Tunesiens neue Verfassung tritt in Kraft

Am 25. Juli 2022 hat die tunesische Bevölkerung in einem Referendum mit 94,6 Prozent Ja-Stimmen für eine neue Verfassung votiert. Sie tritt mit Veröffentlichung der endgültigen Ergebnisse in Kraft. Die maßgeblich von Präsident Kais Saied initiierte Verfassungsreform verlagert unter anderem Kompetenzen vom Parlament zum Präsidenten. Offiziell beteiligten sich 30,5 Prozent der Wahlberechtigten. Die Opposition boykottierte die Abstimmung. Saied hatte im Juli 2021 das Parlament aufgelöst und regiert seither per Dekret.

Eine wirtschaftspolitische Agenda Saieds ist bisher noch nicht klar erkennbar. Im Fokus der nächsten Monate dürften allerdings Wirtschaftsreformen stehen, um dringend benötigte Kredite des Internationalen Währungsfonds (IWF) und weiterer Geberinstitutionen zu ermöglichen. "Die Verabschiedung der neuen Verfassung könnte die Chancen auf eine Einigung erhöhen", sagt der tunesische Wirtschaftswissenschaftler Moez Joudi in einem Beitrag für die Nachrichtenagentur Reuters. Vertreter des IWF hatten bereits am 19. Juli 2022 erklärt, dass bei den offiziellen Verhandlungen Fortschritte erzielt worden seien. Der mächtige Gewerkschaftsdachverband UGTT bekräftigt indes seine ablehnende Haltung gegenüber marktorientierten Reformen.

Die wirtschaftlichen Aussichten Tunesiens sind demnach von Unsicherheiten geprägt. Durch den Krieg in der Ukraine steigen zudem die Ausgaben für Getreide und Energie – eine weitere Belastung für den defizitären Staatshaushalt und die privaten Haushalte.