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Branchen | Taiwan | Textilien, Bekleidung

Textilsektor setzt auf neue Trends

Die taiwanische Textilindustrie hat stark unter der nachlassenden internationalen Nachfrage nach Bekleidung gelitten. Im Jahr 2021 zeichnen sich neue Trends ab.

Von Alexander Hirschle | Taipei

Die taiwanische Textilindustrie musste 2020 starke Einbußen beim Output hinnehmen, da sich die wegbrechende globale Nachfrage negativ auf die stark exportorientierten lokalen Hersteller auswirkte. Durch die Lockdowns weltweit mussten Bekleidungs- und Sportartikelhersteller vor allem in den USA und Europa erhebliche Einbußen hinnehmen. Dies hatte die Aufschiebung oder komplette Stornierung von zahlreichen Aufträgen zur Folge. Hiervon waren nahezu sämtliche Segmente der Lieferketten auf der Insel betroffen.

Starke Produktionsrückgänge durch Corona

Die Produktion des Sektors ging daher im vergangenen Jahr übergreifend um knapp 20 Prozent auf 9,8 Milliarden US-Dollar (US$) zurück. Der Output von Bekleidung musste „nur“ Einbußen von rund 12 Prozent hinnehmen, zeichnet aber auch nur für einen Bruchteil des Umsatzes verantwortlich.  Zahlreiche Branchenfirmen schlitterten in Schwierigkeiten und mussten finanzielle Unterstützung von Seiten der Regierung im Rahmen des Coronahilfspakets beantragen, um diese kritische Phase zu überstehen. Auf der Insel wurden 2019 insgesamt 4.335 Unternehmen im Sektor gezählt mit circa 140.000 Beschäftigten.

Hoffnung auf Besserung 2021

Schon in der zweiten Jahreshälfte 2020 zeichnete sich ein Aufwärtstrend bei den taiwanischen Textilherstellern ab, die Kapazitätsauslastung in einigen Segmenten stieg von 30 bis 40 Prozent im 2. Quartal auf bis zu 90 Prozent im 4. Quartal. Aufgrund der weltweiten Impfkampagne und der globalen Konjunkturerholung hofft die Branche auf eine graduelle Besserung der Nachfrage. Nach Schätzungen von Euromonitor soll der globale Bekleidungs- und Schuhmarkt 2021 um fast 14 Prozent wachsen.

Im 1. Quartal 2021 ging die Produktion der taiwanischen Hersteller nur noch um 2,2 Prozent im Vergleich mit der Vorjahresperiode zurück, der Bekleidungsbereich wies sogar ein leichtes Plus von 2,4 Prozent auf. Ob sich die Erholung der Branche jedoch langsam in Richtung eines „V“ bewegen wird, hängt nach Einschätzung von Experten zu großen Teilen vom weiteren Verlauf der Pandemie rund um den Globus ab und ob weitere Virusvarianten nicht doch wieder zu Einschränkungen des Alltags führen werden.

Firmen setzen auf neue Trends

Bereits 2020 zeichneten sich Verschiebungen innerhalb des Sektors ab. Ein wichtiger Teil der taiwanischen Textilindustrie ist im Bereich Sport- und Freizeitartikel aktiv. Da diese durch diverse Lockdowns und Ausgangssperren weniger gefragt waren, fokussierten sich die lokalen Branchenfirmen beispielsweise auf die Produktion von bequemen, elastischen und antibakteriellen Textilien, die mehr auf Freizeit- und Sportwaren für den Gebrauch zu Hause (Inhouse-Sportswear) abzielen.

Darüber hinaus stellten einige Firmen auf medizinische Güter um, wie etwa Schutzmasken und -bekleidung. Neben dem Gesundheitssektor dürften künftig der industrielle Bereich wie die Kfz-Industrie, die Landwirtschaft oder die Windenergie als Abnehmer an Bedeutung gewinnen. Taiwanische Branchenvertreter sind der Überzeugung, dass die Auswirkungen der Coronapandemie einen Wendepunkt für die Aktivitäten der lokalen Firmen darstellen.

Die Hersteller auf der Insel seien schon immer sehr innovativ gewesen, um sich auf verändernde Rahmenbedingungen einzustellen. Auch künftig sei dies zu erwarten, so die Stimmen. Die Reise wird demzufolge in Richtung einer zusätzlichen Intensivierung von Forschung und Entwicklung gehen. Ein weiterer wichtiger Bereich, der nach Einschätzung von Experten künftig massiv an Bedeutung gewinnen wird, ist die Digitalisierung der Branchenfirmen wie etwa der Einsatz von künstlicher Intelligenz oder intelligenten Produktionstechnologien (Industrie 4.0).

Taiwan beherbergt alle Stufen der Lieferkette

Der taiwanische Textilsektor gilt als eine reife und gut etablierte Industrie im globalen Kontext mit fast allen Stufen der Lieferkette an einem Ort. Unternehmensvertreter sprechen von einem „taiwanischen One-Stop-Shop“ in diesem Zusammenhang. Die lokalen Hersteller sind ein enorm wichtiger Akteur in den internationalen Lieferketten. Der Exportanteil beläuft sich auf 77 Prozent beziehungsweise 7,5 Milliarden US$ im Jahr 2020.

Taiwanische Firmen haben zwar in den vergangenen Jahren große Teile ihrer Produktion aus Kostengründen und einem Mangel an Beschäftigten in andere Länder Südostasiens verlagert - wie zuletzt vor allem nach Vietnam oder auch Kambodscha. Dennoch werden die großen Entscheidungen über Investitionen und die Anschaffung anspruchsvoller Kapitalgüter weiterhin in den Mutterhäusern in Taiwan getroffen, wie Branchenvertreter bestätigen. Aus diesem Grund sind eine Präsenz auf der Insel und der direkte Kontakt zu den Firmen weiterhin sehr wichtig, um hier ins Geschäft zu kommen.

Nachhaltigkeit gewinnt an Bedeutung

Darüber hinaus wird der Aspekt von Nachhaltigkeit eine immer stärkere Bedeutung gewinnen. Dies betrifft sämtliche Stufen des Herstellungsprozesses, angefangen von den Roherzeugnissen wie nachwachsenden Materialien oder wiederverwertetem PET etwa aus Fischfangnetzen oder Plastikflaschen. Nach Angaben des Fachverbandes Taiwan Textile Federation gilt Taiwans Textilindustrie bereits heute als führend in diesem Bereich.

Aber auch im Produktionsprozess selbst werden zunehmend erneuerbare Energien wie von Solarpanels sowie wassersparende Technologien eingesetzt. Zusätzlicher Druck kommt von den großen internationalen Abnehmern, die ihre Umweltziele auf alle Bereiche der Lieferketten ausdehnen.

Die Branchenaktivitäten in Taiwan selbst konzentrieren sich auf die Herstellung hochwertiger technischer und Performance-Textilien sowie auf Forschungs- und Entwicklungsaktivitäten. Dominierende Bereiche sind dabei unter anderem Glasfaserprodukte, Vliesstoffe, imprägnierte Textilien oder Polyestergarne. Nach Aussage deutscher Unternehmensvertreter vor Ort gibt es gute Kooperationsmöglichkeiten mit lokalen Produzenten, um auf diese Weise das Entwicklungspotenzial der Branche zum Beispiel im Bereich Textilmaschinen auszuschöpfen.

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