Mehr zu:
TürkeiKosmetika / Wege aus der Coronakrise
Branchen
Sie sind ein ausländisches Unternehmen, das in Deutschland investieren möchte?
Branchen | Türkei | Kosmetika
Die inländischen Hersteller bauen ihre Produktion aus und neue Firmen treten in den Markt. Das Wachstumspotenzial ist groß.
15.07.2021
Von Katrin Pasvantis | Istanbul
Der türkische Markt für kosmetische Erzeugnisse ist auf Expansionskurs. Die Hersteller melden steigende Umsätze und blicken mit Zuversicht in die Zukunft. Der Inlandsmarkt für Kosmetika und Körperpflege legt jährlich um etwa 10 Prozent zu und hat 2020 einen Umsatz von 2,1 Milliarden US$ erreicht. Auf US-Dollar-Basis ist der Markt aufgrund der starken Abwertung der Türkischen Lira zwar geschrumpft (2019: 2,5 Milliarden US$), die Absatzmenge ist jedoch gestiegen.
Etwa die Hälfte der in der Türkei verwendeten Kosmetikprodukte werden im Inland hergestellt. Die andere Hälfte wird importiert. Der wachsende Export und der zunehmende Inlandsabsatz lösen steigenden Bedarf an Verpackungsmaterialien und -maschinen aus.
Das Wachstum im türkischen Kosmetikmarkt ist auf die, ausgegangen von einem geringen Ausgangsniveau, stetig steigenden Ausgaben der Bevölkerung für Kosmetik- und Körperpflegeartikel zurückzuführen. Der Marktforschungsfirma Ipsos zufolge betragen die Ausgaben in der Türkei umgerechnet 12 US$ pro Person im Jahr, im europäischen Durchschnitt sind es 148 US$. Die Nachfrage wird von den zunehmenden Einkommen, der Urbanisierung und dem Wunsch nach einem attraktiven Erscheinungsbild angetrieben. Die starke Präsenz und Vermarktung von Kosmetik über soziale Medien hat die Nachfrage in den letzten Jahren verstärkt.
Die Touristen beleben den Markt zusätzlich. Im Jahr 2019 kamen 52 Millionen Besucher aus dem Ausland in die Türkei. Im Coronajahr 2020 waren es nur 13 Millionen. Wenn die Corona-Infektionen sinken, dürfte die Besucherzahl wieder deutlich ansteigen. Die günstigen Absatzaussichten führen dazu, dass neue Firmen in den Markt eintreten und bestehende Hersteller ihre Aktivitäten erweitern.
Mit der Pandemie ist das Interesse europäischer und US-amerikanischer Firmen an der Türkei gestiegen, die nach Alternativen zur Volksrepublik China für die Niederlassung oder die Auftragsproduktion suchen. Air France hat mit dem türkischen Kosmetikunternehmen Erkul Kosmetik die Fertigung von Einweg-Beutelhandgelen vereinbart. Erkul ist bereits Auftragsfertiger für große Ketten wie Primark und hält Vertriebs- und Verkaufsrechte ausländischer Marken.
Die Nachfrage nach dekorativer Kosmetik ist Branchenexperten zufolge zurückgegangen. Dafür wuchs der Absatz von Hygiene- und Reinigungsprodukten, Waschmitteln, Haut-, Körper- und Haarpflegeprodukten sowie Haarfärbemitteln deutlich an.
Während der Coronapandemie hat das Interesse an Markenartikeln für Seife, Kolonya (türkisches Eau de Cologne) und Desinfektionsmittel deutlich zugenommen. Von erheblichen Exportsteigerungen berichtet auch Bülent Konca, General Manager der MG International Fragance Company.
Insbesondere das Allheilmittel Kolonya stößt im Coronajahr aufgrund seiner desinfizierenden Wirkung auf großes Interesse. Der General Manager von Kopaş Kozmetik, Gökhan Özkurt, erklärte gegenüber der Tageszeitung Dünya, sie würden normalerweise 1,8 Millionen Flaschen Kolonya der Babypflege-Marke Dalin produzieren, im Jahr 2020 waren es 3 Millionen.
Kopaş plant Investitionen in den Ausbau seiner Produktionslinien für Shampoos und Waschmittel. Außerdem hat das Unternehmen Verkaufs- und Vertriebsrechte von Adidas Deodorant erworben. Der steigende Verbrauch von Hygieneprodukten und Körperpflegemitteln dürfte sich noch mindestens zwei bis drei Jahre fortsetzen.
Etwa ein Viertel des Inlandsumsatzes mit Kosmetika und Körperpflege wird der Drogeriekette Watsons zufolge über Filialisten erwirtschaftet. Der Anteil nehme stetig zu. Das Unternehmen plant bis 2023 die Anzahl seiner Geschäfte in der Türkei von 350 (Anfang 2020) auf bis zu 500 zu erhöhen. Etwa ein Viertel der von Watsons in der Türkei verkauften Produkte sind Eigenmarken, darunter Duschgel, Cremes, Flüssigseife und Kolonya. Das Unternehmen möchte seine Produktion stark ausbauen.
