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Thailand hat eine komplette Automotive-Industrie errichtet. Der größte Standort dieser Branche in Südostasien fertigt aber hauptsächlich einfache Fahrzeugmodelle und -teile.
18.03.2021
Von Thomas Hundt | Bangkok
Die Abteilung Autoparts des Dachverbandes Federation of Thai Industries (FTI) zählte 2019 über 2.000 Kfz-Zulieferer in Thailand, die einen beachtlichen Branchenumsatz von ungefähr 50 Milliarden US-Dollar (US$) erzielten. Ihre Produktion schrumpfte 2020 real um 20 Prozent. Der gesamte Kfz-Ausstoß brach um knapp 30 Prozent auf 1,4 Millionen Fahrzeuge ein.
Ungefähr zwei Drittel der Kfz-Teile gehen nach Angaben des FTI an inländische Hersteller. Lokale Komponenten machen bei Personenkraftwagen (Pkw) und Nutzfahrzeugen 80 bis über 90 Prozent der eingebauten Teile aus. Der Standort hat sich als das Detroit Südostasiens etabliert und will den Anschluss an die Elektromobilität nicht verlieren.
Leichte Geländewagen (Pick-ups) mit Pritsche und Dieselmotor sind die wichtigste Fahrzeugkategorie. Über 762.000 Pick-ups liefen 2020 von den Bändern. Auch leichte Motorräder waren mit einem Ausstoß von 1,6 Millionen Einheiten im Jahr 2020 ein Standbein der Kfz-Branche. Viele Hersteller von Komponenten produzieren Teile für diese technisch einfachen Kraftfahrzeuge.
Jeweils die Hälfte der Motorräder, Pkw und Pick-ups werden exportiert. Auch die Ausfuhren von Kfz-Teilen sind beachtlich. Sie lagen 2019 bei 21,9 Milliarden US$ und schrumpften 2020 nur um 15 Prozent. Die Exporte gehen überwiegend in die USA und nach Asien. Die Lieferungen nach Deutschland sind gering. Dort dominieren andere Fahrzeugklassen sowie europäische Zulieferkonzerne und Normen.
2010 | 2019 | Veränderung 2019/2010 | |
---|---|---|---|
SITC 778.3 Kfz-Elektrik | 742 | 9.159 | 1.134 |
SITC 784 Fahrgestelle, Karosserien, Stoßstangen etc. | 8.267 | 48.823 | 491 |
SITC 773.13 Zündkabelsätze | 9 | 459 | 5.191 |
SITC 713.2 Verbrennungsmotoren | 49 | 454 | 824 |
Summe | 9.068 | 58.896 | 549 |
Nach Angaben der Thai Autoparts Manufacturers Association (TAPMA) ging 2020 mit ungefähr 4 Milliarden US$ circa ein Fünftel der Branchenausfuhren in die USA. Das Land bezog allein Reifen und Reifenschläuche im Wert von 2,7 Milliarden US$. Das US-amerikanische Handelsministerium traf Ende Dezember 2020 eine vorläufige Entscheidung zu Antidumpingzöllen auf Reifenimporte aus Thailand. Die Dumpingmargen betragen danach 13,25 Prozent für die dort gefertigten Reifen des japanischen Herstellers Sumitomo Rubber sowie 22,21 Prozent für die des chinesischen Produzenten Linglong International Tire (Thailand). Für alle weiteren Unternehmen in Thailand beträgt die Marge 16,66 Prozent. Das US-Handelsministerium hat die Zollbehörde Customs and Border Protection angewiesen, für Sendungen dieser Hersteller von betroffenen Importeuren zunächst Barsicherheiten in Höhe der festgestellten Dumpingmargen zu verlangen.
