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Wirtschaftsumfeld | Tunesien | Außenhandelsstruktur
Der Außenhandel Tunesiens ist von externen Faktoren abhängig. Neben Vorprodukten könnte Deutschland bald vermehrt Dienstleistungen beziehen.
19.03.2021
Von Peter Schmitz | Tunis
Im Jahr 2020 war Tunesiens Wirtschaft infolge der Coronapandemie um mehr als 8 Prozent eingebrochen. Unter anderem brach die Nachfrage auf wichtigen Auslandsmärkten ein. Die wichtigsten Handelspartner hatten die Produktion zeitweise gestoppt. Insgesamt gingen die Ausfuhren Tunesiens um 11,7 Prozent zurück. Die Einfuhren brachen sogar um 18,7 Prozent ein. Die Industrie des Landes ist stark exportorientiert. Viele Unternehmen importieren Vorprodukte und führen die montierten oder verarbeiteten Produkte wieder aus, beispielsweise als Zulieferer für die europäische Automobilindustrie. Im Bereich der mechanischen Industrie und der Elektroindustrie war die Produktion um 12,9 Prozent gesunken, in der Textilindustrie um 16,8 Prozent. Insgesamt betrug der Produktionsrückgang über alle Industriebereiche 5,2 Prozent.
Bild vergrößernNeben der Auslandsnachfrage war 2020 teilweise der Transport nicht konstant. Der Hafen von Genua war beispielsweise kurzeitig geschlossen. Auf der anderen Seite kam es auch in Tunesien im Verlauf des Jahres 2020 zu Störungen in der Abwicklung, vereinzelt mussten Betriebe kurzzeitig wegen positiv auf das Coronavirus getesteten Personals schließen. Positiver Ausreißer des Jahres 2020 war die Nahrungsmittelindustrie. Sie konnte einen Produktionszuwachs von 3 Prozent verzeichnen. Die Exporte von Nahrungsmitteln und landwirtschaftlichen Produkten legten um 12 Prozent zu. Für eine deutlichere Verbesserung der Handelsbilanz sorgte der Rückgang der Energieimporte. Aufgrund des zwischenzeitlichen Preiseinbruchs musste Tunesien 37,2 Prozent weniger für die Einfuhr von Energie und Schmierstoffen bezahlen.
Mit dem Wiederanziehen der Nachfrage, insbesondere in Europa, dürfte auch der Außenhandel wieder zunehmen. Zu Jahresbeginn 2021 gab es gegenüber dem Vorjahr aber zunächst nochmal einen Rückgang. Die Verschiebung der Marktanteile einzelner Handelspartner ist größtenteils durch die Konjunkturentwicklung infolge der Pandemie zu erklären. Besonders stark war mit etwa 40 Prozent der Rückgang der Lieferungen aus Algerien, begründet durch die im Jahresmittel 2020 stark gesunkenen Preisen für Energieträger. Die Lieferungen Frankreichs und Italiens gingen um etwa ein Viertel zurück, China dagegen lieferte nur etwa 8 Prozent weniger als 2019. Deutschland blieb an vierter Stelle der Lieferrangliste, der Marktanteil blieb nahezu konstant bei etwas unter 7 Prozent. Auf der Exportseite legten Spanien und die Türkei zu. In beiden Ländern viel die Olivenernte schlecht aus, Tunesien konnte hier einspringen und gute Preise erzielen.
Der Außenhandel mit anderen Ländern Afrikas bewegt sich weiter auf relativ niedrigem Niveau. Nur etwa 10 Prozent der Exporte Tunesiens bleiben auf dem Kontinent, mehr als die Hälfte davon gehen nach Algerien und Libyen. Hier besteht noch deutliches Steigerungspotenzial. Die vielversprechendste Branche dafür dürfte die Nahrungsmittelwirtschaft sein. Viele Länder des Kontinents sind auf die Einfuhr von Nahrungsmitteln angewiesen, Tunesien ist dabei diese Industrie weiter zu stärken. Ebenso könnte die Pharmaindustrie weiter nach Afrika ausdehnen. Einige tunesische Pharmaunternehmen haben bereits weitere Standorte auf dem Kontinent, diese Beziehungen könnten auch von europäischen oder asiatischen Unternehmen genutzt werden. Daneben gilt die tunesische Bau- und Baustoffindustrie, die nicht zuletzt wegen des schwächelnden Heimatmarktes ins Ausland schaut, hier als gut aufgestellt, um Auslandsmärkte in Afrika zu erschließen.
Land | Einfuhren | Ausfuhren | Saldo |
---|---|---|---|
Italien | 2.282 | 3.042 | 760 |
Frankreich | 2.054 | 2.799 | 745 |
China | 1.720 | 1.867 | 147 |
Deutschland | 1.111 | 1.335 | 224 |
Türkei | 807 | 892 | 85 |
Algerien | 795 | 1.310 | 515 |
Spanien | 674 | 807 | 133 |
Gesamt | 16.045 | 19.733 | 3.688 |
Aus deutscher Sicht wuchs das Handelsbilanzdefizit. Tunesien ist ein wichtiger Zulieferer für die Automobilindustrie, daher ist das Land eines von Wenigen, mit denen Deutschland fast schon traditionell eine negative Handelsbilanz aufweist. Im Jahr 2020 legten zudem die tunesischen Lieferungen von Nahrungsmitteln nach Deutschland stark zu, auch wenn sie noch deutlich hinter elektrotechnischen Erzeugnissen und Textilen zurückliegen. Die weitere Entwicklung der Automobilindustrie wird essenziel auch für die deutsch-tunesische Handelsbilanz sein. Grundsätzlich dürfte der Austausch aber weiter zunehmen. In den vergangenen Jahren haben mehrere deutsche Unternehmen ihre Präsenz in Tunesien ausgebaut. Abgesehen vom Warenaustausch könnten auch vermehrt Dienstleistungen aus Tunesien für Deutschland erbracht werden. Insbesondere die tunesische IT-Wirtschaft ist leistungs- und konkurrenzfähig. So bezogen beispielsweise deutsche Industrieunternehmen bei ihren Erweiterungsinvestitionen diesen Bereich wesentlich mit ein.
deutsche Exporte | deutsche Importe | Exporte 2020/2019 (Veränd. in %) | Importe 2020/2019 (Veränd. in %) | |
---|---|---|---|---|
Lebende Tiere und Nahrungsmittel | 15,7 | 56,5 | -16,1 | 51,8 |
Getränke und Tabak | 5,2 | 0,0 | -53,5 | 59,1 |
Rohstoffe (ausgen. Nahrungsmittel u. mineral. Brennst.) | 12,9 | 10,2 | -22,8 | -29,2 |
Mineral. Brennstoffe, Schmiermittel u. verw. Erzeugn. | 5,0 | 22,0 | 60,4 | -53,7 |
Tierische und pflanzliche Öle, Fette und Wachse | 8,1 | 3,9 | 1.761,7 | -27,8 |
Chemische Erzeugnisse | 159,6 | 5,2 | -11,6 | -41,3 |
Bearbeitete Waren | 243,0 | 37,9 | -15,3 | 34,6 |
Maschinenbauerzeugn., elektrotechn. Erzeugn., Fahrzeuge | 658,9 | 931,6 | -16,8 | -13,0 |
Verschiedene Fertigwaren | 126,3 | 622,5 | -9,2 | -6,9 |
Waren und Warenverkehrsvorgänge | 2,4 | 9,0 | -26,9 | -8,0 |
Gesamt | 1.237,2 | 1.698,8 | -14,8 | -10,2 |