Organische Kosmetika erfreuen sich bei den Verbrauchern zunehmender Beliebtheit. Türkische und ausländische Marken bauen ihr Produktangebot entsprechend aus. Die Generation Y und Z (geboren zwischen 1980 und 2010) hat eine hohe Sensibilität für nachhaltige Kosmetik, umweltfreundliche Herstellung und die Verwendung natürlicher Inhaltsstoffe. Diese Aspekte beeinflussen vor allem die Kaufentscheidungen weiblicher Konsumenten. Die Vorzeigeprodukte der Branche sind Lorbeer- und Olivenseifen.
Die türkischen Kosmetikausfuhren steigen und erreichten 2020 einen Wert von rund 840 Millionen US$. Das Exportziel für 2023 gibt die türkische Exporteursversammlung TIM mit 3,3 Milliarden US$ an. Türkische Kosmetikhersteller liefern vor allem in den Irak, die USA, Holland, Iran, Russland und nach Deutschland.
HS-Nr. | Produkt | 2019 | 2020 |
---|---|---|---|
3301 | Ätherische Öle, Resinoide | 40 | 38 |
3302 | Mischungen von Riechstoffen und andere Zubereitungen | 146 | 147 |
3303 | Parfüm und Duftwasser | 93 | 108 |
3304 | Erzeugnisse zum Schminken und für die Hautpflege | 175 | 170 |
3305 | Haarbehandlungsmittel | 163 | 168 |
3306 | Zahn- und Mundpflegemittel | 8 | 9 |
3307 | Zubereitete Rasiermittel | 204 | 201 |
Insgesamt | 829 | 840 |
Die 40 größten Kosmetikfirmen des Landes sind unter dem Dach des Industrieverbandes für Kosmetika und Reinigungsmittel KTSD organisiert. Darunter sind globale Branchenriesen wie Avon, Amway, L'Oreal, Estee Lauder und Colgate-Palmolive, die ihre Produkte in der Türkei herstellen oder über lokale Vertriebspartner vermarkten lassen. Auch aufstrebende lokale Produzenten ringen um Marktanteile. Neben den offiziell registrierten über 3.300 Firmen mit rund 15.000 Beschäftigten, arbeiten in der Branche zahlreiche Klein- und Kleinstbetriebe, die außerhalb der Legalität und ohne jede staatliche Aufsicht Kosmetika herstellen, was eine genaue Erfassung der tatsächlichen Produktion unmöglich macht.
Die türkische Einfuhr von kosmetischen Erzeugnissen blieb 2020 in etwa auf dem Niveau des Vorjahres. Deutschland zählt zu den wichtigen Lieferländern.
HS-Nr. | Produkt | 2019 | 2020 |
---|---|---|---|
3301 | Ätherische Öle, Resinoide | 38 | 32 |
Indien | 5 | 6 | |
Deutschland | 3 | 3 | |
Frankreich | 4 | 3 | |
3302 | Mischungen von Riechstoffen | 380 | 411 |
Irland | 113 | 117 | |
Schweiz | 86 | 92 | |
Deutschland | 63 | 77 | |
3303 | Parfüm und Duftwasser | 79 | 57 |
Polen | 24 | 19 | |
Frankreich | 25 | 18 | |
Deutschland | 2 | 2 | |
3304 | Erzeugnisse zum Schminken und für die Hautpflege | 254 | 220 |
Frankreich | 67 | 52 | |
Deutschland | 37 | 37 | |
Italien | 23 | 17 | |
3305 | Haarbehandlungsmittel | 152 | 156 |
Rumänien | 60 | 60 | |
Deutschland | 22 | 25 | |
Frankreich | 17 | 19 | |
3306 | Zahn- und Mundpflegemittel | 72 | 84 |
Slowakei | 15 | 20 | |
Deutschland | 10 | 16 | |
Polen | 5 | 10 | |
3307 | Zubereitete Rasiermittel | 55 | 64 |
Deutschland | 13 | 15 | |
Polen | 9 | 11 | |
Frankreich | 7 | 10 | |
Insgesamt | 1.024 | 1.024 |
Bezeichnung | Anmerkungen |
---|---|
Außenhandelsinformationen für die deutsche Exportwirtschaft | |
Anlaufstelle für deutsche Unternehmen | |
Ministerien/Behörden/Institutionen | |
Ministerium für Gesundheit | |
Nationale Branchenverbände | |
Istanbul Kimyevi Maddeler ve Mamulleri Ihracatcilari Birligi (IKMIB) | Vereinigung der türkischen Chemie Exporteure |
Kozmetik ve Temizlik Ürünleri Sanayicileri Dernegi (KTSD) | Verband der Hersteller von Kosmetika und Reinigungsprodukten |
Fachzeitschriften | |
Fachzeitschrift für Kosmetika | |
Fachmessen | |
Fachmesse für Kosmetika, geplant 14.10.21-16.10.21 |