Wirtschaftsumfeld | Tansania | Investitionsförderung
Praxischeck
Unternehmen berichten von einem besseren Umfeld - dennoch bestehen zahlreiche Risiken für Investoren.
19.01.2023
Von Carsten Ehlers | Nairobi
Unternehmensvertreter berichten von einem wirtschaftsfreundlicheren Umfeld in Tansania, seit die neue Präsidentin Samia Suluhu Hassan ihr Amt im Jahr 2021 übernommen hat. Erwähnt werden vor allem deutliche Erleichterungen bei der Vergabe von Arbeitsvisa für ausländische Arbeitskräfte. Zudem hat die Präsidentin die Finanzbehörde Tanzania Revenue Authority (TRA) angewiesen, nicht mehr so aggressiv beim Eintreiben von Unternehmenssteuern vorzugehen. Dies wurde scheinbar umgesetzt.
Rechtliche Unsicherheiten bestehen weiter
Wer in Tansania investieren möchte, sollte von Anfang an gute Beziehungen in die Politik haben, insbesondere wenn die Investition umfangreicher ist. "Man muss wissen, was das Interesse des zuständigen Ministers ist und dies bei seinen Aktivitäten berücksichtigen", sagt ein Geschäftsmann mit jahrelanger Tansania-Erfahrung. "Ansonsten kann es passieren, dass das Projekt nicht vorankommt, weil es von den Behörden blockiert wird". Die Rechtssicherheit gilt als eingeschränkt. So können zum Beispiel Streitigkeiten über ausstehende Zahlungen zwischen dem Staat und einem ausländischen Unternehmen nicht vor einem internationalen Schiedsgericht gelöst werden, sondern nur vor einem tansanischen Gericht.
Local Content spielt im Bergbau eine wichtige Rolle
Eine zunehmende Bedeutung spielt Local Content, vor allem im Bergbau. Mitte 2022 wurde das Bergbaugesetz (Mining Act) aktualisiert. Dieses sieht vor, dass zwischen 16 und 50 Prozent der Eigentumsanteile an den Staat abgegeben werden müssen. Angewendet wurde es nach Angaben aus Unternehmerkreisen bislang noch nicht. Investitionen sind unter diesen Voraussetzungen schwer planbar. Auch die Bandbreite des Local Content steigert die Unsicherheit. Bei Abbaugruben für Baustoffe, wie Steinbrüche oder Gipsgruben, die ebenfalls als Minen gelten, ist im Gegensatz zu Goldminen die Gewinnmarge deutlich geringer. Würde der Staat dies bei der Höhe seines Eigentumsanteils nicht berücksichtigen, könnte das gravierende Folgen für das Geschäftsmodell haben.
Unsichere Stromversorgung verteuert Investitionen
Die Stromversorgung im Land ist unsicher und damit ein wichtiger Kostenfaktor bei produzierenden Unternehmen. In abgelegenen Gebieten sind es Minengesellschaften gewohnt, sich um eine netzunabhängige Energieversorgung zu kümmern. Weil der staatliche Netzbetreiber Tanesco kein zuverlässiger Stromlieferant ist, müssen aber auch in Daressalam ansässige Industrieunternehmen in ein Back-up investieren, um Ausfälle überbrücken zu können. Wer von Tanesco auf Tancoal (Kohle) oder TPDC (Gas) ausweichen möchte, stößt auf einen hochregulierten teuren Markt.
Kenia bleibt in puncto "liberales Wirtschaftsumfeld" die Benchmark in Ostafrika
Ein Unternehmensvertreter berichtet: "Die Voraussetzungen für Investitionen in Tansania sind eigentlich perfekt: Eine wachsende Bevölkerung, unendlich viele Rohstoffe und mit der CCM eine Regierungspartei, die vermutlich auf absehbare Zeit an der Macht bleiben wird und damit für politische Stabilität sorgt." Dem entgegen stünden, trotz einer pragmatischen Präsidentin, eine traditionell "sozialistisch angehauchte" Arbeit in den staatlichen Organen mit dem Hang zu Dirigismus - auch dem Privatsektor gegenüber. Der Nachbar Kenia tickt hier anders. Als ehemals britische Kolonie ist das Land von Liberalismus geprägt, obwohl auch dort nicht alles Gold ist was glänzt.
Ansonsten ähneln sich Tansania und Kenia in ihrer Marktgröße und ihrem Potenzial als Handelsdrehscheibe mit ihren Häfen in Daressalam und in Mombasa. Hingegen sind die Finanz- und Gütermärkte in Tansania deutlich schlechter entwickelt, mit weniger Dynamik und Wettbewerb sowie einem deutlich schlechter ausgeprägten institutionellen Rahmen. Dies bestätigt das Länderrating des World Economic Forums aus dem Jahr 2019.
Kriterien | Tansania | Kenia | Deutschland |
---|---|---|---|
Gesamtrang | 117 | 95 | 7 |
1 Institutionen (bewertet u.a. Eigentumsrechte, Unabhängigkeit der Justiz, Intensität der Auditierung) | 97 | 68 | 18 |
2 Infrastruktur | 121 | 110 | 8 |
3 ICT Adoption | 133 | 116 | 36 |
4 Makroökonomische Stabilität | 86 | 100 | 1 |
5 Gesundheit | 114 | 116 | 31 |
6 Höhere Bildung und Ausbildung | 126 | 97 | 5 |
7 Effizienz der Gütermärkte (bewertet u.a. benötigte Zeit für die Unternehmensgründung, Wettbewerbsintensität, Besteuerung, Zollvorschriften) | 107 | 88 | 9 |
8 Effizienz des Arbeitsmarkts | 86 | 79 | 14 |
9 Entwicklung des Finanzmarkts (bewertet u.a. Beschränkungen der Kapitalströme) | 114 | 78 | 25 |
10 Marktgröße | 73 | 72 | 5 |
11 Dynamik des Geschäftsumfeldes | 107 | 51 | 5 |
12 Innovationsfähigkeit | 123 | 78 | 1 |