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Wirtschaftsumfeld | Taiwan | FDI

Taiwanische Unternehmen reduzieren Investitionen in China

China ist für taiwanische Firmen seit Jahrzehnten ein wichtiger Investitionsstandort. Doch mittlerweile lässt die Begeisterung nach, neue Standorte rücken in den Fokus.

Von Alexander Hirschle | Taipei

Die Direktinvestitionen Taiwans in China gingen im ersten Quartal 2023 um 10,4 Prozent im Vergleich mit derselben Vorjahresperiode zurück. Nach Informationen der Investment Commission im Wirtschaftsministerium waren die Engagements taiwanischer Firmen im Reich der Mitte bereits 2022 um 13,9 Prozent auf knapp 5,1 Milliarden US-Dollar (US$) gefallen. Allerdings sind auch die gesamten Auslandsinvestitionen Taiwans im vergangenen Jahr um mehr als 20 Prozent eingebrochen.

Die jüngsten Rückgänge der taiwanischen Engagements in China setzen den Trend der vergangenen Jahre fort. Während Anfang der letzten Dekade auf dem Höhepunkt des Investitionsbooms fast 15 Milliarden US$ pro Jahr in China investiert wurden, reduzierte sich dieser Wert innerhalb von zehn Jahren auf rund ein Drittel. Dies spiegelt sich auch in der Zahl der taiwanischen Beschäftigten vor Ort wider, die zwischen 2011 und 2021 um fast 62 Prozent auf 163.000 gefallen ist. Noch immer zeichnet China für mehr als die Hälfte aller taiwanischen Auslandsbeschäftigten verantwortlich.

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Firmen wollen Investitionen in Drittstaaten ausweiten

China stellte im Laufe der Industrialisierung Taiwans lange Zeit die erste Adresse für die Verlagerung seiner Industrie dar. Insgesamt investierten taiwanische Firmen seit 1991 fast 205 Milliarden US$ im Reich der Mitte. Große Firmen wie vor allem Hon Hai Precision Industrie Co. („Foxconn“) nutzten China als Produktionsbasis für Elektronikkomponenten für den Export.

Doch angesichts steigender Lohnkosten und zuletzt auch den Corona-Restriktionen orientieren sich viele Firmen neu. Einige Unternehmen ziehen sich komplett oder Teile ihres Kapitals aus China zurück. Schon im Frühherbst 2022 hatte eine Umfrage des Verbandes CNFI (Chinese National Federation of Industries) in Taipei ergeben, dass fast 30 Prozent der taiwanischen Mitgliedsfirmen ihre Investitionen in China reduzieren wollen. Rund 10 Prozent wollen ihre Aktivitäten dort ganz einstellen. Gleichzeitig planen 60 Prozent der befragten Firmen, ihre Engagements in Drittmärkten auszuweiten.

Reshoringprogramm bis 2024 verlängert

Bereits 2019 war von der Regierung in Taipei ein Reshoringprogramm aufgelegt worden als Reaktion auf den sich verschärfenden Handelskonflikt zwischen den USA und China. Dieses sollte im Ausland beziehungsweise vor allem in China investierte lokale Firmen dabei unterstützen, Teile ihrer Produktion zurück auf die Insel zu verlagern.

Die Initiative war ein voller Erfolg und übertraf die Erwartungen mit Reinvestionen von fast 40 Milliarden US$ in den ersten drei Jahren deutlich. Ende 2021 hatte das Kabinett in Taipei die Verlängerung des Programms für lokale Firmen um weitere drei Jahre verabschiedet. Nach Angaben der lokalen Presse sollen auf diese Weise bis 2024 Projekte im Umfang von rund 33 Milliarden US$ angestoßen und 40.000 Arbeitsplätze auf der Insel neu geschaffen werden.

