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Branchen | Südkorea | Klimaschutz

Südkorea beschließt Gesetz zur Klimaneutralität bis 2050

Seit dem 31. August 2021 hat Südkorea ein Klimagesetz und ein strengeres Ziel für die ab 2030 erlaubten Emissionen. Vom Industrieverband kam Kritik an früheren Vorschlägen.

Von Frank Robaschik | Seoul

Das 2020 zur zehntgrößten Volkswirtschaft aufgestiegene Südkorea ist weltweit auch einer der größten Emittenten von Treibhausgasen. Im Oktober 2020 verkündete Präsident Moon erstmals für sein Land das Ziel der Klimaneutralität bis 2050. Am 31. August 2021 nahm das südkoreanische Parlament mit der Stimmenmehrheit der Demokratischen Partei von Präsident Moon ein Gesetz zur Klimaneutralität bis zum Jahr 2050 an. Es legt auch ein strengeres Ziel der Reduzierung von Treibhausgasemissionen bis 2030 fest. Sie sollen nunmehr um mindestens 35 Prozent gegenüber dem Jahr 2018 sinken.

Das neue Ziel für 2030 entspricht einem Wert von höchstens 473 Millionen Tonnen Kohlendioxidäquivalente und damit einer Senkung der Emissionen um mindestens 27 Prozent gegenüber dem Pandemiejahr 2020. Bisher lag das Ziel für 2030 bei einer Verringerung um mindestens 24,4 Prozent gegenüber dem Niveau des Jahres 2017 und damit bei maximal 536 Millionen Tonnen.

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Bereits 2014, als Südkorea beim Klimaschutz noch als Entwicklungsland galt, hatte das Land in einer Roadmap bis 2020 das Ziel der Reduzierung von Treibhausgasemissionen um 30 Prozent gegenüber einem Business-as-usual-Szenario ausgegeben. Die anvisierten 543 Millionen Tonnen Kohlendioxidäquivalente wurden aber weit verfehlt. Immerhin sind die Emissionen von 727,6 Millionen Tonnen im Jahr 2018 nach vorläufigen Angaben 2019 auf 699,5 Millionen Tonnen und 2020 weiter auf 648,6 Millionen Tonnen gesunken. Bei einer Konjunkturerholung wäre ein Anstieg der Emissionen im Jahr 2021 allerdings keine Überraschung.

Treibhausgasemissionen Südkoreas (in Millionen Tonnen Kohlendioxidäquivalente)

2014

2015

2016

2017

2018

Bruttoemissionen

691,9

692,5

693,5

709,7

727,6

  Energie

242,8

243,4

244,0

252,6

269,6

  Industrie

266,3

259,4

253,4

259,8

260,5

  Gebäude

47,2

49,1

50,9

52,1

52,1

  Verkehr

88,7

94,2

98,8

98,3

98,1

  Landwirtschaft

26,2

25,2

24,8

24,7

24,7

  Abfallwirtschaft und Sonstiges

20,8

21,3

21,6

22,3

22,7

  Landnutzung, Forstwirtschaft

-43,3

-44,4

-45,6

-41,5

-41,3

Nettoemissionen

648,7

648,2

648,0

668,3

686,3

Quelle: Kommission für Klimaneutralität

Alternative Energien geraten stärker in den Fokus

Auch wenn Südkoreas Ausstoß von Treibhausgasen bis 2018 stieg, so unternimmt das Land doch einige Anstrengungen, damit die Emissionen nicht ungebremst wachsen. In der Stromerzeugung will Südkorea weniger Kohle einsetzen und den Anteil erneuerbarer Energien erhöhen. Er soll von 5,0 Prozent im Jahr 2019 auf 21,3 Prozent bis zum Jahr 2034 steigen. Für das Jahr 2030 ist ein Zwischenziel von 16,7 Prozent vorgesehen.

Im Verkehr erhöht Südkorea den Anteil von Fahrzeugen mit Elektro-, Hybrid- und Wasserstoffantrieb. Der Anteil von Biokraftstoffen, die dem Diesel beigemischt werden, stieg im Juli 2021 auf 3,5 Prozent und soll bis 2030 bei 5 Prozent liegen. Im Schiffbau werden umweltfreundlichere Treibstoffe wie Erdgas, Methanol, Wasserstoff oder Ammoniak an Stelle von Schweröl zunehmend ein Thema. Wasserstoff wird allgemein eine wichtige Rolle zugeschrieben. Allerdings wird Südkorea nicht sofort mit der Nutzung von grünem Wasserstoff beginnen. Vielmehr sollen in erster Linie Technologien entwickelt und auf dieser Basis Erzeugnisse wie beispielsweise Wasserstoffautos produziert und exportieren werden.

