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Rechtsbericht | Tschechische Republik | Arbeitsrecht

Arbeitsrecht

Tschechiens Arbeitsgesetzbuch steht in einem permanenten Novellierungsprozess. Bei der Beschäftigung von Zeitarbeitnehmern sollte auf Details geachtet werden.

Von Arthur Braun (bpv Braun Partners) | Prag

Gesetzliche Regelungen auf einen Blick

Vergütung: Unter Beachtung des gesetzlich festgelegten Mindestlohns und abgeschlossener Kollektivverträge frei verhandelbar

Mindestlohn*): 2022 bezogen auf eine 40-Stunden-Woche 16.200 Kč im Monat (circa 658 Euro) beziehungsweise 96,40 Kč pro Stunde (circa 3,90 Euro) in der untersten Tätigkeitsklasse; insgesamt wurden acht Tätigkeitsklassen definiert, die Abstufungen reichen von 16.200 bis 32.400 Kč (circa 1.316 Euro)

Arbeitsstunden pro Woche: 40 Stunden; für Bergleute und Arbeitnehmer im kontinuierlichen Dreischichtbetrieb 37,5 Stunden, für Arbeiter im Zweischichtbetrieb 38,75 Stunden

Regelarbeitstage pro Woche: In der Regel 5 Arbeitstage, bei der Schichtarbeit gibt es Unterschiede

Zulässige Überstunden: 8 Stunden pro Woche; maximal 150 Überstunden pro Jahr; Überstunden darüber hinaus müssen mit dem Arbeitnehmer vereinbart werden; Limit sind 416 Überstunden jährlich

Bezahlte Feiertage: 13 Kalendertage

Bezahlte Urlaubstage: Mindestens 4 Kalenderwochen im Kalenderjahr

Sonderzahlungen pro Jahr in Monatslöhnen (13. und/oder 14. Gehalt): Sind nicht vorgeschrieben; erfolgen auf freiwilliger Basis des Arbeitgebers

Tage mit bezahltem Arbeitsausfall: Sind nicht vorgeschrieben; erfolgen auf freiwilliger Basis des Arbeitgebers als Incentive, zum Beispiel im Krankheitsfall

Tage mit Lohnfortzahlung bei Krankheit: Bis zum 14. Kalendertag zahlt der Arbeitgeber nur für die Arbeitstage 60 Prozent der Bemessungsgrundlage, also erheblich weniger als den Betrag des normalen Lohns. Ab dem 15. bis zum 380. Kalendertag zahlt die Tschechische Verwaltung der Sozialversicherung Krankengeld

Probezeit: maximal 3 Monate; Krankheit und Urlaub verlängern die Probezeit; bei leitenden Positionen maximal 6 Monate

*) Durchschnittkurs der Tschechischen Zentralbank von Januar bis Oktober 2022: 1 Euro = 24,615 KčQuelle: Ministerium für Arbeit und Soziales 2022; Tschechische Verwaltung der Sozialversicherung (ČSSZ) 2022; Gesetze

Rechtsgrundlagen

Die Rechtsnorm für arbeitsrechtliche Beziehungen ist das seit 2007 geltende Arbeitsgesetzbuch (ArbGB, Nr. 262/2006 Slg.). Umfangreiche Änderungen wie Regelungen zum Homeoffice und zum Anspruch auf Teilzeitarbeit in bestimmten Fällen werden 2023 in Kraft treten.

Jede Arbeit, die im Namen und nach Anweisungen des Arbeitgebers persönlich durch den Arbeitnehmer ausgeübt wird, darf ausschließlich im Arbeitsverhältnis ausgeübt werden. Der Arbeitskräftemangel und steuerliche Bevorzugung von Scheinselbstständigen führt oft dazu, dass abhängige Arbeit aufgrund von Werkverträgen durchgeführt wird. Die Arbeitsinspektionen prüfen dies analog der aus Deutschland gewohnten Kriterien ab. Bei Scheinselbstständigkeit (tschechisch: švarcsystém) oder illegaler Arbeit drohen hohe Geldstrafen (für Arbeitgeber bis zu 10 Millionen Kronen, für Arbeitnehmer bis zu 100.000 Kronen).

Vertragsabschluss 

Alle Arbeitsverhältnisse in der Privatwirtschaft werden durch Abschluss eines schriftlichen Arbeitsvertrages begründet. Dieser muss folgende Punkte beinhalten: Art der auszuübenden Arbeit, Tag des Arbeitsantritts, Arbeitsort. Es empfiehlt sich, die Verteilung der Arbeitszeit einseitig durch den Arbeitgeber vorzugeben und, wenn eine flexiblere Gestaltung oder Schichtarbeit angedacht ist, eine sogenannte ungleichmäßige Aufteilung festzulegen.

In der Praxis wird das Gehalt durch den Vertrag/Vertragsanhang (Änderungen nur in beiderseitigem Einvernehmen) oder durch Lohnbescheid einseitig durch den Arbeitgeber festgelegt; bei großen Betrieben oft durch eine sogenannte interne Vorschrift durch den Arbeitgeber.

Der Arbeitsvertrag kann unbefristet oder befristet abgeschlossen werden. Dabei gilt eine maximale Befristung von drei Jahren. Er darf bis zu zweimal hintereinander jeweils um höchstens drei Jahre verlängert werden (insgesamt also neun Jahre). Erleichterungen bei Kettenarbeitsverhältnissen bestehen für Zeitarbeitsfirmen (in Tschechien "Arbeitsagenturen").