Regierung fördert Diversifizierung der Wirtschaftsbeziehungen

Auch fördert die taiwanische Regierung intensivere Wirtschaftsbeziehungen mit Drittstaaten im Rahmen der "New Southbound Policy". Diese Strategie zielt schon seit 2016 auf den Ausbau des Handels und von Investitionen mit 18 Ländern in Süd- und Südostasien sowie in Ozeanien ab. Während diese Länder bei Im- und Expoten keine großen Sprünge machten, stiegen die Investitionen deutlich an. Die Kapitalzuflüsse aus den Ländern nach Taiwan erhöhten sich 2022 stark um 107 Prozent auf 2,1 Milliarden US$. Im Gegenzug flossen im vergangenen Jahr deutlich mehr taiwanische Auslandsinvestitionen in die ASEAN-Staaten. Ein Großteil davon entfiel mit knapp 3,4 Milliarden US$ auf Engagements in Singapur.

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Trend geht nach Südostasien und Indien

In den vergangenen Monaten häuften sich die Meldungen über Engagements von taiwanischen Firmen in den Ländern der ASEAN-Staaten und in Südasien. Symptomatisch dafür sind etwa die Planungen des größten taiwanischen Herstellers von Elektroscootern, Gogoro. Die Firma erklärte in der lokalen Presse, dass sich die Expansionspläne in China aufgrund wirtschaftlicher Unsicherheiten verzögern würden. Im Gegenzug sollen aber die Aktivitäten in Indonesien und Indien weiter vorangetrieben werden.

Taiwanische Investitionen in Asien (in Millionen US$; Veränderung gegenüber Vorjahr in %)

Investitionsbestand kumuliert 1952-2022

Investitionen 2022

 Veränderung 2022/21

Singapur

21.966

3.363

-9,4

Vietnam

13.358

549

-48,3

Südkorea

2.515

467

9,2

Indonesien

2.724

305

15,5

Thailand

4.849

275

-19,4

Hongkong

8.483

238

-8,7

Indien

1.223

109

-37,1

Malaysia

3.548

86

-30,4

Japan

11.897

73

-96,7

Philippinen

2.285

26

14,9

Quelle: Ministry of Economic Affairs 2023

Im Elektronikbereich investiert der Halbleiterhersteller UMC rund 5 Milliarden US$ in den Aufbau einer Fab für 22- und 28-Nanometer-Chips in Singapur. Der Notebook-Hersteller Quanta-Computers wird Pressemeldungen zufolge im Norden Vietnams auf einer Fläche von 22,5 Hektar eine neue Fabrik hochziehen. Die Investitionssumme soll sich auf 120 Millionen US$ belaufen.

Foxconn und Schuhhersteller zieht es nach Indien

Der Apple-Lieferant Foxconn plant den Aufbau einer iPhone-Fertigung in Südindien und soll zu diesem Zweck bereits mehr als 30 Millionen US$ in den Kauf von Land investiert haben. Die gesamte Investition soll sich nach Informationen in taiwanischen Medien zwischen 700 Millionen und fast 1 Milliarde US$ bewegen.

Auch der größte Auftragsfertiger für Schuhe weltweit, die Firma Pou Chen, richtet sein Augenmerk auf Indien. Im April 2023 gab die Firma bekannt, dass im Bundesstaat Tamil Nadu für knapp 280 Millionen US$ eine Schuhfabrik errichtet werden soll. Zu diesem Zweck unterzeichnete Pou Chen mit der Provinzregierung eine Absichtserklärung. Das Projekt wird von der lokalen Tochterfirma High Glory Footwear umgesetzt.

Kurz zuvor hatte der zweitgrößte Schuhhersteller Taiwans, Hong Fu, ein Investment im gleichen Bundesstaat angekündigt. Auch dieses Vorhaben wurde von einem MoU (Memorandum of Understanding) mit den Verantwortlichen von Tamil Nadu flankiert. Die Investitionssumme soll sich nach Angaben der Onlinezeitung TaiwanNews auf mehr als 120 Millionen US$ in den kommenden drei bis fünf Jahren belaufen.

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