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Energiekrise in Südafrika eskaliert

Stromabschaltungen in Südafrika sind 2023 weiter eskaliert. Für das Kapland ist es die schlimmste Energiekrise überhaupt.

Von Fausi Najjar | Johannesburg

Um das System vor einem Blackout zu bewahren, greift der staatliche Elektrizitätsunternehmen Eskom auf sogenannte Lastabwürfe (englisch: load shedding) zurück. Nach einem Rekordjahr 2022 mit Abschaltungen an 205 Tagen hat sich die Lage im Januar 2023 weiter verschärft. Mittlerweile wird der Strom örtlich bis zu zwölf Stunden gekappt. Die hohen Ausfälle werden aller Voraussicht nach über das Jahr anhalten. Die wirtschaftlichen Folgen der Energiekrise sind noch kaum abzusehen. Wegen vermehrter Stromausfälle hat Präsident Cyril Ramaphosa am 8. Februar 2023 den nationalen Notstand ausgerufen.

Reformen stagnieren

Aufgrund von Partikularinteressen erweisen sich die Reformbemühungen des südafrikanischen Präsidenten Cyril Ramaphosa als weitaus beschwerlicher und langwieriger als 2018 bei seinem Machtantritt angenommen wurde. Vor allem die Reformmaßnahmen für den Energiesektor wurden massiv ausgebremst. Positive Impulse sind lediglich bei den erneuerbaren Energien spürbar.

Der sich insbesondere auf Kohle stützende Kraftwerkspark des Staatsunternehmens Eskom ist marode; dessen Instandsetzung stagniert. Die Umsetzung von Großprojekten bei den erneuerbaren Energien hat sich deutlich verzögert.

Um die Lage zu verbessern, müsste die im Oktober 2019 beschlossene Entflechtung von Eskom zügig umgesetzt werden. Die Umstrukturierung sieht eine Aufspaltung in drei, juristisch eigenständigen Bereiche vor: Stromerzeugung, Übertragungsnetz und Systembetrieb sowie die Verteilung der Elektrizität an Haushalte. Der Umbau könnte die Errichtung von dringend notwendigen Stromtrassen beschleunigen.

Fiasko bei staatlichem Versorgungsunternehmen

Der desolate Zustand des Kraftwerkparks in Südafrika ist auf verschiedene Faktoren wie Vernachlässigung, Inkompetenz bei Wartung und Steuerung der Anlagen sowie Korruption zurückzuführen. Ohne die Großkraftwerke Medupi und Kusile liegt das Durchschnittsalter der Kohlekraftwerke bei über 40 Jahren. Es ist kaum abzusehen, welches der Kraftwerke als Nächstes aufgrund fälliger Wartungen oder Reparaturen heruntergefahren werden muss. Schließlich sind es kriminelle Strukturen, die die Funktionsfähigkeit der Kraftwerke blockieren. Berichte über Diebstahl, Sabotageakte oder die Belieferung der Kraftwerke mit minderwertiger Kohle häufen sich.

Insgesamt ist Eskom mit rund 21,2 Milliarden Euro verschuldet. Das entspricht 8,6 Prozent des südafrikanischen Bruttoinlandsprodukts. Die größten finanziellen Verluste und technischen Schwierigkeiten des Versorgers rühren vom Bau der Kohlekraftwerke Medupi (Baubeginn: 2007; geplante Kapazität: 4.764 Megawatt (MW)) und Kusile (2008; 4.800 MW). Erst jüngst hat Eskom angekündigt, 2023 und 2026 alle Kraftwerksblöcke in Medupi und Kusile in Betrieb zu nehmen.

Die Krise des Staatskonzerns hat nochmals an Brisanz hinzugewonnen, nachdem der Eskom-Chef André de Ruyter im Dezember 2022 seinen Rücktritt angekündigt hatte. Er begründete seinen Ausstieg mit fehlender politischer Unterstützung. De Ruyter trat den Posten im Dezember 2019 an und galt als Person, die Eskom reformiert.

Staatliche Ausschreibungen haben sich verzögert

Die südafrikanische Regierung hat 2011 - vier Jahre nach dem ersten Lastabwurf - das Ausschreibungsprogramm REIPPP (Renewable Energy Independent Power Producer Procurement Program) aufgelegt. Das Programm zielt darauf ab, mit privaten Investitionen in die erneuerbaren Energien die nationale Versorgung zu unterstützen. REIPPP wurde zwischen 2015 und 2018 auf Eis gelegt. Der damalige Präsident Jacob Zuma setzte weitgehend auf den (gescheiteren) Aufbau der Kernenergie.

Auch nach Zuma gab es jedoch erhebliche Verzögerungen: Bei den Ausschreibungsrunden REIPPP 5 und 6 haben die Bieter erst Ende 2022 den Zuschlag erhalten. Kommentatoren geben dem Minister für Bergbau und Energie Gwede Mantashe die Schuld für die langsame Umsetzung.