Thailand ist weltweit der größte Produzent von Naturkautschuk und hat eine immense nachgelagerte Gummiindustrie aufgebaut. Dazu zählen exportstarke Reifenwerke der Branchengrößen Bridgestone, Michelin, Sumitomo Rubber, Shandong Linglong Tire und Goodyear. Die deutsche Continental AG eröffnete 2019 ebenfalls ein 250 Millionen Euro teures Werk, das Reifen für Pkw und leichte Nutzfahrzeuge erzeugt. Diese gehen an Kunden im Raum Asien-Pazifik.
Japan war 2020 mit circa 1,7 Milliarden US$ der zweitgrößte Absatzmarkt für Kfz-Teile aus Thailand. Japanische Hersteller wie Toyota und Isuzu dominieren die Produktion von mehrspurigen Fahrzeugen. Honda fertigt wiederum mit Abstand die meisten Motorräder. Dementsprechend stehen in der Zulieferpyramide vor allem Niederlassungen von Systemherstellern (Tier 1) aus Japan ganz oben. Denso, Aisin Seiki, Yazaki, JTEKT und andere japanische Top-Zulieferer betreiben vor Ort mehrere Werke.
China rückte 2020 als Abnehmer von Kfz-Teilen mit Ausfuhren von circa 1,1 Milliarden US$ an dritte Stelle. Als Lieferant liegt China sogar auf Rang zwei. Chinesische Kfz-Unternehmen investieren seit dem Handelskonflikt mit den USA in Südostasien. Dies sind in Thailand sowohl mehrere Reifenhersteller als auch Lieferanten von OEMs (Original Equipment Manufacturer) wie das chinesisch-thailändische Joint Venture MINTH AAPICO.
Das Thailand Automotive Institute zählt 521 Tier-1-Zulieferer, die ganze Fahrzeugmodule herstellen. Nur ein Drittel davon sind thailändische Firmen. Die mehr als 1.600 Tier-2-Betriebe, die Komponenten für die Modul- oder die Autoproduzenten fertigen, gehören wiederum zu zwei Dritteln inländischen Eigentümern.
Als größter nationaler Zulieferer gilt die 1977 gegründete Thai Summit Group mit 26 Fabriken im Inland sowie weiteren Werken in Asien und den USA, aber ohne einen Standort in Europa. Der Automotive Lieferant und Händler AAPICO Hitech engagiert sich in Europa und kaufte 2019 ein Werk in Portugal. Das Unternehmen erzielte 2020 weltweit Einnahmen von 574 Millionen US$.
Die Aktiengesellschaft Somboon Advance Technology beliefert ebenfalls zahlreiche OEMs und verzeichnete 2020 Einnahmen von umgerechnet 190 Millionen US$. Die Firma Thai Rung produziert sowohl Teile als auch einen Geländewagen und nahm 2020 etwa 50 Millionen US$ ein. Die Aeroklas Company erzeugt hauptsächlich Kunststoffteile, insbesondere für Pick-ups.
Die Investitionsbehörde BOI (Thailand Board of Investment) genehmigte im Corona-Krisenjahr 2020 insgesamt 112 Projekte im Wert von 2,2 Milliarden US$, die neue Fertigungen von Kfz und Kfz-Teilen vorsehen. Dies waren nur 17 Prozent weniger Vorhaben als im Jahr 2019.
Ihre Fahrzeugtechnik bezieht die Kfz-Industrie aus dem Ausland. Das Land fördert keine Erze für die inländische Metallindustrie, hat keine Bauxitvorkommen und keine Aluminiumindustrie. Auch die neueste Batterietechnik kommt aus dem Ausland. Für deren Produktion müssten Kobalt, Lithium, Nickel, Mangan und Graphit importiert werden.
Die Aktiengesellschaft Energy Absolute (EA) kaufte 2016 den Batteriehersteller Amita Technolgies in Taiwan und will in der Provinz Chachoengsao 2021 die erste Phase einer 1-Gigawattstunden-Lithium-Ionen-Batterie-Fabrik in Betrieb nehmen. Sie soll die EA eigenen Produktionen von vollelektrischen Fähren, Bussen und des Autos Mine Mobility SPA1 beliefern.