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Deutsche Wettbewerbsposition | Tschechische Republik

Nicht nur über die Autoindustrie eng verbunden

Deutschland ist und bleibt mit Abstand wichtigster Handelspartner für Tschechien. Der bilaterale Warenaustausch erreicht rund 100 Milliarden Euro.

Von Miriam Neubert | Prag

Die Tschechische Republik und Deutschland sind über eine 817 Kilometer lange gemeinsame Grenze Nachbarn und wirtschaftlich eng verflochten. Seit der politischen Öffnung haben eine pragmatische Ansiedlungspolitik und das Lohngefälle circa 3.000 deutsche Unternehmen an den Standort gezogen - besonders aus der Kraftfahrzeugindustrie, den ihr zuliefernden Branchen und dem Maschinenbau. Viele deutsche Ketten prägen den Einzelhandel. Der bilaterale Warenaustausch ist seit dem Beitritt Tschechiens zur Europäischen Union (EU) 2004 um 140 Prozent und seit 2010 um fast 70 Prozent gewachsen.

Als Pluspunkte schätzen Investoren die Zugehörigkeit zur EU, die zentrale Lage als Logistikhub, das breite Zuliefernetz und die qualifizierten Arbeitskräfte. Doch der leere Arbeitsmarkt ist inzwischen ein Problem.

Das mitteleuropäische Land ist ein wachsender Absatzmarkt und aus vielen deutschen Lieferketten nicht wegzudenken. Europäische Gelder im Verbund mit Digitalisierungs- und Nachhaltigkeitstrends fördern den Einkauf von Investitionsgütern. Das mit den Löhnen wachsende Lebensniveau schürt die Konsumgüternachfrage.

Tschechische Republik auf einen Blick

Die Tschechische Republik importierte 2020 laut Eurostat Waren im Wert von 150 Milliarden Euro. Davon stammten 28 Prozent aus Deutschland. Destatis zufolge lag Tschechien auf Rang 11 der wichtigsten deutschen Absatzmärkte.

Die Tschechische Republik exportierte 2020 Waren im Wert von 168 Milliarden Euro. Davon gingen 32,7 Prozent nach Deutschland, was das Land auf Rang 8 der wichtigsten deutschen Bezugsmärkte stellte.

Laut dem Tschechischen Statistikamt waren 2019 rund 3.000 deutsche Unternehmen in der Tschechischen Republik ansässig. Diese beschäftigten 350.000 Menschen im Land.

China schiebt sich weiter vor

Deutschland führt laut der Methodologie von Eurostat als Lieferland mit einem seit 2010 nur leicht gesunkenen Anteil. Die beiden Visegrád-Partner Polen und Slowakei sind sukzessive von China überholt worden. Zusammen liefern sie aber noch höhere Werte als das Reich der Mitte. Neben China konnte im vergangenen Jahrzehnt auch Polen Lieferanteile gewinnen. Hingegen ist die Russische Föderation aus den Top Ten gefallen.

Der Handel mit China hat sich selbst in der Corona-Rezession positiv entwickelt. Doch ist das Verhältnis wegen Delegationsreisen nach und aus Taiwan angespannt. Zugleich wachsen in Tschechien die Bedenken, wenn es um kritische Technologien und Abhängigkeiten geht. So sind bei dem geplanten Ausbau des Atomkraftwerks Dukovany die Anbieter aus China und Russland 2021 ausgeschlossen worden. Chinesische Direktinvestitionen spielen im Land mit 0,4 Prozent des Bestands eine untergeordnete Rolle. Sie finden sich aber in strategischen Bereichen wie Maschinenbau und Elektronik.

