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Wirtschaftsumfeld | Kasachstan | Georgien | Infrastruktur

Neue Terminals sollen Export- und Transitrouten diversifizieren

Kasachstan will ein internationales Terminalnetz aufbauen und damit alternative Transportkorridore vorantreiben. Ein erstes Projekt in Georgien ist angekündigt. (Stand: 19.10.2022)

Von Uwe Strohbach, Viktor Ebel | Bonn

Kasachstans Exportwirtschaft sucht neue Wege, um unabhängiger von den über Russland führenden Transportrouten zu werden. Neue Umschlagkapazitäten für Container und Energieträger wie Öl und Kohle sollen Abhilfe schaffen. Zugleich will das im Herzen Eurasiens liegende Land sicherstellen, dass sein Transitpotenzial im Ost-West-Handel auch unter den neuen geopolitischen Bedingungen genutzt werden kann.  

Federführend ist dabei die Kasachische Eisenbahn. Sie zielt auf den Bau neuer und den Ausbau bestehender Terminals in den Seehäfen Georgiens (Poti und Batumi), Aserbaidschans (Baku), des Iran (Tschahbahar) und einigen Häfen in der Türkei ab.

Erstes kasachisches Terminal-Projekt in Georgien in Sicht

Im georgischen Seehafen Poti will Kasachstan schon bald ein neues Frachtterminal errichten, so Levan Sulaberidze, Vorsitzender des Komitees für Logistik und Transport der Kasachisch-Georgischen Wirtschaftsvereinigung und Direktor für Geschäftsentwicklung der Poti New Terminal Corporation.

Die Kosten für das Projekt werden auf 80 Millionen bis 85 Millionen US-Dollar (US$) veranschlagt. Die Ausschreibung für den Bau des Terminals soll Ende 2022 erfolgen. Der Baustart ist noch für 2023 vorgesehen. Mit der Inbetriebnahme ist voraussichtlich im 1. Halbjahr 2025 zu rechnen.

Außenhandel Deutschlands mit Kasachstan im Jahr 2021

Deutschland importierte 2021 vor allem Erdöl (92 Prozent), Eisen und Stahl (3 Prozent) und chemische Erzeugnisse (2 Prozent) aus Kasachstan. Mit Einfuhren in Höhe von 3,6 Milliarden US$ belegte Kasachstan Rang 41 unter den Importdestinationen.


Durch Ölimporte in Höhe von 4,4 Milliarden US$ im Zeitraum Januar bis August 2022 kletterte Kasachstan auf Platz 5 der wichtigsten Öllieferanten Deutschlands. Für die Ausfuhr des schwarzen Goldes ist das Land bisher auf Infrastruktur angewiesen, die über russisches Territorium führt.


Bei den deutschen Exporten nach Kasachstan ist die Palette breit gefächert: Laut Angaben des Statistischen Bundesamtes bezog das Land 2021 neben Maschinen (27,5 Prozent), Fahrzeugen und Fahrzeugteilen (21,3 Prozent), chemischen Erzeugnissen (20,7 Prozent) auch Mess- und Regeltechnik (5,5 Prozent), Elektrotechnik (5 Prozent) und Elektronik (3,1 Prozent) aus Deutschland. Mit Ausfuhren von 1,4 Milliarden US$ belegte Kasachstan Rang 62 unter den Abnehmern deutscher Produkte.

Georgische Häfen gelten als Engpass entlang des Mittleren Korridors

Vor allem das im Südkaukasus gelegene Georgien kann und will von der Neuausrichtung des internationalen Transportgeschäfts auf der Achse Asien - Europa unter Umgehung russischer Routen profitieren. Doch die Häfen Poti und Batumi stoßen bald an ihre Kapazitätsgrenzen. Im 1. Halbjahr 2022 haben die georgischen Häfen 6,3 Millionen Tonnen Güter umgeschlagen, was einer Steigerung von fast 20 Prozent gegenüber der Vorjahresperiode entspricht. Auf mittlere Sicht könnten aber allein über das Kaspische Meer 10 Millionen Tonnen an Gütern transportiert werden, so die Experten der Transkaspischen Internationalen Transportroute.

Entwicklung des Frachtaufkommens über den mittleren Korridor (via Kaspisches Meer)

Kennziffer

2017 bis 2021 insgesamt

2021

2022

2030

Transportvolumen (in Mio. t)

4,4

0,5

3,2 1)

10,0 3)

Container (TEU; Container mit 20 Fuß Länge)

93.300

25.200 2)

50.000

200.000

1) Prognose; Ist Januar bis August 2022: 1,3 Mio. t; 2) darunter 9.023 TEU aus China; 3) mittelfristige SchätzungQuelle: Vereinigung Trans-Caspian International Transport Route (TITR) 2022

Die neuen Terminalprojekte in den georgischen Häfen könnten nun bald Abhilfe schaffen. Zudem kommt wieder mehr Bewegung in den Bau des Tiefseehafens in Anaklia. In absehbarer Zeit sollen internationale Berater für die Errichtung des Hafens beauftragt werden.