Beim in der Praxis häufig anzutreffenden Einsatz von Zeitarbeitnehmern muss der Grundsatz "gleicher Lohn für gleiche Arbeit" strikt eingehalten werden. Häufig stellt die Arbeitsinspektion hier Mängel fest. Arbeitgeber sollten prüfen, ob die Zeitarbeitsfirma über eine korrekte Lizenz und Versicherung verfügt (was über eine Liste auf der Website des Arbeitsministeriums möglich ist) und ihre ausländischen Arbeitnehmer gültige Visa haben.

Rechte und Pflichten der Vertragsparteien

Das Arbeitsverhältnis verpflichtet den Arbeitgeber, dem Arbeitnehmer eine dem Vertrag entsprechende Tätigkeit zuzuweisen, ihm für die geleistete Arbeit Lohn zu zahlen, die Bedingungen zur Erfüllung seiner Aufgaben zu schaffen und alle übrigen Bedingungen einzuhalten.

Die betriebliche Mitbestimmung über Betriebsgewerkschaften (sofern vorhanden) ist nicht mit dem aus Deutschland gewohnten Maß vergleichbar. Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat sind nur in großen Aktiengesellschaften (a.s.) mit über 500 Beschäftigten vorgeschrieben, bei der häufigsten Rechtsform s.r.o. (entspricht der GmbH) nicht.

Arbeitnehmende haben Anspruch auf mindestens vier Wochen Jahresurlaub. Die meisten großen Firmen gewähren fünf Wochen.

Für Wochenend- und Nachtarbeit (22 bis 6 Uhr) müssen Zuschläge gezahlt werden: Mindestens 10 Prozent des Durchschnittslohns, soweit im Arbeits- oder Tarifvertrag nicht anders - auch weniger - vereinbart. Arbeitsbereitschaft muss extra vergütet werden. Für Feiertagsarbeit stehen Arbeitnehmenden Lohn- und Zeitausgleich zu. Alternativ können sich beide Seiten auf Zahlung des Lohnes und eines Zuschlages von mindestens 100 Prozent des Durchschnittsverdienstes statt Zeitausgleich einigen.

Für Überstunden hat der Arbeitnehmer Anspruch auf das Gehalt und einen Zuschlag von mindestens 25 Prozent des Durchschnittsverdienstes. Falls er es wünscht, ist stattdessen Freizeitausgleich möglich. Der Lohn kann unter Berücksichtigung der Überstundenarbeit von bis zu 150 Stunden pro Jahr vereinbart werden, bei leitenden Positionen bis zum Maximum von 416 Stunden.

Flexibilisierung der Arbeitszeiten ist außerdem durch Arbeitszeitkonten möglich. Sie müssen durch Tarifvertrag oder interne Vorschrift des Arbeitgebers eingeführt werden. Die Möglichkeit der Kurzarbeit wurde 2021 vom Gesetzgeber eingeführt, die praktische Ausgestaltung ist jedoch bürokratischer als in Deutschland.

Vertragsbeendigung 

Das Vertragsverhältnis kann durch Vereinbarung, Kündigung, sofortige Aufhebung oder Aufhebung während der Probezeit beendet werden. Die vereinheitlichte Kündigungsfrist beträgt mindestens zwei Monate. Sie kann durch Vertrag verlängert werden, muss aber für beide Seiten gleich lang sein und beginnt mit dem ersten Tag des auf die Zustellung der Kündigung folgenden Monats. Von Seiten des Arbeitgebers bedarf es auch bei Kleinbetrieben eines ausdrücklichen gesetzlichen Grundes (betriebliche, gesundheitliche und weitere Gründe, siehe § 52 ArbGB). Bei betriebsbedingten Entlassungen oder Aufhebungsvereinbarungen von mehr als zehn Beschäftigten und über einem Zehntel der Arbeitnehmer binnen eines Monats sind auch die Fristen für Massenentlassungen zu berücksichtigen.

Bei betriebsbedingter Kündigung muss eine Abfindung gezahlt werden, die sich nach der Dauer der Betriebszugehörigkeit richtet:

  • ein Durchschnittsmonatsgehalt bei bis zu einem Jahr Betriebszugehörigkeit
  • zwei Gehälter bei maximal zwei Jahren
  • drei Gehälter ab zwei Jahren Betriebszugehörigkeit.

Eine Kündigungsschutzklage muss innerhalb von zwei Monaten nach Ende des Arbeitsverhältnisses eingereicht werden. Das kann teuer werden, da beim normalen Amtsgericht bis zum Urteilsspruch zwei oder mehr Jahre vergehen können, für die dem Arbeitnehmer bei Erfolg der Klage Lohn und Anspruch auf Wiedereinstellung zusteht. Das Gericht hat die Möglichkeit, nach sechs Monaten auf Antrag des Arbeitgebers die Ansprüche des Arbeitnehmers zu limitieren. Da es um hohe Summen gehen kann, wird häufig versucht, sich außergerichtlich zu einigen.

Hinweis

Das tschechische Arbeitsgesetz ist auf Deutsch bei der AHK Tschechien erhältlich und auf der Website des Ministeriums für Arbeit und Soziales auf Englisch veröffentlicht. Außerdem hält die AHK Tschechien gegen Gebühr Merkblätter zu den Themen "Die Entsendung nach Tschechien" und "Die wichtigsten Rechtsfragen des Arbeitsverhältnisses in Tschechien" bereit.

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