Biotechunternehmen zu heben. Bislang ist die Zusammenarbeit zwischen Unternehmen, Technologiezentren und Universitäten noch nicht sehr eng.

Im Rahmen des Strategieplans für eine zukunftsweisende Gesundheitswirtschaft investiert Spanien europäische Hilfsgelder aus dem Paket Next Generation EU. Im Jahr 2023 stehen unter anderem Innovationen und Nachhaltigkeit in der Pharmaindustrie sowie Unterstützung für eine vernetzte Produktion auf der Agenda.

Führende Pharmaunternehmen in Spanien (Umsatz in Millionen Euro; Marktanteil in Prozent)

Unternehmen

Umsatz (2021)

Marktanteil *) 

Lilly España

1.674

9,1

Novartis Farmacéutica

1.227

6,6

Boehringer Ingelheim España

584

3,2

Wyeth Farma (Pfizer)

558

3,0

Laboratorios Farmacéuticos Rovi

510

2,8

Laboratorios Cinfa

431

2,3

Teva Pharma

412

2,2

Ferrer Internacional

406

2,0

Merck

358

1,9

Laboratorios Normon

325

1,8

*) bezogen auf Angaben des Marktvolumens des Fachverbands Farmaindustria (18.441 Mio. Euro). Quelle: Las mayores empresas de España 2022; Actualidad Económica (Dezember 2022)

Den spanischen Pharmamarkt dominieren gemessen am Umsatz multinationale Unternehmen. Von den 173 Fabriken befinden sich indes 106 im Besitz spanischer Unternehmen. Weitere 37 gehören zu Herstellern aus anderen Ländern Europas. Die übrigen 30 Fabriken werden von außereuropäischen Branchenunternehmen betrieben.

Knapp 92 Prozent der in Spanien hergestellten Medikamente basieren auf chemischen Synthesen. Das größte Wachstum verzeichneten in den Jahren 2019 bis 2022 jedoch Arzneimittel auf biologischer Grundlage.

Die Herstellung von Wirkstoffen und Medikamenten konzentriert sich in zwei der 17 Autonomen Gemeinschaften. In der Hauptstadtregion Madrid und in Katalonien befinden sich knapp 70 Prozent der Werke.

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