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Wichtiger Absatzmarkt für Maschinen, Fahrzeuge, Vorprodukte

Tschechien ist ein exportorientiertes Hochindustrieland. Der hohe Bedarf an Ausrüstungsgütern, Komponenten und Vorerzeugnissen prägt die Struktur der Einfuhren generell - und ganz besonders der aus Deutschland. Aus keinem anderen Land importiert Tschechien mehr Maschinen, Autos, Kfz-Teile, Vorprodukte, chemische Erzeugnisse, Arzneimittel, elektrische Ausrüstungen, Nahrungsmittel, Getränke, Rohstoffe oder Brennstoffe. Die Intensität der bilateralen Lieferbeziehungen hängt auch damit zusammen, dass im verarbeitenden Gewerbe laut Eurostat über 1.000 Niederlassungen deutscher Unternehmen agieren. Faktoren wie Logistik und Veredelung kommen hinzu.

Als Maschinenlieferant profitiert Deutschland von der grünen Transformation, die Tschechiens Energie- und Industriesektor bevorsteht. Der hohe deutsche Standard bei Klimaschutztechnologien zahlt sich aus. Jedoch ist das Wachstum bei der Maschineneinfuhr aus China höher. Ihr Wert überstieg 2019 erstmals die Marke von 1 Milliarde Euro.

Als Elektroniklieferant hat China 2010 die Führungsrolle übernommen und diese seither massiv ausgebaut - zu Lasten europäischer Wettbewerber. Deutlich dynamischer aber haben sich in dem Segment unter den Top Ten die Einfuhren aus Irland, den USA und Malaysia entwickelt.   

Bei den chemischen Erzeugnissen holt Polen auf und ist in Tschechiens Petrochemie ein wichtiger Direktinvestor. Vom Wert her eigentlich höher und nur durch Corona 2020 angeschlagen sind die Einfuhren von Autos und Kfz-Teilen aus Deutschland. Gerade bei den Teilen ist die Dynamik der Einfuhren aus den Visegrád-Staaten größer, in denen aber ebenfalls viele deutsche Zulieferer produzieren.     

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Hauptlieferanten wichtiger Produkte (Anteil in Prozent) 1) 5)

Rang

Produkt

2000

2010

2020

Maschinen 2)

1

Deutschland

46,0

42,0

40,9

2

Italien

8,2

6,7

6,8

3

China

0,5

3,1

6,1

Chemische Erzeugnisse 3)

1

Deutschland

33,5

31,4

29,5

2

Niederlande

4,7

6,9

9,1

3

Polen

3,8

6,2

8,9

Elektronik 4)

1

China

4,7

26,3

37,6

2

Niederlande

2,3

17,3

14,3

3

Deutschland

17,7

17,9

13,6

1) Anteile der größten Liefernationen bei den für Deutschland bedeutendsten Exportprodukten in die Tschechische Republik; 2) SITC-Gruppen 71 bis 74; 3) SITC-Gruppen 51 bis 59; 4) SITC-Gruppen 75+76+776; 5) TOP 3 Partner 2020Quelle: Eurostat (die Eurostat-Methodologie kann die Einfuhren aus Deutschland und den Niederlanden überzeichnen, da sie im Handel der EU-Mitgliedstaaten vom Versendungs- und nicht vom Ursprungsland ausgeht)

Größter Kraftfahrzeugteilelieferant Deutschlands

Der deutsche Markt wirkt auf das handelsoffene Land wie ein Magnet. Seit Jahren liefert Tschechien ein Drittel seiner Warenexporte an den Nachbarn - Krisen hin oder her. Aus keinem anderen Land importiert Deutschland kontinuierlich mehr Kraftfahrzeugteile und -komponenten, selbst wenn Polen als Sourcing-Standort inzwischen fast gleichauf liegt. Auch bei Elektrotechnik und Elektronik gehört Tschechien zu den wichtigsten Bezugsmärkten Deutschlands.

Als Lieferant für mineralische Rohstoffe trat das Land bislang nicht groß in Erscheinung. Das könnte sich ändern. Im Erzgebirge lagert das Lithiumerz Zinnwaldit. Der Energiekonzern ČEZ will 2023 über den Abbau entscheiden. Aktuell testet die Universität für Chemische Technologie VŠCHT Prag ein innovatives Verfahren zur effizienten Gewinnung der Lithiumverbindungen aus dem Erz.

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