Da in Südkorea insbesondere bei älteren Gebäuden nur selten auf Wärmedämmung geachtet wurde, hat das Land eine eigene Roadmap zur Verbreitung von Nullenergiegebäuden aufgelegt. Sie greift ab 2025 für alle größeren Neubauten im Lande.

Entwicklung eigener Technologien angestrebt

Südkorea setzt bei der Erreichung der Klimaneutralität bis zum Jahr 2050 verstärkt auf die Entwicklung eigener Technologien. Nach Plänen des Ministry of Trade Industry and Energy vom August 2021 könnte das Land in den kommenden Jahren dafür mehr als 5 Milliarden US-Dollar (US$) ausgeben.

Im Zentrum des Interesses stehen Technologien zum Einsatz von Wasserstoff, die Entwicklung effizienter Elektroöfen und der Einsatz von Energiequellen mit geringem Kohlenstoffgehalt in der Stahlindustrie. Hinzu kommen biologische Rohstoffe zur Substitution von Erdöl sowie Technologien zur Elektrolyse und zur thermischen Zersetzung von Kunststoffen in der Petrochemie. In der Zementindustrie geht es unter anderem um den potenziellen Ersatz für kohlenstoffreiche Rohstoffe wie Carbonate und den Einsatz von Wasserstoff. In der Elektronik sollen klimaverträglichere Gase zum Ätzen, Auftragen von Schichten und Reinigen sowie klimafreundlichere Nassreiniger eingesetzt werden. Diese Einsatzbereiche gehören zu den Industriezweigen, die in Südkorea die meisten Treibhausgase emittieren. Ein stärkeres Interesse am Einsatz von Wasserstoff besteht auch bei der Erzeugung von Nichteisenmetallen.

Szenarien zur Erreichung der Klimaneutralität bis zum Jahr 2050

Zur Umsetzung seiner Klimaziele bis 2050 setzt Südkorea auch auf die Kohlenstoffspeicherung (Carbon Capture, Utilization and Storage, CCUS). Diese Technologie spielt in allen drei Szenarien, die die Kommission für Klimaneutralität am 5. August 2021 vorgestellt hat, eine wichtige Rolle. Das anspruchsvollste Szenario (Szenario 3 in der Tabelle unten), das auf Nettoemissionen von Null (Klimaneutralität) hinausläuft, sieht unter anderem die Einstellung der Stromerzeugung aus Kohle und aus Flüssiggas vor. Autos sollen fast nur noch mit Strom oder mit Wasserstoff betrieben werden und ausschließlich grüner Wasserstoff zum Einsatz kommen. Auch Schiffe und Flugzeuge sollen demnach zunehmend umweltfreundlichere Treibstoffe nutzen. Im Abfallsektor setzen die Pläne unter anderem auf eine Reduzierung der Abfallmengen und stärkeres Recycling.

Mit hohen Investitionen in den Batteriesektor trägt Südkorea darüber hinaus dazu bei, dass die weltweiten Ausbaupläne in der Elektromobilität realisierbar werden.

Industrie äußert Bedenken

Der Industrieverband Federation of Korean Industries äußerte noch am 5. August 2021, dem Tag des Erscheinens der drei Szenarien, Bedenken. Wenn die Industrie, wie in allen drei Varianten vorgesehen, bis 2050 insgesamt 80 Prozent der Emissionen reduzieren soll, schmälere dies die Wettbewerbsfähigkeit Südkoreas und gefährde massiv Arbeitsplätze im Land. Der Verband regte in diesem Zusammenhang an, die Kernenergie als emissionsfreie Energiequelle stärker zu nutzen. Die Positionierung der südkoreanischen Regierung in der Umwelt-, Energie- und Klimapolitik ist nach den Präsidentschaftswahlen im März 2022 noch offen.

Szenarien für Treibhausgasemissionen Südkoreas bis 2050 (in Millionen Tonnen Kohlendioxidäquivalente)

Emissionen 2018

Szenario 1 für 2050

Szenario 2 für 2050

Szenario 3 für 2050

Nettoemissionen

686,3

25,4

18,7

0,0

  Energie

269,6

46,2

31,2

0,0

  Industrie

260,5

53,1

53,1

53,1

  Verkehr

98,1

11,2 (-9,4)1

11,2 (-9,4)1

2,8

  Gebäude

52,1

7,1

7,1

6,2

  Landwirtschaft

24,7

17,1

15,4

15,4

  Abfallwirtschaft und Sonstiges

22,7

5,6

5,6

5,1

  Landnutzung, Forstwirtschaft

-41,3

-24,1

-24,1

-24,7

  CCUS

-

-95,0

-85,0

-57,9

  Wasserstoff

-

13,6

13,6

0,0

1) 9,4 Millionen Tonnen Kohlendioxid sollen durch Direct Air Capture aufgefangen und gespeichert werdenQuelle: Kommission für Klimaneutralität

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