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Hafenbetreiber APM Terminals Poti plant Tiefseeterminal

Die Gesellschaft APM Terminals Poti, Mehrheitseigner des Hafens Poti und Betreiber der Hafengesellschaft Poti Sea Port Corporation, kündigte schon vor längerer Zeit den Bau eines 260 Meter langen Tiefwasserterminals mit einer Wassertiefe von 13,5 Metern an. Dort sollen große Containerschiffe mit bis zu 9.000 TEU abgefertigt werden können. Außerdem will das Unternehmen in die Errichtung neuer technischer Anlagen für den Frachtumschlag investieren, darunter neue Containerbrücken. Jetzt mehren sich die Anzeichen für die Projektrealisierung.

Eine Vereinbarung zwischen der Regierung und APM Terminals Poti über die Bedingungen für die Errichtung des Terminals sei unter Dach und Fach, gab das Ministerium für Wirtschaft und nachhaltige Entwicklung Georgiens Anfang September bekannt. Der Investitionsbedarf für das Vorhaben beträgt circa 200 Millionen US$. Details über die weitere Vorbereitung und Umsetzung des Projekts wurden bisher nicht veröffentlicht. Der Hafenbetreiber APM Terminals Poti gehört zum dänischen Maersk-Konzern.

Umwandlung der kasachischen Eisenbahn in ein internationales Transportunternehmen

Das internationale Terminalnetz ist Teil eines neuen Konzepts, mit dem Kasachstan im Zeitraum bis 2030 sein Transportpotenzial weiterentwickeln will. Die Eckdaten werden voraussichtlich Ende 2022 veröffentlicht.

Das Dokument umfasst im Einzelnen Ausbau- und Modernisierungspläne für die Transportinfrastruktur, Grenzabfertigung und rollendes Material. Zudem sollen Transitrouten digitalisiert und die Kasachische Eisenbahn in ein leistungsfähiges Transport- und Logistikunternehmen umstrukturiert werden.

Bei der Umsetzung setzt die Bahngesellschaft auf eine verstärkte Kooperation mit internationalen Transport- und Logistikunternehmen wie PSA International (Singapur), COSCO Shipping (China), DP World (VAE) oder DB Schenker (Deutschland).  

Kasachstan prüft alternative Exportrouten für Öl

Anfang Juli 2022 sorgte die mögliche Sperrung des Ölterminals am russischen Schwarzmeerhafen Noworossijsk für Aufsehen. Sowohl Kasachstan als auch die EU sind von diesem Umschlagplatz abhängig, über den ein Großteil der kasachischen Ölexporte gen Westen abgewickelt wird. Hintergrund waren verletzte Umweltauflagen durch den Betreiber. Doch Beobachter vermuten, dass auch politische Einflussnahme eine Rolle spielt.

Derzeit gibt es zwar keine Beschränkungen für den Export von kasachischem Öl über Russland. Trotzdem ist das zentralasiatische Land daran interessiert, seine Ölgeschäfte nicht vom Schicksal des großen Nachbarn abhängig zu machen. Auch wenn das bedeutet, den teuren Transport über das Kaspische Meer in Kauf zu nehmen. Der kasachische Präsident Kassym-Jomart Tokajew wies den staatlichen Ölriesen KazMunayGas bei einer Regierungssitzung am 7. Juli 2022 an, alternative Transportrouten für Energieträger auszuarbeiten.

Mittlerer Korridor als Alternative für Öltransporte?

Kasachstan und Aserbaidschan verhandeln über die Lieferung von 5 Millionen Tonnen (etwa 100.000 Barrel pro Tag) durch die Pipeline Baku-Tbilisi-Ceyhan im Jahr 2023. Durch diese Pipeline pumpt Aserbaidschan sein Öl durch die Türkei in Richtung Europa. Die Kapazität von 1 Million Barrel täglich wird noch nicht ausgereizt. Laut dem türkischen Energieministerium wurde kasachisches Öl bisher nur in Ausnahmefällen eingespeist.


Auch eine Erhöhung des Umschlags über das Öl-Terminal des Hafens Batumi wäre möglich. Hier lag der Umschlag von Öl und Ölprodukten 2021 mit 1,5 Millionen Tonnen weit unter der jährlichen Kapazität von 15 Millionen Tonnen.


Für beide Alternativen gilt: Weitere Vereinbarungen und Investitionen in neue Infrastruktur sind notwendig, um dem bisherigen Transport von täglich über 1 Million Barrel kasachischen Öls über russische Pipelines und Häfen Paroli zu bieten. Es müssen Wege geschaffen werden, um das Öl kostengünstig und in großem Umfang über das Kaspische Meer zu bringen. 

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