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Wirtschaftsumfeld | Taiwan | Investitionsklima

Taiwan hofft auf weiteres Reshoring

Die Regierung hat die 2019 aufgelegte Reshoring-Initiative bis 2024 verlängert. Das Programm war bisher ein großer Erfolg und dürfte auch künftig die Investitionen ankurbeln.

Von Alexander Hirschle | Taipei

Ende Dezember 2021 verabschiedete das Kabinett in Taipei die Verlängerung des erfolgreichen Reshoringprogramms für lokale Firmen um weitere drei Jahre. Die "Invest in Taiwan"-Initiative wurde 2019 gestartet und beinhaltet drei Fördermaßnahmen. Nach Angaben der lokalen Presse sollen auf diese Weise bis 2024 Projekte im Umfang von rund 33 Milliarden US-Dollar (US$) angestoßen und 40.000 Arbeitsplätze auf der Insel neu geschaffen werden.

Firmen investierten fast 60 Milliarden US$ im Rahmen der Initiative

Die Initiative war 2019 als Reaktion auf den sich verschärfenden Handelskonflikt zwischen den USA und China konzipiert worden. Sie übertraf die Erwartungen deutlich und kurbelte die Investitionstätigkeit auf der Insel massiv an, wovon auch zahlreiche andere Branchen wie zum Beispiel der Bausektor profitieren konnten. Die Ausrüstungsinvestitionen in Taiwan stiegen 2019 und 2021 zweistellig und konnten selbst im ersten großen "Corona-Krisenjahr" 2020 noch um knapp 5 Prozent zulegen.

Im Rahmen des Programms wurden in den vergangenen drei Jahren 1.144 Vorhaben genehmigt im Wert von 59 Milliarden US$. Auf den Reshoring-Teil der Initiative entfiel dabei der Löwenanteil mit 254 Projekten im Wert von 38 Milliarden US$ und mehr als 80.000 neu geschaffenen Arbeitsplätzen. Dieses Programm gilt als Herzstück der Initiative. Es soll im Ausland beziehungsweise vor allem in China investierte lokale Firmen dabei unterstützen, Teile ihrer Produktion zurück auf die Insel zu verlagern. Zwei weitere Bausteine des Programms zielen auf verstärkte Investitionen lokaler Firmen sowie insbesondere kleine und mittlere Unternehmen (KMU) ab.

Taiwan weiter hoch im Kurs als Standort

Die Verantwortlichen gehen davon aus, dass auch künftig eine hohe Nachfrage nach Fördermaßnahmen besteht, weshalb das Programm jetzt um drei Jahre ausgedehnt wurde. Einige Stimmen sprechen sogar von einer anstehenden Reshoring-Welle aufgrund des noch immer schwelenden Handelskonflikts, einem schwierigeren Geschäftsumfeld in China für taiwanische Firmen sowie der Neuordnung der Lieferketten infolge der Pandemie.

Darüber hinaus konnte Taiwan von seinem bis dato sehr guten Corona-Management profitieren. Im Gegensatz zu vielen anderen Märkten gab es auf der Insel kaum Lockdowns oder Fabrikschließungen aufgrund von Covid-19. Das Image Taiwans hat in den letzten zwei Jahren deutlich an Kontur gewonnen. Die Insel konnte sich dadurch als Alternativstandort für Investitionen neu positionieren. Ohnehin bietet Taiwan ein gutes Paket an Vorteilen für Unternehmen wie moderate Lohnkosten, sehr gute ausgebildete Beschäftigte und einer hervorragenden Infrastruktur.

Hohes Wachstum als Pluspunkt

Auch das hohe Wirtschaftswachstum Taiwans inmitten der Coronakrise spricht für den Standort: 2021 erreichte das Bruttoinlandsprodukt (BIP) eine reale Steigerung von rund 6 Prozent. Darüber hinaus plant die Regierung einen Ausbau seiner Wissenschafts- und Industrieparks, die als "Wiege der taiwanischen Industrialisierung" potenziellen Investoren eine sehr gute Infrastruktur und Anbindung an Forschungs- und Entwicklungsinstitute bieten.

Um in den Genuss der insgesamt rund 18 Milliarden US$ umfassenden Fördergelder des jetzt verlängerten Programms gelangen zu können, sollen die bewerbenden Firmen Projekte mit intelligenten Produktionsprozessen präsentieren, deren Erzeugnisse eine hohe Wertschöpfung garantieren. Darüber hinaus sollten sie eine Schlüsselfunktion in den internationalen Lieferketten einnehmen und in einem Sektor angesiedelt sein, der zum "Five plus two Innovative Industry Plan" zählt. Dazu gehören die Industrien intelligente Maschinen, umweltfreundliche Energien, Kreislaufwirtschaft, neue Landwirtschaft, Luftfahrt und Verteidigung, Biomedizin, und Asia's Silicon Valley.

Klima- und Umweltaspekte als neue Zielgrößen des Programms

Unternehmen, die sich an dem Programm beteiligen, haben Zugang zu einem Bündel verschiedenster Fördermechanismen wie unter anderem zu zinsgünstigen Krediten und Finanzierungen. Darüber hinaus ist der Staat bei der Suche nach Grundstücken behilflich, die zum Teil auch temporär kostenlos genutzt werden können. Des Weiteren kann die Einstellung von ausländischen Beschäftigten erleichtert werden. Die Regierung unterstützt darüber hinaus bei der Beratung, etwa in Steuerfragen.

Allerdings wurde mit der Aufnahme von Klima- und Umweltschutzzielen als Voraussetzung für die Gewährung von Förderung nun ein neues Element integriert. Künftig werden die beantragenden Unternehmen geprüft, ob sie beispielsweise energieeffiziente Ausrüstungen, erneuerbare Energien oder kohlenstoffarme Technologien nutzen.

Auch Aspekte wie Recycling und Green Building sowie soziale Faktoren sollen künftig stärker berücksichtigt werden. Auf diese Weise soll das Ziel Taiwans unterstützt werden, bis 2050 eine klimaneutral zu werden. Diese neuen Anforderungen können künftig verstärkte Geschäftschancen für deutsche Lieferanten von Klimaschutz- und Umwelttechnologien nach sich ziehen.

Demografie, Wasser- und Stromversorgung als Herausforderungen

Angesichts des Investitionsbooms der vergangenen Jahre sieht sich Taiwan aber auch wachsenden Herausforderungen gegenüber. So gab es bereits in jüngerer Vergangenheit Schwierigkeiten bei der Wasserversorgung vor allem für Halbleiterfirmen aufgrund einer Dürreperiode im Frühjahr 2021. Kritiker sehen ähnliche Probleme auf die Stromversorgung zukommen, da sich die Insel mitten in einer Energiewende befindet. Auch das verfügbare Land für Industrieprojekte könnte knapp werden. 

Ebenso könnten Arbeitskräfte zu einer knappen Ressource werden, da sich die Bevölkerungszahl aufgrund der sehr niedrigen Geburtenraten seit 2021 im Sinkflug befindet. Neuesten Zahlen des taiwanischen Innnenministeriums zufolge könnte die Einwohnerzahl Taiwans im pessimistischsten Szenario in den kommenden 50 Jahren von derzeit rund 23 Millionen auf dann nur etwas mehr als 14 Millionen Menschen absacken.

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