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Die südafrikanische Landwirtschaft kann kräftig zulegen. Das gibt auch den Nahrungsmittelverarbeitern Impulse. Letztlich ist aber das Verhalten der Verbraucher maßgeblich.
30.03.2021
Von Fausi Najjar | Johannesburg
Dank ergiebiger Regenfälle hat der Agrarsektor 2020 Südafrikas mehr als 9 Prozent zugelegt. Prognosen für die Sommerernte 2020/21 lassen auf Steigerungsraten von nochmals 3 bis 4 Prozent schließen. Das hohe Agrarwachstum beflügelt den Import von Landmaschinen. Die ankündigte Verpachtung von staatseigenem Land und die Stärkung wirtschaftsfreundlicher Kräfte in der Politik sorgen dafür, dass die Debatte um die entschädigungslose Landenteignung an Brisanz verliert.
Südafrika umfasst sieben klimatische Zonen und bietet deswegen eine breite Palette agrarischer Produkte. Das macht das Land, in Kombination mit einer guten Infrastruktur, zum bedeutendsten Agrarzentrum auf dem afrikanischen Kontinent.
Südafrika verfügt über eine breit aufgestellte Verpackungsindustrie, deren größte Unternehmen in weiteren afrikanischen Ländern und teils darüber hinaus produzieren. Die Nahrungsmittelkonzerne sind stark vertikal integriert. Die Branche weist eine hohe Konzentration auf. So entfällt auf vier Hersteller von Backwaren ein Marktanteil von 70 Prozent. Drei Unternehmen teilen sich 53 Prozent des Marktes für Molkereiprodukte, während 77 Prozent des Marktes für Wein und Spirituosen ebenso von drei Konzernen kontrolliert werden.
Aufgrund neuer Auflagen ist in den kommenden Jahren mit Investitionen in den Ausbau der Kreislaufwirtschaft zu rechnen. Hinzu kommen Erfordernisse, wie die Kostenoptimierung, Steigerung der Energieeffizienz und die autonome Stromproduktion auf Basis erneuerbarer Energien. Bei den Nahrungsmittelverarbeitern ist insbesondere die Errichtung von Biogasanlagen aktuell.
Das starke Wachstum in der Landwirtschaft schiebt die Nahrungsmittelverarbeitung an. Zu den Segmenten mit Expansionspotenzial zählen die Fischindustrie, Verpackung und Verarbeitung von Gemüse, Fruchtsaftherstellung, Nahrungsmittel auf Sojabasis, Fleischverarbeitung (Straußenfleisch), breite Vermarktung lokaler Blumen und Kräuter sowie pflanzliche Heilmittel (vor allem Cannabis-Produkte). Die Geschäftsaussichten der Nahrungsmittel- und Verpackungsindustrie werden allerdings zuvorderst vom Endkonsum abhängig bleiben und sich deshalb nur allmählich erholen.
Wachstumsprognosen zufolge wird der Privatkonsum erst im Laufe des Jahres 2023 wieder auf dem Stand von 2019 liegen. Bei den Pro-Kopf-Einkommen wird das Niveau von 2019 voraussichtlich noch später erreicht. Es wird einige Zeit dauern, bis die Arbeitslosigkeit von offiziell mehr als 30 Prozent zurückgeht und sich die Einkommen erholen.
Die durch eine wachsende, urbane Mittelschicht getriebene Diversifizierung der Nachfrage bei den Nahrungsmitteln dürfte sich deutlich verlangsamen. Wegen der Wirtschaftskrise werden viele Konsumenten auf Hochpreisiges komplett verzichten. Ein schwacher Rand und die Bemühungen der Regierung, verstärkt heimisch produzieren zu lassen, wird den Kauf lokaler Marken stärken.
Die südafrikanische Regierung hatte im Frühjahr 2020 einen harten Lockdown verhängt, die Restriktionen eher langsam gelockert, mittlerweile aber weitgehend aufgehoben. Schwer einschätzen lässt sich, inwiefern die Verbraucher ihre Verhaltensänderungen aus den Lockdown-Phasen künftig beibehalten werden. Voraussichtlich werden Konsumenten in Zukunft in höherem Maße im Homeoffice arbeiten und dementsprechend Mahlzeiten zu Hause zubereiten. Das wird den Einzelhandel auf Kosten von Restaurants, Fastfood-Ketten oder Imbissen stärken.
Der Einzelhandel gehörte im Jahr 2020 zu den Gewinnern der Covid-19 Pandemie. Die Branchengrößen wie ShopRite, Spar, Pick n Pay und Woolworth legten überwiegend positive Jahresabschlüsse vor. Von niedrigem Niveau ausgehend sind verstärkte Online-Bestellungen von Nahrungsmitteln zu verzeichnen.
In den Restaurants in Südafrika, aber auch weltweit, werden deutlich weniger Steaks bestellt. Deswegen ist in der wichtigen Fleischindustrie nur von einer langsamen Erholung auszugehen. Zum Schutz der heimischen Industrie hat die südafrikanische Regierung die Einfuhrzölle für Geflügel heraufgesetzt. Hier ist eine gewisse Dynamik zu erwarten.
Vor allem kleine Weingüter, Brauereien und Gin-Erzeuger stehen vor dem Aus. Das im Rahmen von Lockdown-Maßnahmen zeitweise verhängte Verkaufsverbot für Alkohol setzt den Wein-, Bier- und Spirituosenherstellern deutlich zu. Hinzu kommen der Einbruch im Tourismus sowie die zeitweilige Schließung beziehungsweise verkürzte Öffnungszeiten in der Gastronomie.
Die südafrikanische Weinindustrie sitzt auf rund 280 Millionen bis 300 Millionen Litern unverkauftem Wein. Diese Menge entspricht etwas mehr als einem Verkaufsjahr. South African Breweries (SAB) schließt Entlassungen nicht mehr aus und hat geplante Investitionen in Höhe von umgerechnet rund 137 Millionen Euro auf Eis gelegt.
Die Coronapandemie hat bei den großen Ketten, wie KFC, McDonald’s, Nando’s, Wimpy und Debonairs Pizza, nicht nur eine schwache Nachfrage bei der unmittelbar zum Einsatz kommenden Verpackung zur Folge, sondern auch bei Softdrinks in Dosen oder PET-Flaschen. Der Markt für abgefülltes Wasser ist ebenso eingebrochen und wird sich nur langsam erholen. Konsumenten haben in den Lockdown-Phasen auf Wasser aus dem Wasserhahn zurückgegriffen und werden weniger außer Haus nachfragen. Nicht zuletzt werden die starken Regenfälle die Nachfrage bei Haushalten mit unzureichendem Leitungsanschluss dämpfen. Anstatt abgepacktes Wasser zu kaufen, werden sie wieder verstärkt auf Brunnen und Auffangbehälter zurückgreifen.