Das REIPPP-Programm hat allerdings nicht nur wegen der späten Realisierung enttäuscht. Auch wurden mehr zusätzliche Erzeugungskapazitäten erwartet. Nach dem Einmarsch Russlands in die Ukraine im Februar 2022 ist die Nachfrage nach erneuerbaren Energien weltweit gestiegen. Der südafrikanische Projektmarkt hat jedoch mit seinen hohen Auflagen, etwa zur heimischen Wertschöpfung, an Attraktivität verloren. Zudem konnten Projekte wegen fehlender Stromleitungen nicht umgesetzt werden. Voraussichtlich können von den avisierten 2.600 MW pro Bieterrunde nur jeweils rund 1.000 MW realisiert werden.

Das im August 2020 aufgelegte Notprogramm Risk Mitigation IPP Procurement (RMIPPP) ist zudem im Wesentlichen auf der Strecke geblieben. RMIPPP hatte das Ziel, für eine schnelle Aufstockung der Kapazitäten um rund 2.000 MW zu sorgen. Das türkische Unternehmen Karadeniz Powership Company sollte hierbei mit drei schwimmenden Gaskraftwerken an den Küsten der Städte Nelson Mandela Bay, Richards Bay und Saldanha Bay eine Gesamtkapazität von 1.220 MW stellen. Klagen eines konkurrierenden Anbieters und von Umweltverbänden haben die Umsetzung des Vorhabens jedoch bislang verhindert. Durch die Ausrufung des nationalen Notstandes ist hier mit schnelleren Entscheidungen zu rechnen.

Unternehmen investieren vermehrt in die Eigenversorgung

Staatschef Ramaphosa hatte im Juni 2021 die Schwelle für Unternehmen und Städte den eigenen Strom ohne spezielle Lizenz zu produzieren von 10 MW auf 100 MW angehoben. Im Juli 2022 ist die 100 MW-Grenze komplett weggefallen. Auch die Durchleitung der Elektrizität über das nationale Netz ist, wenn technisch machbar, erlaubt. Im Zuge dessen hat vor allem der Bergbau Projekte bei den erneuerbaren Energien angestoßen. Das Gros der Projekte wird aber erst deutlich nach 2023 Strom liefern.

Stromprojekte zur Eigenproduktion (Private Unternehmen)

Projektname

Status

Auftraggeber

MW

Voraussichtliche Inbetriebnahme

Energieträger

Renewable Energy Program

Auswertung der Ausschreibung

Sasol and Air Liquide

 900

Dezember 2025

Wind und Solar

Boegoebaai Green Hydrogen Hub

Studie

Sasol 

 10.000

 Juni 2030

Wind und Solar

Boikarabelo Mine-Mouth Power Station

Studie

Ledjadja Coal

260

Dezember 2026

Kohle

Tronox Solar Power Plant

Im Bau

Tronox Holdings

200

Dezember 2025

Solar

Mulilo/Total/ Coega/Redstreet1 - Solar Power Plant

Studie

TotalEnergies, Mulilo Renewable Energy, Redstreet 1 RF

216

Dezember 2026

Solar

ArcelorMittal Solar PV Power Plants Program

Studie

ArcelorMittal South Africa

160

Dezember 2026

Solar

Mpumalanga Wind Farm

Studie

Seriti

450

Dezember 2026

Wind

Solar Power Plant at Mogalakwena Platinum Mine

Im Bau

Anglo American Platinum

100

Juni 2024

Solar

Magnora Solar Power Plant

Studie

Magnora ASA

260

Dezember 2025

Solar

Oya Energy Wind Farm

Studie

G7 Renewable Energies

82,5

Dezember 2026

Wind

Lephalale Solar Photovoltaic Power Plant

Studie

Cennergi zu Exxaro

80

November 2025

Solar

Harmony Gold - Free State Solar Power Plant

Studie

Harmony Gold Mining

137

Dezember 2026

Solar

Boulders Wind Farm 140

Studie

Vredenburg Windfarm

140

Juni 2026

Wind

Quelle: Meedprojects, Februar 2023

Stromprojekte für die Eigenproduktion (öffentliche Einrichtungen)

Projektname

Status

Auftraggeber

MW

Voraussichtliche Inbetriebnahme

Energieträger

Umzimvubu Water Project

FEED

Department of Water and Sanitation

23

Dezember 2026

Wasser

Transnet - Renewable Energy Programs

Präqualifikation abgeschlossen

Transnet Port Terminals

Zwischen 50 MW und 80 MW an acht Häfen

Dezember 2025

Solar und Wind

Gas Power Generation Plant in Tshwane

 Im Bau

Tshwane Economic Development Agency

 20

 Dezember 2023

Gas

Quelle: Meedprojects, Februar 2023

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